Es ist schon erstaunlich, wie lange es oft dauert, bis ein Richtungswechsel der wirtschaftlichen Entwicklung sich in der allgemeinen Wahrnehmung wiederfindet. Ein gutes Beispiel für eine generell sehr wohlwollende Darstellung der Situation findet sich in Australien. Neben den im Verhältnis zu den Einkommen arg hoch angesetzten Preisen der Wohnimmobilien, die langsam aber sicher anfangen zu sinken, zeigen auch die Unternehmen down under klare Ermüdungserscheinungen.

Die Katastrophe in Japan wird neben allem anderen Elend auch deutliche Auswirkungen auf die australische Wirtschaft haben. Gut ein Fünftel der australischen Exporte gehen in den asiatischen Inselstaat. Hier ist mit Verwerfungen zu rechnen, wenn auch das endgültige Ausmaß noch in den Sternen stehen. Bei allen Wiederaufbaufantasien, die bereits jetzt hoffnungsfroh durch die Presse geistern, bleibt festzuhalten, dass das japanische Schatzamt schon seit Jahren nicht auf Rosen gebettet ist. Dabei wäre allein mit einer Stabilisierung der Ökonomie schon viel erreicht, wenn auch den Menschen vor Ort natürlich noch viel mehr zu wünschen ist.

So bitter das sein mag, gerne werden externe Schocks seitens der Politik als alleinige Ursache auftauchender wirtschaftlicher Probleme dargestellt. Wenn auch derartigen Ereignissen eine Auslöserfunktion nicht abzusprechen ist, so darf die Situation vor diesen Geschehnissen nicht bedenkenlos rosarot gezeichnet werden. Ein möglicher Verlust bei europäischen Staatsanleihen wäre nicht die Ursache einer auffrischenden Bankenkrise – er würde sich nur deutlich bemerkbar machen, weil neue Verluste auf ein nach wie vor technisch insolventes Bankensystem träfen.

Im Falle Australiens kann sicher nicht die Rede von Insolvenz sein, dazu ist vor allem der Staat zu komfortabel aufgestellt. Dennoch ist auch ein solches Land nicht vor einem Abschwung gefeit. Die aktuellen Daten der australischen Zentralbank (Reserve Bank of Australia -RBA) deuten auf den Beginn einer Schwächephase ebenso hin wie die Erhebungen des NAB Business Survey.

Wie es oft der Fall ist, haben die Jubelarien bereits neue Hochpunkte markiert, die dann leider in der Realität ausblieben. Derzeit fristen sowohl die Erwartungen an die künftige Entwicklung wie auch die Beurteilung der aktuellen Situation ein trauriges Dasein unter der Nulllinie. Der erstaunlich steile Verlauf der Erholung – sicher zum Teil auch der extrem pessimistischen Beurteilung der Lage in 2008 geschuldet – wird nun von einem wieder beschleunigenden Abwärtstrend abgelöst. Die Kapazitätsauslastung und allgemeinen Wirtschaftsbedingungen haben den Daten zu Folge das Hoch aus dem Vorkrisenjahr nicht mehr erreicht. Soviel zu den ebenso lachhaften wie vielbeschworenen XL-Phantasien so mancher Parlamentarier, deren Namen man sich mangels Bedeutung einfach nicht merken kann.

Die sich wieder abschwächende Auslastung der vorhandenen Kapazitäten spricht nicht für einen Investitionsboom im Land der Beuteltiere. Auch diese Vermutung wird von den Datenreihen der RBA bestätigt.

Eine Erholung ist hier nicht zu sehen. Auch der viel gepriesene Bergbausektor wird – vielleicht auf Grund der medialen Präsenz – gerne überschätzt. So haben etwa Einzelhändler oder Bauunternehmen in 2010 deutlich mehr Menschen eingestellt als die Minenbetreiber. Das Gesundheitsgewerbe hat im vergangenen Jahr sogar mehr als doppelt so viele Neueinstellungen vorgenommen. Auch der Gesamtanteil der Minen am australischen Arbeitsmarkt ist überschaubar, laut RBA liegt er bei rund zwei Prozent. Die Gewinne der Bergbaufirmen im Vergleich zum BIP liegen bei rund 7%, die anderer Firmen – ohne den Finanzsektor – belaufen sich auf etwa 12% des BIP, liegen also gut 70% höher.

 

Nun würde ein Abschwung vor allem tief greifende Folgen für die teils übermäßig verschuldete Bevölkerung nach sich ziehen. Gerade in den vergangenen Jahren wurden in den Haushalten Lasten aufgetürmt, die bereits gemessen am bisherigen Einkommen beachtlich sind. Besichert sind die Finanzierung größtenteils mit Immobilien, die sich – wie sich vielleicht mittlerweile herumgesprochen hat – nicht nur durch steigende Preise auszeichnen. In einer konjunkturellen Schwächephase mit gleichzeitig sinkenden Hauspreisen steigen bei einer derartigen Ausgangslage rasch die Verzugs- und Ausfallraten der Kredite. Bereits vor dem Unglück in Japan erhöhte sich der Druck in den Banken – vor allem die Firmenkredite fingen an zu faulen.

Die mittleren Ausfallraten sind bisher noch erträglich. Folgen aber die Privaten den Unternehmen, was angesichts der aktuellen Lage nicht unwahrscheinlicher geworden ist, so wird es schnell eng für die Banken. Die möglichen Anlagealternativen für die Finanzinstitute sind dünn gesät. Das gilt vor allem, wenn nicht gleichzeitig die Risiken übermäßig erhöht werden sollen. Durch westliche Zentralbankeingriffe sind viele Margen so eng, dass das einzige Argument zum Kauf noch ist, dass man im Falle des Scheiterns staatlich gestützt wird. Nicht gerade die Art von Geschäft, die dem ehrbaren Kaufmann Freude bereitet. Fasst man all dies zusammen und garniert es mit der deutlich gesunkenen Zinsmarge australischer Banken sowie anderen drohenden Schwierigkeiten, wie etwa einem jederzeit möglichen Abzug ausländischer Gelder, so wird aus einer rauschenden Party schnell ein übler Kater.

© Bankhaus Rott

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