Die Daten zum US Arbeitsmarkt sind bekanntermaßen mit Vorsicht zu genießen. Neben den offensichtlichen Schwächen einiger modellbasierter Adjustierungen sind in den vergangenen Monaten vor allem die Notfallhilfen (Emergeny Unemployed Compensation, ECU), eine Art Sozialhilfe, interessant. Wie wir es auch aus dem deutschsprachigen Raum kennen, tauchen Arbeitslose in der Statistik nur bis zu einer gewissen Dauer der Arbeitslosigkeit auf. Danach rutscht man in eine andere Kategorie, wird nicht mehr als Arbeitsloser ausgewiesen, was leider nichts an der eigenen Arbeitslosigkeit ändert.

In den Staaten ist die gegenläufige Entwicklung der anhaltenden Arbeitslosmeldungen und der Anträge auf Notfallhilfe derzeit besonders augenfällig. Schaut man sich die Berichterstattung an, die ja sich in der Regel allein auf die gerade an einem Tag gemeldeten wöchentlichen Daten bezieht, kann der Eindruck einer Stabilisierung am US Arbeitsmarkt entstehen. Das wäre in der Tat wünschenswert, käme aber doch recht überraschend. Ein Blick auf die gesamte Situation, also die Tendenzen bei den Meldungen zur Arbeitslosigkeit und den Anmeldungen auf EUC klärt das Bild und zeigt, dass der Trend bei den Arbeitsplatzverlusten anhält.

 

 

Während die Continuing Claims seit Mitte des Jahres sinken, steigen die Meldungen zur Notfallhilfe mit wachsender Geschwindigkeit an und haben mittlerweile sogar absolut die Führung übernommen. Die aggregierte Zahl beider Werte steigt an. Betrachtet man die sich zu Gunsten der Notfallhilfe verschiebende Statistik, so lässt sich diese Komposition durchaus als eine „schlechtere Qualität der Arbeitslosigkeit“ interpretieren. Kurz gesagt, es geht den Menschen – zumindest ökonomisch – schlechter.

Diese veränderte Qualität der Arbeitslosigkeit zeigt sich auch bei der Betrachtung anderer entsprechender Kennzahlen. So steigt der Median der Dauer der Arbeitslosigkeit rasant an und erreichte unlängst neue Rekordwerte. Auch der Anteil der Menschen, die länger als 27 Wochen arbeitslos sind hat mit mehr als 38% aller Arbeitslosen ein neues Allzeithoch erreicht.

 

 

Die Grafik zeigt keine Anzeichen einer Stabilisierung oder gar Besserung der Situation. Die Lage ist trostloser geworden und es ist wahrscheinlich, dass viele der Betroffenen sich eher in Richtung ECU als auf einen geregelten Job hin bewegen. Neben den einzelnen Schicksalen, die sich hinter diesen schlichten Zahlen verbergen, wirft diese Entwicklung auch volkswirtschaftlich einige Fragen auf.

Eine kredit- und konsumbasierte Volkswirtschaft lässt sich nicht innnerhalb von wenigen Jahren auf eine neues Grundgerüst stellen. Die finanzielle Ausgangslage großer Bevölkerungsteile ist mit dem Wort miserabel höflich umschrieben, der Anteil der Transferleistungsempfänger ist wie in vielen westlichen Nationen (aber auch in vermeintlichen  „Wunderländern“ wie China) auf Wachstumskurs. Eine Transferleistung finanziert sich bekanntlich durch Steuern oder Schulden, sprich Steuern von morgen. Eine Erhöhung der gesamten Kaufkraft ist durch eine Transferleistung nicht gegeben, es ändert sich nur die Verteilung. Davon auszugehen, ein strukturelles Problem am Arbeitsmarkt bliebe ohne Folgen für den Konsum und die Volkswirtschaft, sollte sich als Fehler herausstellen. Doch in den Staaten lässt man sich bisher von den Realitäten nicht bremsen, so legen es zumindest die Daten nahe.

 

 

Die Arbeitslosigkeit steigt, die Zahl der Menschen, die auf Lebensmittelmarken angewiesen sind steigt, die Gehälter sinken, selbst die eins unverwüstlichen Konsumentenkredite gehen zurück. Der Konsum steigt trotzdem. Weniger verdienen, weniger Geld leihen und mehr konsumieren: Das ist die Zukunft nach dem Motto „Geben Sie das Geld, dass Sie weniger bekommen, doch einfach aus“.

Das alles erinnert uns ein wenig an das von den chinesischen Behörden vor einiger Zeit veröffentlichte Effizienzwunder, als man bei stark sinkendem Energieverbrauch einen starken Anstieg der Industrieproduktion meldete. Bei den Daten schreitet die Globalisierung anscheindend munter weiter voran.

 

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