Die Kapitalmarktexperten sind sich einig - Nur das Land Niedersachsen und die IG Metall nicht – Die Europäische Kommission lässt nicht locker – Das Dumme: Die maßgeblichen Bestimmungen sind auch in der VW-Satzung enthalten

Wer, wie der Autor, vor gut 40 Jahren zum ersten mal gegen das unsinnige VW-Gesetz Stellung bezogen hat, kommt sich inzwischen wirklich so vor wie Don Quichotte beim Kampf gegen die Windmühlenflügel in dem Roman von Miguel de Cervantes. Ok, einige Bestimmungen sind 2007 auf Betreiben der EU-Kommission seitens der Bundesregierung als Beklagte geändert worden, aber eben nur schlitzohrig halbherzig. Es war damals das Recht von Bund und Land Niedersachsen gestrichen worden, jeweils zwei Vertreter in den VW-Aufsichtsrat entsenden zu können. Ferner wurde die Bestimmung aufgehoben, dass als eine Art Höchststimmrecht jeder Aktionär maximal 20 Prozent Stimmrechte ausüben dar, unabhängig davon, wie viele Anteile er tatsächlich besitzt.

 

Keine Sperrminorität mit 20 Prozent

Erhalten blieb aber eine Bestimmung, auf die das Land Niedersachsen aus vielleicht sogar verständlichen Gründen besonderen Wert legt, dass eine 20 Prozent-Schwelle für das Erreichen einer Sperrminorität – normalerweise sind das 25 Prozent – ausreicht. Eine Bestimmung, die natürlich auf das Land Niedersachsen zugeschnitten ist, da das Bundesland 20 Prozent der Volkswagen-Aktien hält ( und es dummerweise zwischenzeitlich versäumt hatte, diesen Anteil doch einmal auf die angestrebte Sperrminoritätsschwelle von 25 Prozent aufzustocken). Sicher hätte das viele Geld gekostet, doch vor Ort wurde immer die Meinung vertreten, das man mit seiner Argumentation schon auch vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg durch komme.

Aber in Brüssel ist man nach wie vor der Meinung, dass diese Bestimmung gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt.  Und da man in Brüssel sehr entschlossen zu sein scheint, hat rund um Wolfsburg ein großes Gezeter eingesetzt.  Die Argumente bleiben die alten, nur werden sie nun von einem Ministerpräsidenten und natürlich VW-Aufsichtsratsmitglied David McAllister (CDU) und nicht mehr von Christian Wulf vorgetragen, der bekanntlich auf den Bundespräsidentenstuhl gewechselt hat. Es ist eigentlich müßig sie zu wiederholen. Bei etwas mehr Kapitalmarktdenke müsste jedem einigermaßen intelligenten Mitteleuropäer doch einleuchten, dass durch diese Bestimmung möglicherweise, nicht unbedingt zwingend, was den Unterschied ausmacht, die Kapitalverkehrsfreiheit im Falle eines Falles behindert werden „kann“. Dagegen sprechen auch nicht die immer wieder gebetsmühlenhaft von McAllister oder früher vom Wirtschaftsminister Hirche vorgebrachten Hinweise, das doch andere Großaktionäre , wie jetzt zum Beispiel das Emirat Quatar mit 17 Prozent, gebe. Für McAllister mag das ein Beweis sein. Für Kapitalmarktbeobachter nicht. Denn was wäre mit VW bzw. seinen Aktien, wenn Niedersachsen nicht von jeher diese zementierte Aktionärsposition gehabt hätte. Wäre da nicht vielleicht doch mal jemand auf die Idee gekommen, sich an einem so technisch hervorragenden Automobilunternehmen eventuell sogar mehrheitlich zu beteiligen??? Was ja nicht zum Nachteil der freien Aktionäre gewesen wäre, oder?

 

