Die Betroffenen in Wirtschaft, Vereinen und Verbänden zucken nur noch zusammen, wenn die Rede auf das Gesetzesmonster DSGVO, Datenschutzgrundverordnung, kommt. Der „geschützte“ Bürger, also wir alle, werden mit Datenschutzerklärungen und Aufforderung zur Einwilligung überschwemmt.
Was ist geschehen, was ist an einem Datenschutzgesetz so schlimm, das persönliche Daten zum Grundrecht hochstilisiert und darauf eine gigantische Aufsichtsbürokratie aufbaut mit 60.000 (in Worten: sechzigtausend!) staatlichen Datenschützern allein in Deutschland, über die ganze Republik verteilt?
Alles an der DSGVO ist schlimm!
Das neue Recht kollidiert massiv mit dem alten. Und das alte ist unser echtes Grundgesetz, welches in Artikel 5 die Meinungsfreiheit schützt. Dort heißt es: „Jeder (Mensch) hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten ...“ Was unser Grundgesetz hier verbrieft, ist ein echtes Menschenrecht als Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe.
Jeder Verfassungsjurist kennt den Ursprung unseres Grundgesetzes, den Verfassungskonvent im August 1948 auf Herrenchiemsee, einer Insel, im übertragenen Sinne: einer Enklave. Der Kovent tagte unter dem unmittelbaren Eindruck der Rechtlosigkeit der untergegangenen NS-Tyrannen-Herrschaft, und das auch noch unter kargen äußeren Bedingungen, der wirtschaftlichen Not der Nachkriegszeit geschuldet.
Entsprechend seiner Bedeutung als Garant des demokratischen Rechtsstaats wurde die Meinungsfreiheit schon im Entwurf ganz oben angesiedelt, hinter der Glaubensfreiheit in Artikel 4 und dem staatlichen Willkürverbot in Artikel 3.
Die damalige Welt war analog, also ungeteilt. Was man kannte, waren drei Komponenten der Kommunikation, Wort, Schrift und Bild. Was die Väter des Grundgesetzes nicht kannten, nicht kennen konnten, war eine vierte Form, waren digitale Daten, war die Digitalisierung unserer Welt.
Na klar, unbekannt war ihnen „das“ technologische Phänomen unserer Zeit, das Zerlegen der analogen Welt in zwei minimale banale Komponenten, nämlich Null und Eins beziehungsweise Nichts und Etwas. Sowohl das Wort wie auch die Schrift wie auch das Bild lassen sich in Datenpakete umwandeln, bestehend aus Hunderttausenden, Millionen, Milliarden oder Trillionen „Nichts-se und Etwas-se“, Nullen und Einsen. Datenpakete sind der Inhalt der neuen digitalen Welt – die unser Grundgesetz nicht kennt, weil seine Väter sie nicht kannten.
Die Nazis hätten online alles gesammelt
Und also stellt sich die Frage, was oder wie die Väter gedacht oder formuliert hätten, wenn sie die digitale Welt gekannt hätten. Die Frage lässt sich dann beantworten, wenn man sich vorstellt, was die bürokratisch hochorganisierte NS-Welt damit angestellt hätte. Und die Antwort ist einfach: Sie hätte alle Daten ihrer Bürger gesammelt, indem es die Daten von allen Servern dieser Welt einsammelt, die ans World Wide Web angeschlossen sind - genau so wie es Google schon seit mehr als 20 Jahren macht.
Und als nächstes hätte das Regime sich den Zugang zu allen Computern der Nutzer verschafft, die irgend eine Bedeutung haben, also von Unternehmen, Verbänden, Vereinen, Kirchen und sonstigen Organisationen. Dann hätte man alle personenbezogenen Daten unter staatlichen Schutz gestellt, um ja auch jeden Abweichler ausfindig machen zu können.
Wie hätten die Nazis das im Detail anstellen können? Nun, sie hätten nur die persönlichen Daten als neues „Grundrecht“ definieren und sodann alles perfekt in NS-Manier organisieren müssen: Jeder Nutzer wäre verpflichtet worden, die Daten nach einem übersichtlichen Schema, gut strukturiert abzulegen. Das Verzeichnis hätte a jour gehalten werden müssen, so wie die Daten selbst. Es wären Melde- und Informationspflichten festgelegt worden sowie und Ausnahmen davon. Es wäre ein Behördenapparat aufgebaut worden, der nicht jeden Einzelnen hätte überwachen können, aber zumindest in der Lage wäre, Stichproben zu machen.
Der Behördenapparat hätten in jeder Organisation einen Ansprechpartner genannt bekommen, der als Verantwortlicher zu behördengerechter Zuarbeit verpflichtet worden wäre. Vielleicht wäre er „Datenschutzbeauftragter“ genannt worden. Diese Maßnahmen hätten für eine Totalüberwachung gereicht, und wenn man dazu noch Verstöße gegen die gesetzliche Verpflichtung mit hohen Strafen sanktioniert hätte, wären die existenzielle Folgen unausweichlich geworden.
