Gelegentlich wird behauptet, Zeit sei Geld. Größtenteils scheint dieses zum geflügelten Wort mutierte Zitat Benjamin Franklins zu stimmen. So gibt es beispielsweise – meist regional geprägte – Tauschringe, die nicht Geld als Verrechnungseinheit benutzen, sondern geleistete Arbeitsstunden der Teilnehmer als Abrechungsgrundlage heranziehen. Geld in Form von Zeit kann in diesen Systemen sogar angespart und auch verschenkt werden. Der <link>Fureai Kippu in Japan ist ein gutes – sogar überregionales – anschauliches Beispiel für die Verwendung von Zeit als Geld, auch wenn klar sein dürfte, dass sogenannte „Time Banks“ Zeitguthaben auf Konten nicht verzinsen. Vorhandene Zeit generiert keineswegs zusätzliche Zukunft. Für Rendite fehlt an dieser Stelle schlichtweg die Zeit.

Dient das Sparen des Fureai Kippu hauptsächlich der Vorfinanzierung eigener Bedürfnisse in der Zukunft, wird genau hier ein wesentlicher Unterschied zwischen unserem herkömmlichen Geld und der Zeit deutlich. Im Gegensatz zum Geld ist die zeitliche Gegenwart ein ständig fließender, unserem Bewusstsein entsprungener Punkt auf einer Linie, der Vergangenheit und Zukunft verknüpft. Ist der Fluss des Geldes fast ständig unterbrochen, so lässt sich der Fluss der Zeit niemals aufhalten. Wir schwimmen mit in diesem Strom, ohne Chance, ihm lebend entrinnen zu können.

Doch würde auch der Fluss des Geldes ebenso beständig fließen wie der Strom der Zeit, gäbe es in der wirtschaftlichen Gegenwart kaum Probleme. Der Zinseszinseffekt wäre als Folge eines Stoppens des Geldflusses obsolet. Ständiges Kaufen, bedingte Verkäufe und ständige Zahlungen führten zu steten Einnahmen. Sinn und Zweck des Wirtschaftens wäre ein gutes Leben im Jetzt, ohne sich über einen zukünftigen Tod des persönlichen Geldflusses und -vermögens Gedanken machen zu müssen. Genau wie uns die Gegenwart ständig umhüllt, wäre das Geld ein Teil der Zeit.

Doch gerade der Staat greift uns Untertanen viel kostbare Lebenszeit in Form von Steuern   ab. Jahr für Jahr leistet der gemeine Bürge viele Arbeitsstunden, um Geld für den Staatssäckel zu erarbeiten. Im letzten Jahr fiel der sogenannte Steuerzahlergedenktag auf den 6. Juli, was nichts anderes bedeutet, als dass man mehr als die Hälfte seiner Arbeitszeit für‘s Gemeinwesen und diverse Umverteilungen gebuckelt hat. „Was muss, muss!“, sagen die einen. Zeitdiebstahl nennen es die anderen. Michael Ende thematisierte diese Art des Raubes in seinem Roman „Momo“.

Buckeln-für-den-Fiskus-Gedenktage:

  • 2011: 6. Juli
  • 2010: 4. Juli
  • 2009: 14. Juli
  • 2008: 8. Juli
  • 2007: 13. Juli
  • 2006: 5. Juli
  • 2005: 7. Juli
  • 2004: 15. Juli
  • 2003: 16. Juli
  • 2002: 23. Juli
  • 2000: 3. Juni und 24. Juli
  • 1999: 5. Juni
  • 1998: 3. Juni
  • 1997: 6. Juni
  • 1991: 30. Juni
  • 1990: 30. Juni
  • 1980: 9. Juni
  • 1970: 14. Juni
  • 1960: 1. Juni


