Die Probleme am US Gewerbeimmobilienmarkt standen lange im Schatten der Misere des Marktes für private Wohnungen und Häuser. Der Fall „Stuyvesant Town“ und „Cooper Village“ (http://www.stuytown.com/), zwei insgesamt 32 Hektar beanspruchende Siedlungen in Manhattan, liefert nun neuen Brennstoff und wird in den kommenden Wochen sicher für zahlreiche Gespräche –zumindest im Verborgenen – sorgen.

Im Zuge des Immobilienbooms kauften die Gesellschaften Tishman Speyer und BlackRock Realty die Siedlungen mit insgesamt 110 Gebäuden und mehr als 11.200 Wohnungen für $5,4 Mrd. vom Versicherungskonzern MetLife.  Das war am 17. November des Jahres 2006 und stellte den größten derartigen Immobiliendeal der amerikanischen Geschichte dar, die Transaktion wurde in aller Eile im Zeitraum von nur 30 Tagen abgeschlossen.

Dervon MetLife geplante Verkauf und die Auktion selbst hatten seinerzeit zahlreiche Bieter auf den Plan gerufen, stieß aber auf wenig Gegenliebe der Bewohner, hatte doch der Konzern sich über Jahrzehnte auf geringe Mietsteigerungen eingelassen und war dafür durch staatliche Subventionierung (z.B. über Steuervergünstigungen) entlohnt worden. Die Verpflichtung zur Begrenzung der Mieten und die entsprechende Steuerbefreiung liefen 1974 aus, eine neue 10 Jahre laufende Regelung mit dem Ziel der künstlichen Mietsenkung wurde in der Folge abgeschlossen. Diese Subventionierung ist nicht zu unterschätzen, so lag die Miete von gut 75% der Wohnungen bei lediglich der Hälfte der marktüblichen Sätze. Die Investoren witterten Nachholbedarf und Mietsteigerungen und liefen vor lauter Eile mit Höchstgeschwindigkeit vor die Wand der amerikanischen Immobilienkrise. Tishman und BlackRock waren nicht in der Lage, die Mieten von den regulierten Niveaus auf die angestrebten „marktüblichen Mieten“ anzuheben. Im Gegenteil, in der Rezession sanken die Mieten sogar unter die vorherigen Sätze und warfen die schöne Projektplanung über den Haufen. Die Mieteinnahmen deckten nicht die Hypothekenraten.

Nun, ein paar Jahre später, werden die Investoren wohl am kommenden Freitag eine Zinszahlung in Höhe von $16 Millionen nicht leisten, was einen technischen Default auf den Kredit bedeuten würde. Im November waren Verhandlungen zur Restrukturierung eines Teils der Schulden im Volumen von $3 Mrd. gescheitert. Bei solchen Restrukturierungen handelt es sich in der Regel um Zahlungsaufschübe oder den Verzicht der Gläubiger auf einen Teil der ausstehenden Summe.

Während es generell unschön ist, wenn ein Kredit ausfällt und Verluste der Kreditgeber in substantieller Höhe lauern, ist an diesem Fall auch die Struktur interessant. Man muss mit einem mehrmonatigen Prozess des „Aufdröselns“ der Transaktion rechnen, ist doch die Struktur kein einfacher Immobilienkredit. Neben den schlichten Hypotheken stehen noch $1,4 Mrd. an nachrangigen und mezzanine Finanzierungen aus, die unter anderem von Pensionsfonds und interessanterweise der Church of England bereitgestellt wurden. Dazu kommen noch $2 Mrd. Kredite, die von den unter US Conservatorship stehenden Hypothekeninstituten Freddie Mac und Fannie Mae gehalten werden und mit Gebäuden besichert sind.

Die Gläubiger werden entsprechend der Seniorität der Papiere bedient. Je nachdem, wer so alles auf Basis der Besicherungen Gegenwerte erhält, ist Druck auf die Gebäudepreise zu befürchten, wenn es infolge der Abwicklung zu Verkäufen kommt. Schätzungen beziffern den Wert des gesamten Komplexes auf nunmehr lediglich $1,9 Mrd., das sind gut 65% weniger als der Kaufpreis. Man darf gespannt sein, wie die Reaktion am Gewerbeimmobilienmarkt ausfällt.

Insgesamt werden in diesem Segment alleine in den USA in den kommenden vier Jahren etwa $1,4 Billionen an Krediten fällig, da darf man auf die Refinanzierungserfolge wirklich gespannt sein. Die Verzugsraten im CRE Bereich liegen laut FDIC schon jetzt bei 8,7%.

 

 

Eine Besserung ist vorerst nicht zu erwarten, liegen doch bereits 55% all dieser Kredite unter Wasser, das heißt der Wert der Gebäude ist unter die Kreditsumme gefallen. Angesichts eines Preisrutsches von über 45% ist das wenig überraschend. Es ist schon bitter, wie wenig die ganzen Aktionen von Fed und Schatzamt gegen dieses fundamentale Angebots-Nachfrage Problem ausrichten.

Trotz künstlich niedriger Hypothekenraten, massiver impliziter Begünstigung von Finanzierungen durch Bankgarantien und Bail-outs sowie der ausufernden Immobilienkäufe von Banken, die zwangsversteigerte Immobilien selbst kaufen, um weitere Abschreibungen zu verhindern („real estate owned“), ist bisher am fundamentalen Ende nicht viel herausgekommen. Klar, es bleibt natürlich das beliebte Argument, wie es denn ohne diese Maßnahmen aussähe. Die Preise wären tiefer, die Abschreibungen höher und wir wären wohl alle näher an der realen Welt als in der aktuellen Datenmatrix. Kurz gesagt wäre man einen Schritt weiter auf dem Weg zu ohnehin unausweichlichen strukturellen Veränderungen.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"