Der Bundesrepublik drohen hohe Bussgelder

Die Eu-Kommission scheint nun wirklich entschlossen, die Sache konsequent weiter zu verfolgen. Die Bundesrepublik Deutschland dürfte also vor dem EuGH verklagt werden, wobei ausgesprochen hohe Bußgelder in den Raum gestellt werden. Berlin sollte sich in seinen Einschätzungen und Beurteilungen nicht so sehr von Juristen beraten und verführen lassen. Was macht es nur für einen Eindruck in der Welt, wenn der Exportweltmeister Deutschland, der gerade seit der jüngsten Krise sich wieder durch hervorragende Exportleistungen aus der Krise gezogen hat, wegen Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs, den Deutschland ansonsten vehement überall in der Welt  und braucht, vor den europäischen Kadi gezogen wird. Selbst wenn das VW-Gesetz formaljuristisch keine Einschränkung des Kapitalverkehrsfreiheit beinhalten sollte, täte die Bundesrepublik gut daran, sich vor den Augen der Weltöffentlichkeit nicht so deklassieren zu lassen. Schließlich geht es „nur“ um ein einziges der vielen Unternehmen in Deutschland, dem zudem darüber hinaus aber auch kein Schaden zugefügt wird, wenn dieses vermaledeite Gesetz endlich verschwindet. Und für die entsprechenden Passagen in der Satzung von VW werden pfiffige Juristen ja wohl auch eine Lösung finden.

 

Ein Gesetz aus der Zeit des Wirtschaftswunders

Und wer mal genau hinsehen will, was dieses VW-Gesetz sonst noch so alles zum Inhalt hatte, für den fügen wir es in der alten Originalfassung bei. Legen sie sich zurück und versuchen sie den Geist der Zeit zu erfassen, in der dieses Gesetz auf Kiel gelegt wurde. Wir hatte in Deutschland soeben unser schönes Wirtschaftswunder nach dem zweiten Weltkrieg hingelegt und wir hatten Angst, das uns jemand unseren neuen Wohlstand streitig machen könnte, deshalb die protektionistische Denke. .Es war der Geist, wie er in dem Buch von Servan Schreiber zum Ausdruck kam: „Die amerikanische Herausforderung“. Der jüngeren Generation zum Nachlesen empfohlen. Aber: Dieser Geist passt heute nicht mehr in die Landschaft.

 

Gesetz über die Überführung der Anteilsrechte an der Volkswagenwerk

Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand

VWGMBHÜG

 

Fundstelle: BGBl I 1960, 585

 

1   Umwandlung in eine Aktiengesellschaft

Fassung: 2. August 1966

Gültig ab 1. Juni 1966

 

(1) Die Volkswagenwerk Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist unverzüglich in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln.

(2) Das Grundkapital ist unter Auflösung eines Teils der Rücklagen so festzusetzen, daß die Rücklagen in einem angemessenen Verhältnis zum Grundkapital stehen.

(3) Die Aktien der Gesellschaft dürfen nicht auf einen höheren Nennbetrag als einhundert Deutsche Mark und nicht auf Namen lauten.

(4) Im übrigen finden auf die Umwandlung der Gesellschaft die §§ 269 bis 276 des Aktiengesetzes Anwendung.

 

Fußnote

 

§ 1 Abs. 3: IdF d. § 1 G v. 2.8.1966 I 461 mWv 1.6.1966

§ 2   Stimmrecht, Stimmrechtsbeschränkung

Fassung: 31. Juli 1970

Gültig ab 5. August 1970

 

(1) Gehören einem Aktionär Aktien im Gesamtnennbetrag von mehr als dem fünften Teil des Grundkapitals, so beschränkt sich sein Stimmrecht auf die Anzahl von Stimmen, die Aktien im Gesamtnennbetrag des fünften Teils des Grundkapitals gewähren.

(2) Zu den Aktien, die einem Aktionär gehören, rechnen auch die Aktien, die ein Dritter für Rechnung des Aktionärs innehat. Ist ein Unternehmen Aktionär, so rechnen zu den Aktien, die ihm gehören, auch die Aktien, die ein beherrschendes, ein von ihm abhängiges oder ein mit ihm konzernverbundenes Unternehmen, oder die ein Dritter für Rechnung solcher Unternehmen innehat.

(3) Zur Umgehung der Stimmrechtsbeschränkung dürfen Aktien der Gesellschaft nicht übertragen werden. Die Rückforderung verbotswidrig übertragener Aktien ist ausgeschlossen.

(4)

 

Fußnote

§ 2 Abs. 1: IdF d. § 1 Nr. 1 G v. 31.7.1970 I 1149 mWv 5.8.1970

§ 2 Abs. 4: Aufgeh. durch § 1 Nr. 1 G v. 31.7.1970 I 1149 mWv 5.8.1970

§ 3   Vertretung bei der Stimmrechtsausübung

Fassung: 31. Juli 1970

Gültig ab 5. August 1970

 

(1) Niemand darf das Stimmrecht im eigenen Namen für Aktien ausüben, die ihm nicht gehören. Wer das Stimmrecht für Aktien ausübt, die ihm nicht gehören, bedarf, sofern er nicht gesetzlicher Vertreter des Aktionärs ist, einer schriftlichen Vollmacht des Aktionärs. Die Vollmacht gilt nur jeweils für die nächste Hauptversammlung.