Tagesschau: Ab heute wandert das Geld in die eigene Tasche

Immer wieder hört man, die Staaten hätten es in der guten, alten Zeit versäumt, Ihre  Schulden zurückzuzahlen. Trotz guter Konjunktur, wachsender Wirtschaft und höheren Steuereinnahmen hätten unsere Politiker in wachstumsstarken Jahren Gelder zum Fenster hinaus geworfen und wären ihrer Pflicht nicht nachgekommen, nachhaltig zu wirtschaften und Schulden abzubauen. Dieser Vorwurf betrifft nicht nur die Bundespolitik, sondern auch die Haushaltslage bei Städten und Kommunen. Sicherlich gibt es viele Beispiele von Steuerverschwendung, doch sei an dieser Stelle nachdrücklich darauf hingewiesen, dass es auch gegensätzlich immer private Wirtschaftsteilnehmer gibt, die von staatlichen Fehlinvestitionen profitieren und Einnahmen generieren. Fakt ist: Die dümmliche Fehlausgabe des einen führt stets zu einer erfreulichen Zusatzeinnahme beim anderen.

Ein gutes Beispiel hierfür sind die Ausgaben für den Impfstoff „Pandemrix“ im Rahmen der Schweinegrippe, der dem britischen Pharmahersteller GlaxoSmithKline zu satten Gewinnen verholfen hat. Und das, obwohl die Medikamente letztendlich keine Abnehmer fanden und vernichtet werden mussten. Im November letzten Jahres wurden 196 Paletten mit insgesamt 16 Millionen Impfdosen im Müllheizkraftwerk Magdeburg-Rothensee zum Verheizungspreis von € 14.000 dem Brennofen zugeführt. Jeder, der nun wie das Magazin Stern behauptet, 130 Millionen Euro Steuergelder hätten sich in Rauch aufgelöst, sollte in die Bücher von GlaxoSmithKline schauen. Upps, wer hätte das gedacht? Das Geld ist noch da! Auch an die erfolgreiche Vernichtung funktionsfähiger Fahrzeuge sei an dieser Stelle erinnert. Die Abwrackprämie lässt grüßen! Nachhaltigkeit sieht in beiden Fällen anders aus. Es bleibt trotzdem festzuhalten: Auch Steuerverschwendung führt zu Wirtschaftswachstum und generiert privatwirtschaftliche Einnahmen.

Schweinegrippe-Impfstoff wird vernichtet: 130 Millionen Euro landen im Brennofen

Hielt man sich in den Medien im Falle der vernichteten Medikamente mit Jubel über die nicht stattgefundene Pandemie zurück, sieht das an anderer Stelle ganz anders aus. Wird interessanterweise die Schuldenaufnahme in vergangenen Jahren und Jahrzehnten stets verteufelt, feiern die Medien das Defizit im Bundeshaushalt 2011 in Höhe von 17,3 Milliarden Euro als großen Erfolg der Haushaltspolitik.

Quer durch die Bank redet man in Nachrichtensendungen mit freudigem Ton in der Stimme von einer durch enorme Steuereinnahmen bedingten positiven Entwicklung, wobei der Sprecher im Radio nebenbei mit leicht gedämpften Entzücken eine zu erwartende Neuverschuldung in Höhe von 26,1 Milliarden im laufenden Jahr in Aussicht stellt.

Die Welt: Bund macht deutlich weniger Schulden

[...] Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat im vergangenen Jahr deutlich weniger Schulden machen müssen als geplant. Das Defizit des Bundes betrug 17,3 Milliarden Euro. Noch vor wenigen Wochen war das Finanzministerium von 22 Milliarden Euro ausgegangen. Im Haushaltsplan war sogar eine Kreditaufnahme in Höhe von 48,4 Milliarden Euro vorgesehen. Dass dieser Rahmen nicht ausgeschöpft wurde, lag vor allem an den enormen Steueraufkommen, die dem Bund 248 Milliarden Euro in den Kassen bescherten – rund 19 Milliarden Euro mehr als erwartet. Außerdem fielen dank der Rekordbeschäftigung die Ausgaben für Arbeitslosigkeit. Schließlich profitierte der Bund von sehr niedrigen Zinsen bei der Schuldenaufnahme. [...]

