Aber jeder Einzelne ist gefordert - Altersvorsorge ist Absicherung des Langlebigkeitsrisikos – deshalb bietet der Staat umfangreiche steuerbefreite Vorsorgemöglichkeiten – diese wirken für den Vorsorgesparer als „Renditeturbo“ – die gesetzliche Rente stellt nur noch eine Basisrente dar – zusätzlich ist eine kapitalgedeckte Ergänzung notwendig – Gespräch mit dem bekannten Darmstädter Altersvorsorge-Professor Bert Rürup
Bei Fragen rund um die Altersvorsorge wird in breiten Kreisen der Bevölkerung oft mehr als nur haarscharf am Thema vorbei diskutiert. Das wird bei einem Gespräch mit dem bekannten Darmstädter Altersvorsorge-Professor Bert Rürup schnell klar. Schon seine Definition „Altersvorsorge ist Absicherung des Langlebigkeitsrisikos“ lässt normale Mitteleuropäer aufhorchen. Und auch seine weitergehende Erklärung sollte sich jeder Vorsorge-Sparer ganz langsam auf der Zunge zergehen lassen. „Altersvorsorge ist die einkommensmäßige Absicherung des Einzelnen zwischen seinem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und dem Tod. Wer von Zinsen gelebt hat, braucht keine Altersvorsorge zu betreiben. Altersvorsorge muss nur der betreiben, der ein Erwerbseinkommen bezieht, also ein Einkommen aus dem Verkauf seiner Fähigkeit am Arbeitsmarkt. Kapitalisten, also Vermögende, brauche keine Altersvorsorge“.
Vorsorgesparen mit staatlichem Renditeturbo
Dabei hat Rürup beileibe nichts gegen Vermögensbildung, doch ist das in seinen Augen ganz etwas anderes. Soll also der Staat, so fragt er, der auch sparen muss, die allgemeine Vermögensbildung fördern, von der alle profitieren, oder soll der Staat Mittel gezielt einsetzen, damit alle ein vernünftiges Alterseinkommen haben? Für ihn ist das Zweite das Wichtigere. Das sei auch die Philosophie des Alterseinkünftegesetzes. Alles das, was der Abdeckung des Langlebigkeitsrisikos diene, werde extrem gefördert und nachgelagert besteuert. Angestrebt werde nicht, dass der Einzelne Kapitaleinkünfte erzielt; deshalb würden auch im Rahmen der Riester-Rente nur solche Produkte gefördert , die eine lebenslange Rente versprächen. Das was hingegen der Vermögensbildung diene, werde vorgelagert besteuert und die Erträge unterlägen der Abgeltungsteuer. Vorsorgesparen werde aus steuerfreien Mitteln dargestellt und sei während der Ansparphase von Steuern freigestellt, was letztlich wie ein Renditeturbo wirke.
Ausbau der kapitalgedeckten Rente
Altersvorsorgesparen und Vermögensbildung sind in seinen Augen zwei getrennte Paar Schuhe. Altersvorsorge bestehe nicht darin, im Alter von den Zinsen zu leben, sondern von den Zinsen und dem quasi punktgenauen Verzehr des Kapitalstocks. D.h. bei einem perfekt kalkulierten Altersvorsorgeprodukt sei der Kapitalbestand, den man angesammelt habe, aufgezehrt, wenn der Versicherte sterbe. Sicher der Hauptgrund dafür, weshalb eine derartige Altersvorsorge, auch für Rürup, nur im Kollektiv darstellbar ist. Denn der Einzelne wisse nicht, für welchen Zeitraum nach seinem Arbeitsleben er vorsorgen müsse. Deshalb der Ausdruck „Langlebigkeitsrisiko“.
Dabei ist logisch bei jeglicher Art der Kapitalansammlung, dass eine gute Performance in der Ansammlungsphase sehr positiv wirke, weil so schnell Kapital angesammelt werde. Doch heiße kapitalgedeckte Altersvorsorge nicht, von den Zinsen dieses Kapitalstocks zu leben, sondern auch von dessen gleichzeitigem Verzehr. Das Ziel von Altersvorsorgesparen ist nach Rürup nicht, dass Vermögen vererbt werde. Die Bildung vererbbaren Vermögens sei kein Staatsziel, wohl aber eine ausreichende Altersvorsorge für jeden Einzelnen.
