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Der Tag danach

Neben der Entscheidung, WANN man in der Krise in den Markt geht, ist die Frage, in welche Unternehmen ich investieren soll, von besonderer Bedeutung. Im Crash werden alle Aktien abverkauft, da spielt die Qualität kaum eine Rolle. Cash Is King und alles muss raus. Anders sieht es dann schon wieder bei der Frage aus, welche Aktien danach auch wieder steigen. Ich empfehle hier sich auf jene Unternehmen zu konzentrieren, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in der der Zeit danach erfolgreich sein werden. Überhaupt „die Zeit danach“. Wie soll man sich das vorstellen? Bei allen Gedanken zu einem möglichen Crash seien Sie über eines absolut sicher: Die Welt wird nicht untergehen. Die wird sich weiterdrehen, als wäre nichts gewesen, und die Sonne wird ebenfalls jeden Morgen wieder aufgehen, auch wenn das mediale Geschrei anderes wird erwarten lassen.

Das gleiche gilt für die Wirtschaft, die gesellschaftliche Entwicklung, die Erfindungen und alles, was wir am Rande darunter verstehen. Ein solcher Crash, auch in Kombination mit einer schweren und vielleicht zwei- oder dreijährigen Wirtschaftskrise, ist wie ein schwerer Herbststurm. Furchterregend und gefährlich, während man mittendrin steht. Aber er ist auch notwendig, um alte Äste auszuputzen, morsche Bäume zu fällen und so die Grundlage und den Lebensraum für die neuen Bäume und Pflanzen zu schaffen.

Eine Wirtschaftskrise dieses befürchteten Ausmaßes wird viele morsche Strukturen in den Volkswirtschaften zerstören, Schuldenberge zum Einsturz bringen und vieles durcheinanderbringen. Damit sind zahllose schwere Einzelschicksale verbunden von Menschen, die sich nicht vorbereiten konnten, denen niemand geholfen hat und die hier vieles verlieren. Es wird wieder jene besonders hart treffen, die ohnehin nicht viel haben. Diese dunkle Seite können wir ebenso wenig ignorieren, wie wir sie verhindern können. Daher sollten Sie versuchen, so gut es geht, durch diese Phase zu kommen, um dann jenen zu helfen, die diese Möglichkeit nicht hatten.

Doch wie geht es jetzt weiter? Was kommt nach einem Crash, der eine solche weltweite und geschichtlich vermutlich einmalige Dimension haben könnte? Man denkt in Krisenzeiten oft, das war’s! Das erholt sich nie wieder. Das endet in der Katastrophe, und die bleibt dann bestehen.

Das gab es tatsächlich schon einmal, nach dem Zusammenbruch des römischen Reiches. Die Zeit der Ordnungslosigkeit, der völligen Zergliederung und des Chaos nach dem Zerfall des Weströmischen Reiches im 5. Jahrhundert nannte man die düsteren Jahrhunderte. Es gab zunächst keine zentrale Ordnungsmacht.

Das ist in unserer Zeit aus einem ganz besonderen Grunde nicht zu erwarten. In diesem Crashszenario zerfallen Aktienkurse und Anleiheblasen. Vielleicht wird das Ganze auch von militärischen Auseinandersetzungen im Mittleren Osten oder Asien begleitet. Möglicherweise zerfallen in dieser Zeit sogar Staaten und werden zu einem Neuen Nahen Osten wieder zusammengesetzt. Aber eines bleibt über die ganze Zeit erhalten. Die eigentlichen Machtstrukturen unserer oft benannten Machteliten und ihre Netzwerke. Sie sind es, die heute die Dinge entscheiden, und sie werden sehr darauf achten, dass die kommende Entwicklung ihnen hilft, ihre Macht und ihre Ressourcen zu erweitern. So wenig befriedigend es uns vorkommen mag, sie werden es daher sein, die aus purem Eigeninteresse dafür sorgen werden, dass schnellstmöglich wieder funktionierende und prosperierende Strukturen entstehen, sobald sie ihre jeweiligen Ziele erreicht haben.

Eines möchte ich dabei immer wieder betonen. Ich bin weit davon entfernt, diese Strukturen gutzuheißen; ich wünsche mir eine völlig andere Welt, in der es wirklich um die Wünsche und Bedürfnisse der Gesellschaft, der Masse der Menschen geht und in der wir nicht Spielball und Verfügungsmasse einer kleinen, aber hocheffizienten Elite sind, die in allererster Linie ihre eigene Macht und ihren eigenen Vorteil im Auge hat. Dennoch ist es wichtig und sogar essentiell, die Mechanismen und Wirkzusammenhänge so neutral wie möglich zu erkennen und in eigene Handlung umzusetzen. Alles andere ist Illusion.

