Die Tagesschau meldet:
„Bei der Deutschen Bank ist ein massiver Stellenabbau angelaufen. Die Zahl der Vollzeitstellen soll von jetzt noch mehr als 97 000 auf deutlich unter 90 000 verringert werden. Konzernchef Sewing kündigte an, vor allem Jobs beim Aktienhandel und im Investment-Banking zu streichen. Viele Aktionäre zeigten sich... unzufrieden...“
Die Stellenzahl wird „verringert“. Bloß nicht melden, was Sache ist: Weit mehr als 7000 Menschen werden ihre Arbeitsplätze verlieren. Sie werden arbeitslos oder auf ungeliebte Posten verschoben, weil einem alerten Banker vom Typ Jungdynamiker nichts Besseres einfällt, wie die Profite der Bank wieder so gesteigert werden könnten, dass die Aktionäre den Hals voll kriegen.
Der Mann verdient mehrere Millionen Euro pro Jahr. Die Tagesschau, wichtigster Nachrichtenanbieter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, berichtet aus seinem und dem Blickwinkel von Aktionären und Managern, vulgo: Beutelschneidern. Das Schicksal von tausenden Lohnabhängigen interessiert sie einen Dreck. Kein wahrscheinlich Betroffener kommt hier zu Wort.
Dass die Deutsche Bank einem Gangster-Syndikat ähnelt, ist keine neue Erkenntnis. Ihre fiesen Geschäfte im Investment-Banking haben zu diesem Ruf beigetragen. 20 Milliarden Euro an Aktienwert haben die Boni-Raffer des Direktoriums in ihrer Gier in jüngster Zeit „verbrannt“. Um den Abwärtstrend zu stoppen, greifen sie nun zum probatesten Mittel eines kapitalistischen Wirtschaftssystems: Sie drangsalieren Arbeitnehmer, verschlechtern deren soziale Existenz und vernichten Arbeitsplätze.
Dass ARD-aktuell darüber berichtet, dass fast zehn Prozent des Personals der Deutschen Bank zu Lückenbüßern eines unfähigen Bankmanagements gemacht werden sollen, versteht sich. Entscheidend ist nur die Perspektive der Berichterstattung, aus der Chefredakteur Dr. Gniffke seine ARD-aktuell-Qualitätsjournalisten über den rigiden, asozialen Kurs der Bank informieren lässt.
Das Schicksal der für überflüssig erklärten Arbeitnehmer wird in ihren Nachrichten abgehandelt nach Maßgabe von Bilanzregeln und Kostenfaktoren: “...Was nach einem Umbau mit der Brechstange klingt, scheint bitter nötig zu sein, denn die Bank hat vor allem ein Kostenproblem." Kein Wort verliert die Tagesschau darüber, dass die jetzt diskutierte Massenentlassung mutmaßlich nur die Spitze des Eisberges ist.
Im Dezember 2017 sagte der vorige Vorstandschef John Cryan der Financial Times, seiner Ansicht nach seien bei der Deutschen Bank die Hälfte der 97.000 Arbeitsplätze „überflüssig“. Verschwiegen wird auch, dass die Aktionäre der Deutschen Bank in diesem Jahr immerhin noch rund 1,5% Dividende einsacken, das Siebenfache dessen, was derzeit ein Sparbuchbesitzer zu erwarten hat.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, eine demokratische Errungenschaft, Einrichtung des Volkes für das Volk? Von wegen: In seinen Nachrichten, auch in denen der Tagesschau, kommt das Schicksal der gekündigten Arbeitnehmer nicht vor, sondern es dominieren die Interessen der Kapitaleigner. Ausgiebig darf Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wert-Papier-Besitz seine Kritik am Management der Bank äußern. Eine Minute Maulen und Labern aus der Sicht von Pfennigfuchsern, ehe die Tagesschau-Reporterin ihn allen Ernstes fragt: „7000 Stellen streichen, ist das der richtige Weg?“
Diese absolut bescheuerte Frage macht wasserklar, dass sich in solchen Nachrichtensendungen alles um kapitalistische Methodik dreht, nicht um soziale und humanitäre Anliegen. Die Antwort des Lobbyisten enthält das bekannte neoliberale Lamento: Zum Arbeitsplatzabbau bestehe keine Alternative, vergleichbare Banken kämen mit der Hälfte der Beschäftigten aus ... Es folgt seine Eloge auf den neuen Bankchef und Arbeitsplatzvernichter Sewing. Journalisten der ARD-aktuell halten solchen Typen bereitwillig das Mikrofon hin und stören sie nicht mit lästig-kritischen Nachfragen. Der Nachrichtenjournalismus steht nicht im Dienste der Aufklärung, sondern im Dienst der wirtschaftlichen Eliten.