Neue Initiativen zum Ausbau einer kapitalgedeckten Rente sind auf der politischen Ebene in Berlin eine dringend anstehende Pflichtübung, meint der Altersvorsorgespezialist. Er hält es durchaus für möglich, dass Ministerin Nahles mit der SPD das Schwergewicht eindeutig auf einen Ausbau der betrieblichen Alterssicherung legen wird, was in seinen Augen auch Sinn macht, zumal eben Kollektive Systeme in der Altersvorsorge nun einmal tendenziell effizienter seien als private Vorsorgepläne.
Kommentare
Altersvorsorge funktioniert nur im Kollektiv. Sehr richtig. Altersvorsorge sollte nicht gleich Vermögensaufbau sein. Ebenfalls sehr richtig
Nun überlegen wir kurz welche Rentenart diese Prinzipien zu 100% erfüllt: Richtig, die althergebrachte umlagefinanzierte gesetzliche Rente von Vater Staat.
Kein Vermögensaufbau, kollektiver Risikoausgleich!
Diese Form der Rente wurde leider durch agressive Finanzlobby Arbeit zerstört. Es wurde mit absurden Argumenten wie dem demographischen Wandel argumentiert. "Wer soll all die Alten bezahlen?" Die Wirtschaft die jedes Jahr viel stärker Wächst als die Rentnerzahlen vielleicht?
Das angebliche Problem sollte mit einem Dschungel aus privaten Vorsorge Instrumenten gelöst werden von denen jedes durch Verwaltung, Werbung und 100 Mitverdienern deutlich uneffektiver ist als die gesetzliche Rente. Dem Vorsorgenden wird nun zugemutet in Zeiten des Nullzins, der Überschuldung und systemischer Risiken sein Einkommen über Jahrzehnte in unsichere Investments zu stecken, in der Hoffnung, jemals etwas zurück zu bekommen.
Das alles wird in sich zusammenfallen wie ein Kartenhaus, es ist ein Raubzug an den kleinen Leuten und somit die assozialste Zerstörung bestehender, althergebrachter Sozialsysteme die ich kenne, die jeden betrifft und über die ich mich masslos aufrege!
Langlebigkeitsrisiko, ein abscheuliches Wort, genau wie alternativlos und systemrelevant. Um Politikern Angst zu machen braucht man es, ich hätte einen besseren Namen um es dem Bürger zu verkaufen: Aufbaurente Deutschland, Langzeitlebensschutzversicherung, Nahles Plus von Jung bis Alt, Nahles Basistarif für die Extratasse Kaffee im Altenheim, oder Nahles Deluxe inklusive Golfplatzmitgliedschaft.
Dem „Renditeturbo“ Steuer Ersparnis wird nach dem Riesterdesaster wohl niemand mehr glauben. Aber es ist doch klar, wenn die Lebensversicherungen mit der Kapitallebensversicherung ein wichtiges Geschäftsfeld verlieren, werden sie schon an den Hebeln der Politik tätig sein. Ich denke mal wenn Politik und Finanzwirtschaft gut zusammenarbeiten, wird es bestimmt ein Zwangssparen geben.
Egal ob das Vermögen privat aufgebaut wird oder kollektiv, es wird gebunden sein in den vielen Staatsanleihen, und wie sicher werden diese in der Zukunft sein? Verdienen werden damit eh nur Versicherungen und Banken und der Staat kann sich weiter mittels Staatsanleihen weiter verschulden. Dann haben wir schon mal 2 Profiteure und der Bürger zahlt.
Eine kapitalgedeckte Rente in Zeiten in denen die Geldmenge potenziell nach oben rauscht ist ein Witz. Was bringt mir eine Zusatzrente von sagen wir mal 1000€, wenn diese auf Grund von Inflation nur noch dazu reicht mir 250 g Butter zu kaufen?
Wenn sich Regierungen dazu hinreissen lassen Gesetze nachträglich zu ändern, siehe Lebensversicherungen als auch Sparabgabe in Spanien, wird dem Bürger das Vertrauen fehlen in solche Systeme einzuzahlen. Vertrauen in unser Geldsystem zu schaffen wäre die erste Aufgabe der Politik. Aber wenn der Bürger nicht will, wird er halt gezwungen. Enteignung um Gutes zu schaffen ist doch erlaubt. Dann gibt’s noch einen kleinen staatlichen Bonus und der Bürger rebelliert nicht, nein er bedankt sich. Der grosser Betrug fällt erst in 20-30 Jahre auf.