Die Wirtschaft wird sich neu aufstellen. Es werden mit nun vielleicht deutlich kleineren Schuldenbergen ganz neue Dynamiken entstehen können. Die wissenschaftlichen, technologischen Entwicklungen werden ungebremst weitergehen, und nach dem reinigenden Gewitter wird es eine sehr lange Zeit des Aufstiegs und des Fortschritts geben – ohne die Angst vor dem großen Crash, weil die Systeme bereinigt sind. Es ist zweifelhaft, dass man danach alles anders machen wird. Es werden die gleichen Machtstrukturen der Eliten einerseits und der Masse der Gesellschaft andererseits sein, und vermutlich werden es auch weitgehend die gleichen Finanzsysteme und Wirtschaftssysteme sein. Aber sie wurden auf Reset gestellt, man wird hier oder da Änderungen vornehmen, und es wird so oder so eine über viele Jahrzehnte stabile Phase sein. Die Globalisierung wird ihren endgültigen Siegeszug antreten, denn man kann schon heute davon ausgehen, dass man den Crash ohne jeden Zweifel den bösen Nationalisten wie Trump ankreiden wird, die mit ihrer wahnsinnigen Politik der Abschottung und der Strafzölle für diese große Katastrophe verantwortlich waren.

Vielleicht ist diese Funktion des „Watschenmannes“, des anti-globalistischen Sündenbockes genau das, warum die eigentlich so globalisierungsfreundlichen Plutokraten gerade jetzt einen Trump als ihr personifiziertes Gegenteil vor die Öffentlichkeit stellen. Wenn es kracht, wird man alle Schuld Trump, den Zöllen, dem Protektionismus und dem Nationalismus anlasten, und nicht den Plutokraten und nicht der Globalisierung. Folglich kann die Zukunft nur in der vollständigen Globalisierung, der Zusammenführung der Menschen weltweit liegen. Wenn heute vielerorts der Abgesang auf die Globalisierung angestimmt wird und das Erstarken des Nationalismus beschworen wird, dann sollte man auf der Hut sein. Unterschätze nie jemanden, der einen Schritt zurückgeht. Er könnte Anlauf nehmen.

Die technologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen laufen mit immer größerer Dynamik ab, und wir dürfen gespannt sein, was hier mit oder ohne Krise noch auf uns wartet. Vieles ist bereits heute absehbar und das wird sich auch durch eine Weltwirtschaftskrise nicht ändern. Einiges mag sich verzögern aber es wird nichts aufgehalten. Genau hier gilt es für uns anzusetzen. Wir müssen bereits heute in diese Zukunft schauen, um zu erkennen, wie die Welt von morgen aussehen wird, welche technologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit durchsetzen werden. Im nächsten Schritt identifizieren wir jene Unternehmen, von denen wir annehmen können, dass sie nicht nur gut durch die Krise kommen, sondern auch künftig maßgeblich von den erwarteten Entwicklungen profitieren werden.

Und schon haben wir unsere Wunschliste jener Aktien, die wir im Crash beherzt einkaufen wollen. Im Übrigen gilt all das, was wir im Folgenden diskutieren, nicht nur für die Zeit nach einem MÖGLICHEN Crash. Ich kann es nicht oft genug wiederholen, dass die Analyse von Spannungsfeldern und möglichen Crashszenarien und die Vorbereitung eines Notallplanes hierauf nicht bedeuten, dass wir ihn zwangsläufig bald erleben. Das zu verstehen ist elementar wichtig. Es macht keinen Sinn, sich mit Stahlhelm unter den Tisch zu setzen, nur weil möglicherweise irgendwann ein solches Szenario kommen kann. Daher ist es wichtig, den Plan bereit zu haben, jene Vorbereitungen zu treffen, die einen nicht zu sehr vom üblichen Alltag entfernen, ansonsten aber sein Leben so weiterzuleben, als würde der Crash nie kommen, und mit Optimismus, Lebens- und Zukunftsfreude sein Leben zu genießen. Wir haben nur dieses eine und da ist jeder Tag, den wir nicht mit Lebensfreude feiern, ein verschenkter Tag.

Die nachfolgenden Überlegungen gelten daher grundsätzlich nicht nur, um eine Wunschliste für Krisenzeiten zu haben, sondern auch für künftige Investitionen vielleicht am Ende einer Marktkorrektur von zwanzig Prozent, die nicht unmittelbar in einen Crash übergeht.

