Hier geht es zum vorherigen Teil "Mut und Überblick machen den Unterschied!"

Für diese strategische Überlegung spielt es keine Rolle, wie groß oder klein Ihre zu investierenden Mittel sind, oder ob Sie Unternehmer oder Privatanleger sind. Es gibt für absolut jeden Geldbeutel, der überhaupt ein klein wenig gefüllt ist, in dieser Situation Investitionschancen. Der Unternehmer kann über Maschinenkäufe und ganze Firmenübernahmen nachdenken, der Privatanleger, auch wenn er über noch so bescheidene Mittel verfügt, kann sich schon zuvor überlegen, welche Aktien er für die 500 Euro kauft, die er zum Investieren hat, wenn der Kurs dieser Aktien nur weit genug gefallen ist.

Eine Apple-Aktie gab es nach dem Lehman-Crash im Dezember 2008 für 12 US-Dollar. Heute, knapp zehn Jahre später, kostet sie 180 US-Dollar. Aus 500 Dollar wären 7500 Dollar geworden. War der Erfolg (jenseits der ohnehin zu erwartenden Markterholungen) von Apple absehbar? Absolut! Apple als Pionier des Smartphones brachte sein erstes iPhone 2007 auf den Markt. Im Dezember 2008 war absolut klar, dass das Smartphone und ganz vorne weg der faktische Erfinder Apple, die neue Welt der Kommunikation sein würden. Aber die wenigsten hatten den Mut, im Dezember 2008 gegen die Panik der Medien, der Wirtschaft und des eigenen Umfelds zu investieren. Dabei hätte man drei Monate auf diesem niedrigen Niveau zuschlagen können, bevor die Kurse wieder deutlich anzogen.

Was gilt es also im Vorfeld der Krise für den Privatanleger zu beachten, damit er in der Krise überhaupt agieren kann? Wie muss ich als Privatanleger meine Arche bauen?

Grundsätzlich unterscheidet sich das nicht von den grundlegenden Themen, die wir beim Unternehmen festgestellt haben. Das sind Regeln, die man auch unabhängig von einer erwarteten Wirtschaftskrise ohnehin beherzigen sollte. Aber in diesem Zusammenhang ist es existentiell, sie zu befolgen.

Cash Is King!

Halten Sie Ihr Geld zusammen! Vermeiden Sie unnötige Ausgaben, und um Himmels Willen verschulden Sie sich nicht für Konsumzwecke. Richten Sie ihre Aufmerksamkeit stark darauf aus, ihre Barreserven soweit wie nur irgend möglich zu erhöhen. Barreserve heißt jede Form von Geld oder Geldanlage, die sie binnen weniger Tage sicher flüssigmachen können. Verkaufen Sie jetzt, wo die Preise für alles auf extrem hohem Niveau sind und wo bei den meisten Menschen das Geld locker sitzt, alles, was Sie ohnehin nicht benötigen. Das gilt für alte Sammlungen, Wertgegenstände oder einfach nur den alten Kram auf dem Dachboden. Es ist eine wunderbare Zeit, Immobilien zu verkaufen; mit ein wenig Geschick erzielt man heute erstaunliche Preise.

Führen Sie Ihre monatlichen Belastungen soweit wie sinnvoll zurück. Überflüssige Abos, zu teure Versicherungsverträge etc. Überprüfen Sie ihre Ausgaben Euro für Euro.

Verringern Sie die Laufzeit all ihrer Verträge, bei denen Sie bezahlen müssen. Mitgliedschaft im Fitness-Center, Versicherungsverträge etc.

Verlängern Sie so früh wie möglich Ihre Kredite, wenn Sie sie nicht ganz zurückzahlen können. Ein sogenanntes Forward-Darlehen sichert Ihnen bei Ihrer Bank schon jetzt den Anschlusskredit für Immobiliendarlehen, damit Sie nicht im ungünstigsten Fall mitten in der Krise mit der Bank verhandeln müssen.

Bereiten Sie Ihren Plan für die Zeit der möglichen Krise vor. Was mache ich, wenn…?

Überlegen Sie genau, was in einer sich zuspitzenden Krise mit Ihren Einnahmen geschehen würde. Wie sicher ist Ihr Gehalt? Ihre Mieteinnahmen? Wo könnten Sie zusätzliche Einnahmen generieren?