Bei Dr. Gniffkes Qualitätsjournalisten reichte es nicht einmal dazu, eine Stellungnahme der Gewerkschaft ver.di einzuholen, der zuständigen Arbeitnehmerorganisation für die Beschäftigten des Bankengewerbes. Wundern darf man sich darüber nicht. Die ver.di-Verantwortlichen waren mutmaßlich in die Pläne der Deutschen Bank eingeweiht und tragen sie mit. Das geht aus der Aussage des Vorstandschefs Christian Sewing hervor: „Konkrete Maßnahmen zum Mitarbeiterabbau kommunizieren wir immer dann, wenn wir ein Etappenziel erreicht und es mit den Arbeitnehmervertretern abgestimmt haben.“
Verdi-Chef Bsirske, Mitglied im Aufsichtsrat der Bank mit weiteren sieben Gewerkschaftsvertretern, lobte Bankenchef Sewing als "ausgezeichnete Wahl", noch bevor der sein Amt angetreten hatte. Alles eine Soße: Banker, Lobbyisten, Gewerkschaftsfunktionäre, Journalisten. Man kennt sich, man sieht sich, man versteht sich. Auch bei der ärgsten Lumperei, die Menschen ins Unglück stürzt.
Vollends aus dem Blick bleibt das Drecksgeschäft, in dem auch die Deutsche Bank-Manager bis zum Stehkragen stecken. "Ich krieg' die Krise. Raus aus Kohle, Waffen und Steueroasen!" forderte die Bürgerinitiative Attac während der Hauptversammlung der Deutschen Bank. Attac verlangt ein Ende des Gemeinwohl schädigenden Geschäftsmodells der Bank: mehr als fünf Milliarden Euro in die Rüstungswirtschaft investiert; Spitzenreiter bei der weltweiten Finanzierung des Atomwaffenbaus; Drehkreuz zumindest illegitimer Finanzströme; Steuertrickser mit Niederlassungen in Steueroasen wie Luxemburg und den britischen Jungferninseln; Dienstleister und Hilfesteller einer Kundschaft, die sich mit Steuerhinterziehung und Geldwäsche bereichert.
Wer Attac ist und welche Informationen diese Organisation bereithält über die dunkle Seite der Deutschen Bank, weiß man natürlich bei der Tagesschau. Darum erscheint nur konsequent, dass dieses transatlantisch-kapitalistisches Doping verbreitende Propaganda-Institut kein Wort über die Gegendemonstration der Attac gegen die Aktionärsversammlung der Deutschen Bank verlor. Kritiklosigkeit gegenüber den Mächtigen hierzulande ist ein Markenzeichen der Tagesschau.
Quellen: https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-25733.html
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/deutsche-bank-263.html
https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-406669.html
http://www.attac.de/index.php?id=394&no_cache=1&tx_ttnews%5Btt_news%5D=9611
Das Autoren-Team:
Friedhelm Klinkhammer, Jahrgang 1944, Jurist. 1975 bis 2008 Mitarbeiter des NDR, zeitweise Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und des ver.di-Betriebsverbandes sowie Referent einer Funkhausdirektorin.
Volker Bräutigam, Jahrgang 1941, Redakteur. 1975 bis 1996 im NDR, zunächst in der Tagesschau, von 1985 an in der Kulturredaktion für N3. Danach Lehr- und Forschungsauftrag an der Fu-Jen-Uni in Taipeh.