Der NS-Staat hätte es genauso gemacht
Und genau so ist die neue Datenschutzgrundverordnung angelegt. Der NS-Staat hätte es nicht besser machen können. Als erstes wird eine Überwachungsbürokratie aufgebaut, Aufsichtsbehörden gemäß Art. 51 fortfolgende DSGVO, europaweit installiert und mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet.
Die behördliche Überwachung wird technisch-organisatorisch möglich, weil die Nutzer übersichtliche Verzeichnisse über ihre Daten zu führen haben, Art. 50 DSGVO, und weil ihnen Millionen private Datenschutzbeauftragte zuzuarbeiten haben, Art. 37 bis 39 DSGVO.
Die staatliche Überwachung wird unterstützt durch private Informationspflichten, Auskunfts- und Löschungsrechten, Art. 12 und 15 DSGVO, die für Totaltransparenz sorgen. Geldbußen für Verstöße aller Art gegen vorstehende Pflichten müssen „abschreckend“ sein, Art. 83 DSGVO. Die Angst geht um.
Schwer angreifbar wurde der Ansatz, weil das Gesetz die Daten einer jeden Person zum überhöhten Schutzobjekt gemacht hat, indem es ihnen Grundrechtscharakter verliehen hat (Quelle: Erwägungsgrund 1). Nur, hinter jeder Person stehen nicht nur Daten, sondern auch Inhalte. Dass mit der Einsicht in die Personendaten zugleich alle damit verbundenen Inhalte in Wort, Schrift und Bild der staatlichen Bürokratie ausgeliefert werden und damit die Meinungsfreiheit ad absurdum geführt wird, macht die DSGVO fundamental verfassungswidrig.
Ergo: Wenn die Väter des Grundgesetzes schon zu NS-Zeiten es so erlebt gehabt hätten, wie die neue staatliche Totalität nun in Deutschland und Europa mit der DSGVO Wirklichkeit geworden ist, hätte man den Artikel 5 des Grundgesetzes womöglich wie folgt formuliert: Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei analog oder digital abzuspeichern, sie frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.
Gastbeitrag von RA Florian Josef Hoffmann.
Kommentare
"Und das alte ist unser echtes Grundgesetz, welches in Artikel 5 die Meinungsfreiheit schützt. Dort heißt es: „Jeder (Mensch) hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten ...“ "
Ja, das ändert auch nicht. Als Mensch hat man das Recht und das muss auch nirgends geschrieben werden. Aber als Person der BRD und damit auch EU-Vereinsmitglied ist man der Willkür dieser Organisationen unterworfen.
Und die Personen-Daten gehören logischerweise dem Eigentümer der Person.
Und wer ist das?
Sie/Ihr?
Sicher nicht, aber der Staat.
Wenn man sich freiwillig mit dieser Person identifiziert und mit diesem identisch oder als Treuhänder handelt, untersteht man auch den Regeln seines Besitzers....
1. Das Datenschutzrecht ist eine Ausformung des Rechts auf Privatsphäre als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, und nicht der Meinungsfreiheit. Wenn anders gemeint, wie genau kollidiert es nun mit anderem Grundrecht?
2. ‚Digital‘ ist keine vierte „Komponente der Kommunikation“. Es gibt bis heute nur drei Kommunikationswege: Wort, Bild, Schrift. Digital ist keine Kommunikationsart sondern eine Übertragungsart. Damals analog, heute digital. Das mussten die Vorväter und -mütter nicht vorhersehen.
3. Ich verstehe das damatisierte Bild des Autors eines vermeintlichen Überwachungsstaates und der Vergleich mit einem NS-Staat. Dennoch ist die Darstellung , dass die Aufsichtsbehörden sämtliche Befugnisse hätten und den Zugriff auf alle Daten, falsch. Das Gesetz sieht für die Aufsichtsbehörden die Kontrollmöglichkeiten der in den Unternehmen vorgesehenen Instanzen, organisatorischen und technischen Mittel vor. Nicht aber die Einsicht und Übernahme von personenbezogenen Daten der Nutzer. Auf diese hat (soll) die Aufsichtsbehörde keinen Zugriff haben. Die Aufsichtsbehörde soll sicherstellen dass solche Vorkehrungen getroffen sind, dass der Nutzer in der Lage ist seinen durch die DSGVO erweiterten Auskunftsanspruch ausüben zu können. Also tatsächlich pro Privatsphäre.
Ich bin mit dem demokratischen Aufwand der DSGVO auch nicht zufrieden und sehe auch, dass eher kleinere Unternehmen hier es schwerer gemacht wird. Aber ohne genaues Zitieren von Rechtsvorschriften kann ich nicht nachvollziehen wie der Autor auf seine Annahmen kommt. Ansonsten trägt der Artikel nicht zu einer sachlichen Auseinandersetzung bei, sondern verursacht nur Vorurteile beim Schnell- und Headline-Leser..