Müsste doch eigentlich ein Aufschrei durch die Medienlandschaft gehen, versucht man den Bürgen mit subtilen Mitteln Misserfolge als Weg in eine bessere, von Schulden befreite Welt zu verkaufen. Überschriften wie beispielsweise: „Trotz Rekordsteuereinnahmen steigt die Verschuldung des Bundes deutlich“, findet man kaum. Stattdessen wird von fast allen Gazetten ganz frech behauptet, die Schulden seien gesunken. Dass die Grundlage für diese Aussage schlichtweg auf einer Fehleinschätzung der Konjunkturentwicklung beruhte, findet dabei keine Erwähnung. Welch blöde Zeit, diese unvorhersehbare Zukunft!

Weniger Schulden: Rekord-Steuereinnahmen lassen Haushaltsdefizit schrumpfen

[...] Nach Berechungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) würde der Bund 2012 mit etwa 17 Milliarden Euro neuen Schulden auskommen. Das wären neun Milliarden Euro weniger, als von der Regierung im Bundeshaushalt 2012 eingeplant. "Die Konjunktur scheint sich zu erholen und die Steuereinnahmen laufen weiter gut", sagte IfW-Finanzexperte Alfred Boss. [...]

Für viele, die das Denken der berühmten schwäbischen Hausfrau favorisieren, scheint das Handeln der Politik in Form ständig wachsender Verschuldung völlig abstrus zu sein. Und doch beruht sie auf einfachsten ökonomischen Gesetzmäßigkeiten, die auch nicht durch eine gesetzlich verankerte Schuldenbremse auf den Kopf gestellt werden können.

Anhand des Steuerzahlergedenktags wird ersichtlich, dass nur zwei Gruppen existieren, die sich das Volkseinkommen teilen. Auf der einen Seite steht der Staat, also das Gemeinwesen, auf der anderen stehen die Bezieher von Einkommen, Löhnen und Gehältern, sowie privatwirtschaftliche Unternehmen.

Bewirkt der Grundsatz, nur soviel auszugeben, wie man einnimmt, bei der schwäbischen Hausfrau eine ausgeglichene Bilanz, bedingen Ersparnisse von Privaten immer auch eine Verschuldung Dritter. Das gilt sowohl für Guthaben bei Banken und Versicherungen als auch für gehortetes Bargeld, welches ebenfalls durch Kreditvergabe einer Zentralbank an eine Geschäftsbank in den Fluss der Zeit geschleust wurde.

Würde der Staat beginnen zu sparen, indem er Ausgaben kürzt, zöge das unweigerlich Einnahmeverluste bei privaten Haushalten und Unternehmen nach sich. Es handelt sich hierbei um exakt den gleichen Effekt, der bei einer Erhöhung von Steuern eintritt. Um Staatsverschuldung abzubauen, gibt es also nur den Weg, die Einnahmen der Privaten zu kürzen. Eine Schuldenbremse kann somit nur im Zusammenspiel mit einer Begrenzung der Geldvermögen von Privaten nachhaltig wirken. Lässt man dieser Ausweitung privater Geldvermögen jedoch weiterhin freien Lauf und erfolgt keine Einführung einer Obergrenze, muss man sich schlichtweg damit abfinden, dass sich auch die Staatsverschuldung im Laufe der Zeit ständig erhöht. Hohe Strafen für Defizitsünder im gerade verabschiedeten Fiskalpakt der EU-Staaten haben dahingehend einen ähnlichen Effekt, als würde man versuchen, einen gebrochenen Arm mit dem zusätzlichen Zerquetschen der Finger heilen zu wollen.

Anstatt unsinnige Gesetze zu verabschieden, sollten wir vielmehr versuchen, den Fluss des Geldes wieder in Gang zu bringen. Ihn zu verstetigen wie den Strom der Zeit. Erst wenn die riesigen Geldvermögensberge abgeschmolzen sind, kann auch die Gegenwart wieder erträglicher werden. Doch schon Doktor Faust hatte Furcht vor ihr und glaubte nicht, die Zeit im Hier und Jetzt genießen zu können:

„Werd ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch! Du bist so schön! Dann magst Du mich in Fesseln schlagen. Dann will ich gern zugrunde gehen!“

Wir werden sehen, was sie uns bringen wird. Die Zeit. Heilt sie doch alle Wunden. Auch die unseres Geldsystems.

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