Anmerkung der Autoren: Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour).
Kommentare
Klar und deutlich!
szpaul
Danke für Eure immer wieder erstklassige journalistische Arbeit, Euren Mut!
Wer heute noch auf Lohn und Brot angewiesen ist im systematisch verkleinerten Journalistenkarussell kann sich solche Ausflüge in die Wahrheitsverbreitung einfach nicht leisten.
Das ist nur wenigen Gallionsfiguren, wie z.B. Daniele Ganser vorbehalten, die ihr Einkommen über volle Vortragssäle gewinnen.
Und natürlich, nicht zu vergessen, unser D.M.
Auch in den Jahren 2006/2007 gab es als Frühindikatornen bei den Banken Massenentlassungen ... danach brach die große Krise aus! Ich werte die Entlassungswelle der Deutschen Bank nun ebenfalls wieder als Warnsignal, dass die nächste große Krise nicht mehr lange auf sich warten lässt!
Naja, die Masse der mündigen Bürger hierzulande liest nur RP, WAZ oder Bild und wird daher nicht aus dem komatösen Propagandatraum aufwachen. Die tagesschau ist da nur die Spitze der Gehirnwäsche. Ist Euch mal aufgefallen wie die Damen der tagesschau mitlerweile reden? So wie man mit kleinen Kindern und sehr alten Leuten halt redet....
Sind in diesem Land alle Bürger im geistigen Tiefschlaf?
Niemandem fällt das auf?
Niemand wundert sich?
Dazu zählen auch Sprachgebrauch und Deutungshoheit.
Schön, dass die Tagesschau wie alle anderen MSM ihre Hausaufgaben ordentlich erfüllt.
Etwas anderes von diesem Manipulations-und Propagandaformat zu erwarten ist naiv.
War das nicht auch das Credo des "gemeinen Investmentbankers" der bei der Deutschen Bank angestellt war? Jede Firma, die "keine Rendite erwirtschaftet" müsse deutlich verschlankt werden. Kein Mitleid sah ich da mit dem Mitarbeiter der Firma NOKIA, als das Werk in NRW geschlossen wurde, als OPEL reihenweise die Standorte schloss und "verschlankte", als Schlecker pleite ging und es aus der neoliberalen Ecke resp. FDP hieß, die Menschen mögen sich um eine "Anschlussverwendung" selbst bemühen. Auch als man durch riskante Finanzgeschäfte tausende von Arbeitsplätzen zum Wohle der "Eigenkapitalrendite von 25%" und fetten Boni ruinierte interessierte das keinen der jetzt Betroffenen .
Mein Mitleid mit dieser Zunft und den Leuten die da ihr Geld auf schmutzigste Weise verdient haben, hält sich sehr in Grenzen - um nicht zu sagen es geht gegen Null ! Nur zum Verständnis: Die kleine Bankangestellte im Schalterdienst meine ich damit nicht.
Klasse weiter so !
Wäre interessant zu erfahren wieviele dieser Menschen auf der ATTAC-Demo waren… und wieviele davon wieder Mutti gewählt haben. Es dauert halt so seine Zeit bis der Michel dazulernt, in der Vergangenheit war es meist zu spät.
Dank an die Autoren, wieder ein kleiner Beitrag zum unsanften Erwachen!
P.S.: Daniele Ganser lesen und anhören, es lohnt sich ;—).
vielen Dank für Ihre Sichtweise, von meinem aktuelln Stand der Informationen finde ich diese jedoch etwas einseitig. Sollten sich hier neue ergeben haben, bitte teilen Sie diese mit.
Sie sprechen von den armen MA der Dt. Bank, die jetzt für Finanzinteressen geopfert werden, verlieren aber kein Wort darüber, wer diese armen MA sind, ebenso wenig über den Stand der Dt. Bank. Auch sehe ich Attac nicht als moralische Instanz.
