In den USA kam zuerst der Einbruch bei den Preisen der privaten Wohnimmobilien, dann begann der anhaltende Niedergang der Preise für die gewerblichen Bauten. Um mehr als 40% sind diese  in den vergangenen Jahren gesunken und nach einer kurzen Phase der Stagnation zeigt die Entwicklung nun wieder gen Süden. In China scheint die Entwicklung sich nun anders herum zu vollziehen. Nach den absurden Preisentwicklungen in beiden Teilmärkten kommen nun scheinbar die Gewerbebauten unter Druck.

Angesichts der Tatsache, dass zumindest einige chinesische Offizielle erstens wissen, was eine Blase ist, zweitens auch Bescheid sagen, wenn sie eine derartige Entwicklung ausmachen und drittens auch eine gewisse Bereitschaft zum Handeln an den Tag legen, dürften in China langsam spannende Zeiten anbrechen. Da die Immobilienmärkte untrennbar mit dem subventionierten Bankensektor verflochten sind, wird es wohl zwecklos sein, im fernen Osten eine großartige Nachfrage nach frischen westlichen Kreditpapieren zu erhoffen.

Nachdem die Förderung der Kreditvergabe den chinesischen Offiziellen lange Zeit wünschenswert erschien, plagt man sich seit geraumer Zeit mit den Folgen an den Immobilienmärkten. Absurde zweistellige prozentuale Preissteigerungen treiben die ohnehin für die Einwohner oft unerschwinglichen Wohnräume noch weiter in den Raum des Unbezahlbaren. Wir befinden uns in China nicht, zahlreichen anderslautenden Berichten zum Trotz, auf einer Insel der Glückseligen. Die Einkommens- und Vermögensschere zwischen einigen Städten und dem Land ist riesig, die Sozialtransfers für die strukturschwachen Regionen steigen stetig an und die sozialen Spannungen steigen. Mit einem „Konjunkturprogramm“ in Höhe von mehr als 15% des BIP versuchte man ganz planwirtschaftlich (also wie im Westen), den Kopf über Wasser zu halten.

Die Preisanstiege bei Gebäuden und Bauflächen führen auch in der chinesischen Führung mittlerweile zu mehr Nachdenklichkeit. Chen Zhi, Stellvertretender Generalsekretär der Beijing Real Estate Association äußerte sich gegenüber der offiziellen Nachrichtenagentur Xinhua deutlich.

"There exists a rather big bubble in the city's real estate market. Housing has become more unaffordable for many," he added.


Nicht nur eine Blase, sondern gleich eine ziemlich große Blase erkennt der Mann am chinesischen Immobilienmarkt. Die Offenherzigkeit ist erfrischend, vor allem, wenn man die jahrelangen nichtssagenden Schwafeleien Greenspans noch in den Ohren hat. Der wurde übrigens vor allem deshalb von der Bankenwelt gefeiert, weil er stets sagte, er könne Blasen nur im Nachhinein erkennen während er sie selber förderte.

Nun wurden in China einige Maßnahmen beschlossen, um bei fortbestehender Bereitstellung von Krediten dafür zu sorgen, dass die Gelder nicht mehr in den Immobilienmarkt sondern in andere Bereiche fließen. Unter anderem darf eine Familie nur noch eine Wohnimmobilie in der Stadt kaufen. Gleichzeitig wird die Aufnahme von Hypotheken zur Finanzierung weiterer Immobilien verboten. Des Weiteren ist es unzulässig, Hypothekenkredite an Ausländer oder nicht vor Ort beheimatete Inländer zu vergeben. Ziel dieser Maßnahmen sei es, für ein "resolutely curbing unreasonable housing demand"  zu sorgen. Klare Worte.

Es handelt sich also um einen schlichten wenn vielleicht auch verständlichen Versuch, in die Parameter der Kapitalallokation einzugreifen, eine Lenkungsmaßnahme. Diese führt erfahrungsgemäß zu einer Verschiebung der Ungleichwichte, nicht zu einer Beseitigung. Schlussendlich aber darf man darauf gespannt sein, ob das anscheinend existierende „übergeordnete optimale Allokationsmodell“ auch eine Verwerfung an den Immobilienmärkten beinhaltet. Die Hoffnung allerdings, dass eine derartige Maßnahme einen Markt nur zum Halten bringt und nicht zu deutlichen Preisrückgängen führt, setzt schon ein gerüttelt Maß an Optimismus voraus. Nun könnte die Notwendigkeit weiterer konjunktureller Stützungsmaßnahmen schneller kommen als gewünscht. Die Hauspreise beginnen einigen Quellen zufolge bereits mächtig zu zucken.