(2)

(3) Wer Aktionäre geschäftsmäßig vertritt, darf das Stimmrecht auf Grund einer Vollmacht nur ausüben, wenn der Aktionär ihm gleichzeitig mit der Vollmacht schriftlich Weisungen zu den einzelnen Gegenständen der Tagesordnung erteilt hat. Die Vollmacht und Weisungen dürfen frühestens mit den Mitteilungen nach § 128 des Aktiengesetzes eingeholt werden.

(4) Die Vollmachtsurkunde muß den Namen, den Wohnort sowie den Betrag der Aktien und der Stimmen des vertretenen Aktionärs enthalten. Der Vertreter hat die Vollmachtsurkunden der von ihm vertretenen Aktionäre alphabetisch geordnet der Gesellschaft vorzulegen. Die Vollmachtsurkunden sind in der Hauptversammlung vor der ersten Abstimmung zur Einsicht für alle Teilnehmer auszulegen. In das Teilnehmerverzeichnis (§ 129 des Aktiengesetzes) ist nur der Vertreter aufzunehmen; er hat den Betrag und die Gattung der Aktien, die ihm nicht gehören, sowie die Zahl der von ihm vertretenen Stimmen zur Aufnahme in das Verzeichnis gesondert anzugeben. Die Gesellschaft hat die Vollmachtsurkunden drei Jahre nach der Hauptversammlung aufzubewahren; ist bei Ablauf der Frist eine Klage auf Anfechtung eines in der Hauptversammlung gefaßten Beschlusses rechtshängig, so verlängert sich die Frist, bis über die Klage rechtskräftig entschieden ist oder sie sich auf andere Weise endgültig erledigt hat. Jedem Aktionär ist auf Verlangen Einsicht in die Urkunden zu gewähren.

(5) Niemand darf in der Hauptversammlung das Stimmrecht für mehr als den fünften Teil des Grundkapitals ausüben.

 

Fußnote

§ 3 Abs. 1: IdF d. § 38 Abs. 1 Nr. 1 G v. 6.9.1965 I 1185 mWv 1.1.1966

§ 3 Abs. 2: Aufgeh. durch § 38 Abs. 1 Nr. 2 G v. 6.9.1965 I 1185 mWv 1.1.1966

§ 3 Abs. 3 Satz 2: IdF d. § 38 Abs. 1 Nr. 3 G v. 6.9.1965 I 1185 mWv 1.1.1966

§ 3 Abs. 4: IdF d. § 38 Abs. 1 Nr. 4 G v. 6.9.1965 I 1185 mWv 1.1.1966

§ 3 Abs. 5: IdF d. § 1 Nr. 2 G v. 31.7.1970 I 1149 mWv 5.8.1970

 

§ 4   Verfassung der Gesellschaft

Fassung: 1. Januar 1964

Gültig ab 1. Januar 1964

 

(1) Die Bundesrepublik Deutschland und das Land Niedersachsen sind berechtigt, je zwei Aufsichtsratsmitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden, solange ihnen Aktien der Gesellschaft gehören.

(2) Die Errichtung und die Verlegung von Produktionsstätten bedürfen der Zustimmung des Aufsichtsrats. Der Beschluß bedarf der Mehrheit von zwei Drittel der Mitglieder des Aufsichtsrats.

(3) Beschlüsse der Hauptversammlung, für die nach dem Aktiengesetz eine Mehrheit erforderlich ist, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals umfaßt, bedürfen einer Mehrheit von mehr als vier Fünftel des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals der Gesellschaft.

 

§§ 5 bis 12

Fassung: 31. Juli 1970

Gültig ab 5. August 1970

-

Fußnote

 

§§ 5 bis 12: Aufgeh. durch § 1 Nr. 3 G v. 31.7.1970 I 1149 mWv 5.8.1970

 

§ 13   Berlin-Klausel

Fassung: 31. Juli 1970

Gültig ab 5. August 1970

 

Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin.

 

Fußnote

 

§ 13: Früherer Satz 2 aufgeh. durch § 1 Nr. 3 G v. 31.7.1970 I 1149 mWv 5.8.1970

 

§ 14   Inkrafttreten

Fassung: 1. Januar 1964

Gültig ab 1. Januar 1964

 

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

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