Die Krise beginnt

Sobald die Krise sichtbar wird, schalten Sie sofort – wie damals SAP – in den „Dagobert“-Modus. Werden Sie so geizig wie der berühmte Erpel. Reduzieren Sie alle Ausgaben auf das absolute Minimum und machen Sie sich einen Sport daraus, Geld zu sparen. Sehen Sie es nicht als „beschämend“, sondern als sportliche Herausforderung. Das ist jetzt IHR Moment. Kleineres Auto? Kleiner Wohnung? Urlaub stornieren? Essen mit Freunden wieder zu Hause statt im Restaurant? … IHR Moment!

Die Krise erreicht ihren Höhepunkt

Woran soll man erkennen, dass die Krise auf dem Höhepunkt ist? Das kann doch keiner wissen!? Doch. Den Höhepunkt der Krise erkennen Sie sehr genau an der Stimmungslage der Medien und um Sie herum. Ein altes Sprichwort sagt zu Recht: „Kurz bevor die Sonne aufgeht, ist die Nacht am dunkelsten.“ Erst, wenn ALLE um Sie herum kapitulieren und die letzten Optimisten die Segel gestrichen haben, ist dieser Moment der dunkelsten Stunde erreicht. Solange in den Medien die Rede davon ist, das seien alles nur Marktübertreibungen… Finger weg. Solange die Medien davon sprechen, dass es zu Pessimismus eigentlich gar keinen Grund gebe, weil… Finger weg. Aber wenn die Titelseiten voll sind von Katastrophenprognosen, dann ist der Zeitpunkt, die Eimer vor die Tür zu stellen.

Ich erinnere mich an den Kurseinbruch der Jahre 2000 bis 2003. Die Internetblase war geplatzt und der Dax war von 8000 auf fast 2000 Punkte eingebrochen. Nahe den absoluten Tiefstständen fragte mich ein aufgeregter BILD-Journalist: „Herr Müller, wie weit fällt der Dax noch? Sehen wir bald die 1000?“ Meine Antwort war: „Wir sind jetzt in zwei Jahren 6000 Punkte gefallen. Nochmal fallen wir die nicht, dann stehen die Aktien nämlich im Minus. Wer jetzt nicht kauft, wird sich in wenigen Jahren den Kopf an die Wand schlagen, wie er so blöd gewesen sein konnte.“ Zwölf Monate später hatte sich der Dax wieder verdoppelt und 2007 wieder die 8000 Punkte erreicht.

Sie werden mit hoher Wahrscheinlichkeit den absolut tiefsten Punkt einer Krise nicht erwischen. Das ist aber auch gar nicht nötig. Überlegen wir, welche Kursentwicklung wir erwarten, wenn wir von einer solch großen Krise sprechen. Ganz sicher reden wir nicht von einer Korrektur um zwanzig oder dreißig Prozent. Das hatten wir ja schon bei der winzigen Korrektur des Jahres 2015. Der Crash von 2008/09 kostete den Dax etwas über fünfzig Prozent, der Crash 2000-2003 knapp 75 Prozent und „The Big One“ von 1929/30 sogar neunzig Prozent. Irgendwo zwischen diesen Ereignissen wird sich auch unser nächster großer Crash bewegen: fünfzig bis neunzig Prozent.

Nimmt man die auf den letzten 250 Seiten erörterten Zusammenhänge und die Aussagen zahlreicher Experten, dass der nächste Crash heftiger sein werde als jener von 2008, hinzu, dann dürften wir eine Zielgröße von siebzig bis neunzig Prozent Kursrutsch als durchaus realistisches Szenario annehmen. Es spielt gar keine Rolle, den absoluten Tiefpunkt zu kennen. Wenn Sie in der Lage sind, siebzig bis neunzig Prozent unter dem heutigen Kursniveau Aktien von Unternehmen zu erwerben, die auch nach jeder noch so heftigen Krise noch existieren, werden Sie alles richtig gemacht haben.

Es empfiehlt sich dann ohnehin, gestaffelt einzusteigen. So wäre es ratsam, nach siebzig Prozent Kursrückgang die ersten zwanzig Prozent des zu investierenden Kapitals einzusetzen, einfach um dabei zu sein, wenn es das schon gewesen sein sollte. Bei achtzig Prozent Rückgang die nächsten dreißig Prozent, und sollte es tatsächlich neunzig Prozent nach unten gehen, dann „All-In“ mit den restlichen fünfzig Prozent in den Markt gehen. Das wäre dann im Schnitt bei -82,5 Prozent unter den Höchstständen. Damit haben Sie auf Sicht der nächsten fünf bis zehn Jahre ganz sicher nichts falsch gemacht.