Wieso reden wir immer nur über Geld aber nie über das Potential von Rentnern für die Gesellschaft? Wieso soll ein Mensch der noch fit ist zu einem festen Datum in Ruhestand gehen? Warum bietet die Politik hier nicht einmal ganz neue innovative Denkweisen? Warum nicht ein freiwilliges soziales Jahr für Rentner, die sich fit fühlen und je nach Fähigkeit einige Stunden im Bereich Kinderbetreuung, Altenbetreuung, Umweltschutz… tätig sein können um so die Rente zu erhöhen? Es muss ja keine volle Tätigkeit sein. Warum ein abruptes Ende mit 65 oder 67 Jahren? Warum nicht lieber ein stetiger Ausstieg mittels Teilzeit startend mit 60, und endend je nach Fähigkeit und Gesundheit mit 70 oder 75 Jahren? Solche Dinge sollte der Staat fördern. Auch der 60 jährige Dachdecker kann mit Holz umgehen und z.B. jungen Leuten zeigen wie man eine Seifenkiste baut oder Lehrlinge ausbilden. Daran verdient leider die Finanzindustrie nichts, könnte aber der Gesellschaft dienlich sein.
An jeder neuen kapitalgedeckten Vorsorge verdient die Finanzindustrie ab den Moment der Einführung, der Bürger erhält aber nicht mehr als ein Versprechen und weiss nicht ob es noch seinen Wert im Rentenalter hat, oder sich die politischen Koordinaten wieder verschoben haben.
Eines ist sicher, die Rente, nur ob man davon leben kann nicht, egal ob privat vorgesorgt oder nicht.
Und wer aufmerksam ist, der wird festgestellt haben, dass die Anzahl an Rentnern mit Altersarmut rasant steigt. Meine Eltern gehen jetzt in Rente und hatten sich vor 40 Jahren auf das Rentensystem verlassen und keine weiteren Maßnahmen getroffen. Was sie jetzt als Rente bekommen ist lächerlich, Altersarmut vorprogrammiert.
Siehe in jüngster Zeit z.B. Änderung der Bedingungen für Kapitallebensversicherungen und die Folgen für Jene, die jetzt auf entsprechende Auszahlungen hofften
oder
vor einigen Jahren die (rückwirkende) Einführung der Sozialversicherungspflicht bei den von Staat und Arbeitgeber "gespnsorten" Rentenverträgen usw, usw...
Ich für meinen Teil, lehne daher jegliche Vorsorgemaßnahme ab, bei der der Staat irgendwelche "Versprechungen" abgibt oder involviert ist!
Rürup-Rente, Riester-Rente...etc... alles Finanzinstrumente die nichts bringen.
Rendite Turbo???? und das vom Staat...schlichtweg falsch....
Langlebigkeitsrisiko....das ist zynisch
In breiten Kreisen der Bevölkerung wird durchaus richtig und auf den Punkt diskutiert!
mfg
hs
Aber das passt wieder ins Gesamtbild der neoliberalen Agenda und dem Zusammenhang gern von Georg Schramm zitierten Warren Buffet, was dieser auf die Anfrage eines Reporters für den zentralen Konflikt unserer Zeit hält, worauf hin er entgegnet haben soll: "das fragen sie noch?"... der zentrale Konflikt sei der Kampf reich gegen arm und seine Klasse (jene des W. B.) haben den Kampf begonnen und sie wird ihn auch gewinnen - panem et circenses und des Kaisers neue Kleider... denn solange eine Phillip Lahm hinten rechts spielt, ist die Welt i. O.
Durch nen Riester zahlst du immerhin während des Erwerblebens weniger Steuern. Wichtig ist doch nicht was wer verdient, sondern was effektiv hinten rauskommt.
Rentenversicherungen werden wie immer schlechtgeredet aber konstruktive Alternativen werden natürlich nicht genannt.
Bei einer Rentenversicherung habe ich wenigstens eine lebenslange Rente ! Ohne Rentenversicherung und einem Sparguthaben welches irgendwann aufgebraucht sein sollte, steht man komplett nackt da.