Urlaubslektüre: Eine Billion Dollar von Andreas Eschbach

Wer von uns hat nicht schon einmal davon geträumt, wirklich richtig reich zu sein? Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, nur ein einziges Mal im Leben den Jackpot der wöchentlichen Lotterie zu knacken? Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, ein einziges Mal über Millionen bedruckter Baumwollzettel frei verfügen zu können? Sich alles leisten zu können, was auch nur vorstellbar ist? Sich und seiner Familie jeglichen Wunsch erfüllen zu können?

Stellen Sie sich einmal vor, es ginge nicht nur um Millionen, sondern Sie wären über Nacht plötzlich der mit Abstand reichste Mensch der Welt und könnten eine Billion Dollar Ihr Eigen nennen. Eine Billion. Das sind eintausend Milliarden. Sie wären mehr als zehn, - ach was, fast zwanzig Mal so reich wie die Gates, Buffets und Zuckerbergs dieser Welt. Genau um diese Geschichte geht es im gleichnamigen Roman von Andreas Eschbach.

Andreas Eschbach ist einer meiner absoluten Lieblingsautoren. Fast alle seine Werke befinden sich in meiner Bibliothek und das Buch Eine Billion Dollar, um das es in dieser Rezension geht war mein erstes Eschbach-Buch, das ich bereits vor vielen Jahren verschlungen habe. Danach folgten Das Jesus Video, Die Haarteppichknüpfer, Quest, Ausgebrannt, Der Nobelpreis, die Time Out Reihe und noch einige andere. Viele seiner Werke sind mehr oder weniger im Science-fiction-Genre angesiedelt, wobei alle hervorragend recherchiert sind und beste Leseunterhaltung bieten. Andreas Eschbach zählt somit zweifelsfrei zu den bedeutendsten Schriftstellern Europas.

Plötzlich sehr, sehr reich

Der Protagonist in Eine Billion Dollar heißt John Salvatore Fontanelli, ein armer Schlucker, der plötzlich davon erfährt, dass er Begünstigter eines Testaments ist. Ein entfernter Vorfahr hatte fünfhundert Jahre zuvor im 16. Jahrhundert ein Vermögen hinterlassen, das in den kommenden Jahrhunderten durch sorgfältige treuhänderische Verwaltung und den Zinseszinseffekt auf über eine Billion Dollar angewachsen ist. Das Geld ist Eigentum einer Stiftung, dessen Gründer eine Verfügung erlassen hat, der zufolge das Stiftungsvermögen auf den jüngsten männlichen Nachfahren übergehen soll, der am 23. April des Jahres 1995 am Leben ist.

Die Machtstrukturen der Großkonzerne als Hauptproblem

Wenn man so will, scheint es sich zunächst um einen harmlosen Plot zu handeln. Doch wird der Verlauf der Geschichte von Seite zu Seite spannender. Zudem handelt es sich bei Eine Billion Dollar auch um ein Geschichtsbuch, das die Historie der mittelalterlichen Familien Medici und Fugger nachzeichnet. Machtvolle reiche Clans, die die Geschicke der damaligen Welt entscheidend prägten. Sein Wissen über die Fugger zieht der Autor nach eigenen Angaben hauptsächlich aus dem Werk Kauf dir einen Kaiser von Günter Ogger, das 1978 erschienen ist und aus Broschüren, die man im Museum der Fuggerei in Augsburg kaufen kann.

Der Hauptdarsteller John Fontanelli und auch die Leserschaft begreifen nach und nach, welche Macht eine solche wahnsinnige Menge Geld einem einzelnen Menschen verleiht. Andreas Eschbach versteht es fabelhaft komplizierte wirtschaftliche Sachverhalte leicht verständlich in das Geschehen mit einzubinden. Er stellt dar, dass sich die Strukturen des Feudalsystems im Mittelalter zu den heutigen Machtstrukturen der in Netzwerken agierenden Großkonzerne wenig unterscheiden. Desweiteren identifiziert er diese nicht vom Volke ausgehende Macht als das Hauptproblem des heutigen Geld-, Wirtschafts- und Politsystems.

Der Autor kritisiert damit auch die fehlende Kontrolle in einer globalisierten Welt über diese Macht des großen Geldes.

Pflichtlektüre an den Schulen

Neben George Orwells 1984 sollte auch Eine Billion Dollar zur Pflichtlektüre für Schüler an den Schulen werden. Denn neben den Auswüchsen der immer stärker zunehmenden staatlichen Überwachung besteht ein großes Problem darin, dass kaum ein junger Mensch heutzutage tatsächlich über das Geld- und das dahinter stehende Finanzsystem Wissen vermittelt bekommt.

Die große Frage: Wie kann so viel Geld der Menschheit sinnvoll helfen?

Die Erbschaft ist für John Fontanelli mit einer Aufgabe des Stifters verknüpft. Er muss eine Prophezeiung erfüllen und der Menschheit ihre verlorene Zukunft zurückgeben. Somit stellt sich für John ständig die eine große Frage: Wie kann er der Menschheit mit seinem riesigen Vermögen sinnvoll helfen?

Der etwas einfältige John ist mehr oder weniger ratlos: Welchem Berater kann er bedingungslos vertrauen? Welche nicht gewollten negativen Auswirkungen haben gut gemeinte Handlungen des reichsten Menschen der Erde? Wie kann John es verhindern, dass die Reichen immer reicher werden und zwar nicht auf Kosten der Armen, die eh nichts haben, sondern vielmehr zum Nachteil des bürgerlichen Mittelstands? Wie kann er mit dem vielen Geld die Prophezeiung des Stifters erfüllen?

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Fontanelli findet seinen Weg auf den kurzweiligen 887 Seiten dieser großartigen Geschichte. Wobei den Seitenzahlen jeweils neun Nullen und ein $-Zeichen angehängt sind und manche Seitenzahlen eine kleine Erklärung beinhalten. So erfährt man beispielsweise auf Seite 274, dass das Bruttosozialprodukt Südkoreas im Jahr 1991 274.000.000.000 US$ betrug.

Das Ende kommt recht plötzlich und überraschend. Auch nach über 800 Seiten ist man fast traurig, dass es nicht noch weiter geht. Der Billionär John Fontanelli erreicht die Zulassung eines globalen Referendums, in dem der Rahmen einer neuen finanziellen Weltordnung abgesteckt werden soll. Ob ein Mensch auf dieser Welt eine solche ungeheuerliche Forderung überleben kann, beantwortet Andreas Eschbach klar und eindeutig, - ohne jedoch die Hoffnung auf den letzten Seiten ebenfalls zu Grabe zu tragen.

In Eine Billion Dollar erwarten Sie 887.000.000.000 $ wertvolle und kurzweilige Seiten, die begeistern und zudem überaus lehrreich eine wundervolle Geschichte von sehr, sehr viel Geld und Macht erzählen.

Taschenbuch: 887 Seiten
Verlag: Bastei Lübbe (Bastei Lübbe Taschenbuch); Auflage: 8. Aufl. (21. Oktober 2003)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3404150406
ISBN-13: 978-3404150403
Größe: 13,1 x 5,3 x 19 cm
Preis: 9,99 Euro

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"