So meldete die Beijing News einen Rückgang des mittleren Transaktionspreises für gewerbliche Wohnimmobilien in Höhe von 9,6%. In einer Woche. Der Preis pro Quadratmeter sei um Y1,790 auf nunmehr Y16,898 gesunken. Nur zur Information, rechnet man von Renminbi in Euro um, so ergibt sich ein mittlerer Quadratmeterpreis von rund €2000. Allerhand, immerhin reden wir von China. In Berlin liegt der Preis für einen Quadratmeter einer mittleren gebrauchten Wohnung laut LBS derzeit so um die €1800. Das BIP pro Kopf in China liegt bei rund €2950 – pro Jahr. Der Quadratmeterpreis für Wohnimmobilien in Peking liegt also bei etwa 67% des jährlichen mittleren pro Kopf BIP. Eine Hochrechung auf eine normale Wohnfläche wollen wir uns an dieser Stelle ersparen.

Im Vergleich zum Beginn des Monats April soll der Quadratmeterpreis um mehr als 31% gefallen sein. Auch das Transaktionsvolumen im gewerblichen Wohnimmobilienbereich habe sich Peking merklich reduziert. In den letzten drei Wochen des April soll der Rückgang erst bei 10% und dann bei 12% gelegen haben. Dann sei das Volumen in einem Absturz um fast ein Drittel regelrecht kollabiert.

Die Beijing News ist übrigens nicht sonderlich beliebt bei den Offiziellen, Repressalien gegen eine offene Berichterstattung sind keine Besonderheit.

Zugegebenermaßen, chinesische Statistiken versprühen nicht unbedingt mehr Glaubwürdigkeit als zahlreiche US Daten. So gibt es auch für den genannten Monat wieder zahlreiche Berichte, die erneut einen zweistelligen Anstieg bei den privaten Wohnimmobilien ausmachen. Nun besteht zwischen dem privaten und dem gewerblichen Sektor zweifelsohne ein Unterschied, ein zweistelliger Preisanstieg hüben und ein ebenso deutlicher Preisverfall drüben mutet aber nicht sonderlich wahrscheinlich an.  Ein Vergleich der Kursverläufe von Aktiengesellschaften und Immobilienwerten zeigt jedenfalls eines. Entweder mit der Bewertung der Immobilien an den Börsen stimmt etwas nicht, oder aber die Statistiken sind nur heiße Luft. Wir werden sehen.

 

 

Der chinesische Aktienmarkt zeigt seit dem Herbst 2009 eine ausgeprägte Seitwärtsbewegung. Bei den Immobilienwerten ist die Situation ähnlich, sie zeigen ein ebensolches Bild und keinerlei relative Stärke, was bei tatsächlich realisierten zweistelligen monatlichen Hauspreisanstiegen schon einigermaßen absurd wäre.

Die Auswirkungen der genannten Bremsmaßnahmen und die deutliche Adressierung der Probleme haben das Potenzial, in den kommenden Quartalen zu massiven Verwerfungen an den chinesischen Immobilienmärkten führen zu können. Die Auswirkungen auf den Bankensektor sollten drastisch sein. Angesichts der impliziten Stützung des Sektors, der noch vor wenigen Monaten zur Kreditvergabe aufgefordert (höflich formuliert) wurde, ist im Land der Mitte auch hier mit der Fortsetzung der Politik der Notenpresse zu rechnen.

Nun kann man sagen, dieses Mal ist alles anders. Das war ja bereits zur Jahrtausendwende so, als die Möglichkeit, eine Pizza online zu bestellen, als revolutionärer Akt gefeiert wurde. Aber auch die Aktienkurse zahlreicher im Jahr 2000 noch aberwitzig bewerteter Unternehmen kamen nach einigen Kapriolen wieder auf den Boden der Realität zurück. Falls Ihnen jemand sagen sollte, dass sei bei Immobilien nicht so und China schon gar nicht, denn die Chinesen könnten den Immobilienmarkt abkühlen und dabei die Preise auf einem hohen aber stabilen Niveau halten, dann erinnern sie den Ratgeber an die wundervollen Zeilen des Herrn Irving Fisher vom 16. Oktober des Jahres 1929:

Stocks have reached what looks like a permanently high plateau.

Irving Fisher, Ökonomieprofesser, Universität Yale

Wir halten es da lieber mit dem Satz “an den Märkten geht es munter heute rauf und morgen runter”.  Auf diese Worte können Sie bauen.

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