Wir haben schon besprochen, dass es in der Vorbereitung auf eine erwartete Krise mit Börsencrash unabdingbar ist, liquide Mittel zu schaffen. Aktien können durchaus als liquide Mittel betrachtet werden, wenn man es richtig angeht, denn man kann sie jederzeit auf Knopfdruck zu Geld machen. Da Aktien in der Krise naturgemäß – gerade auch, weil sie so sehr liquide sind – schnell verkauft werden können, besteht die Gefahr, hier schon früh Verluste zu erleiden. Dem kann man mittels Stop-Loss oder Absicherungsstrategien entgegenwirken. Stop-Loss bedeutet, dass man seine Aktien bei Unterschreiten bestimmter Kurse direkt verkauft, um weitere Verluste zu vermeiden. Ich bin grundsätzlich kein Freund dieser Strategie, wenn es um gute Unternehmen geht, an denen ich lange beteiligt sein möchte. Stop-Loss bedeutet, dass ich die Aktien dieses Unternehmens verkaufe, weil es gerade besonders billig geworden ist, aus Angst, dass es noch billiger wird. Im Gegenteil, ich sollte doch diese Aktien kaufen, wenn es billig wird, und noch mehr kaufen, wenn es noch billiger wird. Deshalb setze ich in diesem Zusammenhang auf eine Absicherungsstrategie, in der ich ausschließlich Aktien der besten Unternehmen kaufe und diese mit Futures-Kontrakten absichere, sobald der Markt nach unten kippt. Die Futures wirken wie eine Art Versicherung, die mir den Schaden durch die Kursverluste meiner Aktien durch Auszahlung ersetzen. Ich behalte also meine Aktien, egal wie tief es geht, und der Schaden wird mir ausbezahlt, wann immer ich das möchte. Auf diese Weise schaffe ich die Liquidität, die ich benötige, um gegen Ende des Crashs billig einzukaufen, ohne dass ich meine Aktienbestände je verkauft hätte.

In einer einfachen idealisierten Beispielüberlegung sieht das dann wie folgt aus: Ich habe heute verschiedene Aktien für insgesamt 100.000 Euro. Der Markt kippt, und ich schließe meine „Versicherungen“ ab, indem ich diese Futures-Kontrakte eingehe. Nun bricht der Markt – ich nehme bewusst unser Maximalszenario zur Verdeutlichung – um neunzig Prozent ein, und mein Aktiendepot hat nur noch einen Wert von 10.000 Euro. Gleichzeitig bekomme ich jedoch 90.000 Euro aus meinen Future-Kontrakten, meiner Absicherung, ausbezahlt und kann mir nun weitere Aktien dafür kaufen. Ich habe also immer noch 100.000 Euro in Aktien, aber jetzt bei einem Markt der nur ein Zehntel der ursprünglichen Bewertung hat. Wenn die Börse sich in den nächsten zwei oder drei Jahren wie in der Vergangenheit von diesem tiefen Niveau aus verdoppelt oder vervierfacht, springt mein Depot auf einen Aktienwert von 200.000 oder 400.000 Euro. Obwohl der Gesamtmarkt noch immer bei minus achtzig Prozent oder minus sechzig Prozent liegt. Wer diese Phase einfach nur mit seinen Aktien aussitzt, der wird, selbst wenn der Markt sich nach vielen Jahren wieder erholt haben mag, gerade einmal sein ursprüngliches Geld zurückhaben, während ich mit meiner Strategie aus 100.000 Euro eine Million gemacht und die Krise perfekt genutzt habe.

Genau so könnte man es machen, wenn man gar keine Aktien besitzt, sondern einfach mit dem Geld auf der Bank auf den Crash wartet, mag man meinen. Aber was, wenn es eben nicht zum Crash kommt? Oder erst in zehn oder zwanzig Jahren? Dann schaut man staunend zu, wie die Wirtschaft sich weiterentwickelt, die Seidenstraße entsteht, das billige Notenbankgeld weiter die Kurse in immer neue Höhen treibt und die Inflation die Ersparnisse wegfrisst.

Eine weitere Gefahr für hohe Geldbestände auf den Konten sind die neuen Bail-In Regelungen für europäische Banken. Bei künftigen Bankenpleiten werden auch diejenigen zur Kasse gebeten, die der Bank Geld geliehen haben. Geld auf ihrem Konto ist nichts anderes als Geld, das Sie der Bank geliehen haben. Geht Ihre Bank pleite, ist Ihr Geld weg. Die Einlagensicherung soll hier kleinere Summen schützen, wir wissen aber, wie schnell die Einlagensicherung überfordert ist, sobald größere Häuser oder mehrere Banken in Schwierigkeiten geraten.i Mit Aktien oder auch Aktienfonds haben Sie das Risiko nicht, die werden von Ihrer Bank nur als „Sondervermögen“ für Sie verwaltet. Die Bank verwahrt sie sozusagen für Sie. Geht die Bank pleite, bekommen Sie die Aktien wieder auf eine andere Bank Ihrer Wahl übertragen. Mit Bargeld ist das, wie beschrieben, etwas anders: Das verwahrt die Bank nicht für Sie, das leihen Sie der Bank, indem Sie es auf Ihr Konto einzahlen – mit allen Risiken, die Sie immer haben, wenn Sie jemandem Geld leihen.

 

ihttps://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/thema/bail-in/

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