Wer es etwas ruhiger angehen lassen möchte, kann diese Strategie natürlich auch etwas dehnen. Er könnte nach einer Halbierung des Marktes seine ersten zwanzig Prozent investieren, dreißig Prozent nach 75 Prozent Rückgang und die restlichen fünfzig Prozent als Reserve für den Fall, dass der Markt doch um neunzig Prozent einbricht. Merken Sie etwas? Während andere noch darüber diskutieren, ob man bei 13.000 Punkten vielleicht doch investieren sollte und sich ein wenig Sorgen machen, ob es vielleicht doch eines Tages zu einem Crash kommen könnte, planen Sie gerade schon Ihren Einstieg am Ende des Crashs und die Erfolgsgeschichte danach. Nicht in der Analyse der Gegenwart, sondern in dieser Vorausschau auf die zukünftige Entwicklung steckt der Erfolg von Kennedy und Onassis.

Es ist in dieser Phase des nächsten Crashs nicht nur von Vorteil, sein bis hierhin gerettetes Geld in Aktien, Maschinen oder sonstige günstige Sachwerte investiert zu haben, es ist absolut notwendig. Führen wir die Überlegungen einmal fort. Wie würden die Staaten und vor allem die Notenbanken auf einen solchen Crash und die Liquiditätsklemme reagieren? Genauso, wie wir es 2008 schon einmal gesehen haben. Mit dem vollständigen Öffnen der Geldschleusen. Sie würden alles an Anleihen aufkaufen, was Ihnen angeboten wird, und das zu höchsten Kursen, um die Zinsen wieder zu drücken. Das ist übrigens absolut im Interesse jener finanziellen Eliten, über die wir im Laufe des Buches oft gesprochen haben. Die großen Investoren, Investmentbanken und Kapitalverwalter sitzen auf riesigen Mengen an Anleihen aller Art. Sie werden diese zu den neuen Höchstkursen an die jeweiligen Notenbanken verkaufen. Mit welchem Geld kaufen die amerikanische FED, die japanische BoJ oder die europäische EZB diese Anleihen auf? Mit im gleichen Moment von ihnen selbst geschaffenem Geld.

Versetzen Sie sich in die Lage eines großen Investors. Sie haben soeben Anleihen im Wert 100 Millionen US-Dollar an die FED verkauft und haben jetzt 100 Millionen Dollar Cash. Sie wissen, dass gerade alle Schleusentore offenstehen und jeder namhafte Investor weltweit seine Anleihen an die Notenbanken gegen frisches Geld verkauft. Gleichzeitig werden die Aktien, Rohstoffe und zahllose andere Sachwerte gerade zu Spottpreisen von jenen an den Märkten verramscht, die leider keinen Zugang zu Zentralbankgeld haben. Sie wissen, dass gerade so viel neues Geld gedruckt wird, dass es sehr schnell seinen Wert verlieren wird, sobald die Liquiditätsklemme bewältigt ist. Also werden Sie Ihre 100 Millionen Dollar schnellstmöglich umtauschen in etwas, das einen Sachwert darstellt, der von dem neuen Geldfluss nach oben getrieben wird. Sie kaufen die gerade spottbilligen Aktien, Edelmetalle, Rohstoffe und Transportschiffe. Erinnern wir uns an die Dimensionen. Das Volumen der weltweiten Anleihen beträgt über 150 Billionen US-Dollar. Der Wert aller weltweiten Aktien beträgt etwas über 70 Billionen US-Dollar. Nach einem Kurseinbruch der Aktien um 75 Prozent bei gleichzeitig hohen Kaufkursen für Anleihen durch die Notenbank stehen nach einfacher und überschlägiger Rechnung 17,5 Billionen Aktienwert 150 Billionen Anleihekapital gegenüber. Darüber hinaus steht nur ein sehr kleiner Teil der Aktien überhaupt zum Verkauf und ist nicht fest gebunden. Es ist kein Fehler, davon auszugehen, dass sich in dieser finalen Phase der Krise sehr viel neu gedrucktes Geld auf vergleichsweise wenige zum Verkauf stehende Sachwerte stürzen und deren Preise durch die Decke jagen wird. Ich spreche dabei noch gar nicht mal von einer hyperinflationären Entwicklung, die in diesem Zusammenhang denkbar wäre und die weltweiten Schulden und Geldvermögen (aber nicht Sachvermögen!) gleichermaßen pulverisieren würde. Selbst eine Vervierfachung der Kurse binnen weniger Monate, wie es 1933 der Fall war, oder eine Verdopplung wie 2003 bringt schnelle und beachtliche Profite für jene, die auf diese Situation vorbereitet waren.

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