Wenn man der Meinung ist, dass die VSA derzeit das Ziel haben, Deutschland massiv industriell zu schädigen (vielleicht zurück zu einem Agraland zu entwickel?) , so passen die massiven "Reparationszahlungen" die die Dt. Bank für die Immobilienkrise an die VSA leisten musste ins Bild. Besonders im Vergleich zu einheimischen VSA Banken, die die Immobilienkrise genauso auslösten. Die Dt. Bank ist mit ihren mehr als fragwürdigen Geschäften in einer Liga mit den anderen Großbanken dieser Welt. Trotzdem leistet sie immernoch eine Finanzierung der dt. Industrie, die ausländische Banken vielleicht nicht in diesem Umfang leisten ? (Ich glaube das war mal die Argumentation, warum die Dt. Bank für uns Systemrelevant ist).
Jetzt schmeißt die Dt. Bank 7000 Bankster raus, überwiegend in dem Land, das ihr sowieso an den Kragen will (VSA). Würde Attac nicht vielleicht sogar sagen, die Welt wird ohne diese 7000 Leute ein kleines Stückchen besser? Erwähnt werden sollte auch noch, dass dafür eine Unsumme für Abfindungen zur Verfügung gestellt wird, bei der mir sowieso schlecht wird. Vielleicht will man den VSA auch einfach nur zeigen: Ihr könnt uns platt machen wenn ihr wollt, aber dann verliert ihr auch gut bezahlte Arbeitsplätze in den VSA.
"Wie lächerlich und weltfremd sind wohl jene, die sich über etwas wundern, was im Leben vorkommt".
Nur weiter so, und am Ende das große Jammern, wenn es dann zu spät ist.
Namen nennen ist so eine Sache. Die Autoren könnten wegen Verleumdung verklagt werden, selbst wenn sie die Wahrheit sagen. Namen können wir User in z. B. Foren nennen, was wir auch tun. :-)
...und ich dachte mir letztens schon, nur mir fiele das auf. Für Kinder und Jugendliche ist/wird die Tagesschau nicht gemacht, also ? Die Zielgruppe sind die 20% Wählergruppe der Renter und möglicherweise bayerische Bauern, die letzte Bastion der etablierten Parteien. Denen, welche sich nicht in den sozialen Netzwerken und Internet bewegen um den Wahrheitsgehalt einer Meldung zu prüfen, denen die noch von früher glauben "so etwas tut man nicht", diejenigen welche man schamlos und ohne Angst vor Konsequenzen betrügen und belügen kann, wird die politische Propaganda aus Sicht eines zehnjährigen Kindes serviert. Wir sind nicht auf dem Weg zu DDR 2.0, diese Hürde ist bereits gefallen. Wir sind auf Orwells Spuren mit einer Gedankenpolizei und totalitären Überwachung, und lassen zu das ein Monster erschaffen wird. Soll später niemand sagen "wir haben ja von nichts gewusst".
Ich stimme den kritischen Kommentaren von user_germany und WilhelmH zu diesem Artikel bei.
Mit der Diktion dieses Artikels wären die Autoren beim „Vorwärts“ damals nicht durchgekommen.
„Beutelschneider“ vs. „Lohnabhängige“ ist bei der Dt.Bank sicherlich eine sehr spezielle Paarung.
Die Klage, dass die Aktionäre der Deutschen Bank in diesem Jahr immerhin noch rund 1,5% Dividende „einsacken“, löst bei mir angesichts des gegenwärtigen Kurses der Aktie Sodbrennen aus.
Aussagen wie: „Maulen und Labern aus der Sicht von Pfennigfuchsern“ mag man einem Kevin Kühnert mündlich vielleicht gerade noch durchgehen lassen, diese Autoren sind definitiv zu alt dafür. Sie sollten gelernt haben sich sozialverträglich zu äußern.
Gute Besserung
Ich meine, es ist absolut in Ordnung, die Stellen in den USA abzubauen, wenn sie von amerikanischer Seite nicht gewünscht sind.
Ansonsten sollten wir hinter unseren Banken stehen.