Ja es wurde in der Nachbarschaft abgegeben, aber den Namen und Adresse des Empfängers bekomme ich nicht - Datenschutz....
https://www.bundestag.de/grundgesetz
Hier würde es schwarz auf weiß stehen, falls jemand deinen Beitrag prüfen möchte.
Danke für den Link.
Es ist schön wenn sich Leute mit diesen Themen befassen und auch selbständig nachforschen.
Auf der Homepage (und nicht im Grundgesetz oder sonst einem Gesetz und damit keine Rechtsverbindlichkeit herstellend!!!) steht:
"Das Grundgesetz (GG) ist die Verfassung für die Bundesrepublik Deutschland. Es wurde vom Parlamentarischen Rat, dessen Mitglieder von den Landesparlamenten gewählt worden waren, am 8. Mai 1949 beschlossen und von den Alliierten genehmigt."
Der Bundestag kann der Auffassung sein wie er will. Deswegen muss es nicht stimmen (man denke an die diversen mittlerweile fast üblichen Rechtsbrüche und Lügen welche durch diese Kanäle verbreitet wurden und werden).
Wenn es das gleiche wäre, hätte man spätestens bei der Teil-Wiedervereinigung eine Umbenennung vornehmen können.
Ich verweise auch auf Artikel 146 GG:
Fassung bis 1990 - Dieses Grundgesetz verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.
Fassung ab 1992 - Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.
Ebenso hörenswert Carlo Schmid vor dem Beschluss des GG:
https://www.youtube.com/watch?v=gWklZtdjhS0
Carlo Schmid - Das Grundgesetz
Die Fakten sind eigentlich ganz klar und es ist erstaunlich wie einfach sich die Leute verwirren lassen.
Ein unverbindlicher Hinweis auf der eigenen Propagandaseite oder einige ideologisch motivierte oder indirekt bezahlte Schreiberlinge auf Wikipedia reichen wohl.
Und all diese Instrumente sollen nun plötzlich und zeitgleich versagen ?
Hält die Demokratie eigentlich, was sie verspricht?
1. Ich gebe zu, dass eine Überschrift, die das Wort „verfassungswidrig“ enthält, eine rechtliche Auseinandersetzung erwarten lässt, die aber nur oberflächlich oder gar nicht stattgefunden hat. Man kann eben auf zwei DIN A4-Seiten ein so großes Thema nur anreißen, aber nicht umfassend rechtlich begründen.
2. Und schon gar nicht, wenn sich so ein Gesetz als Musterbeispiel für die Organisationsanweisung für einen totalitären Staat entpuppt. Dann liegt kein Verstoß gegen ein Grundrecht oder ein paar Grundrechte vor, sondern dann ist das Staatswesen an sich - einschließlich aller Grundrechte - in Gefahr. Genau das ist hier gegeben. Denn der Ablauf, wie man einen totalitären systematisch Staat aufbaut, ist aus der Geschichte des 3. Reiches in vielen Details bekannt. Es waren damals analoge Datenpakete in Form von Millionen persönlichen Daten auf kleinen Karteikarten, mit denen die Macht der Gestapo und der KZ-SS begründet wurde. Nichts anderes findet hier statt. Dad Ganze ist daher insgesamt und umfassend verfassungswidrig, ohne dass es des Hinweises auf eine einzelne grundgesetzliche Vorschrift bedarf – abgesehen davon, dass speziell die allgemeinen Freiheitsrechte tangiert sind.
3. Allerdings geht der Hinweis auf die allgemeinen Persönlichkeitsrechte Art. 2 und 1 fehl, was die Datenschutzrechte anlangt. Die genannten Vorschriften sind Freiheitsgarantien und Abwehrrechte gegen den Staat und keine Staatsgarantien.
4. Natürlich hat der Staat Schutzaufgaben. Die ergeben sich aber aus den allgemeinen Gesetzen: Schutz von Leben, Eigentum, Ehre, Privatsphäre, Umwelt, etc. Da gibt es nirgendwo eine spezielle gesamtstaatliche Organisationsanweisung, um genau dieses oder jenes schutzwürdige Gut aktiv zu schützen.
5. Veranlasst durch die DSGVO haben wir stattdessen jetzt in Deutschland Hunderttausende Datenschutzerklärungen herumgeistern. Nach unserem Rechtsverständnis könnten sie alle durch ein einziges einfaches Gesetz ersetzt werden, das den Umgang mit Daten normiert. Genau so geht Gesetzgebung bei uns in Deutschland bisher. Bei uns muss niemand versichern, dass er sich gesetzlich verhält. Das wird vorausgesetzt. Das wäre andernfalls so, als wenn der Führerschein-Neuling extra versichern müsste, dass er sich an die StVO zu halten gewillt ist, andernfalls würde ihm der Führerschein nicht ausgehändigt.
6. Die Gefahr für die Meinungsfreiheit habe ich beschrieben. Sie beruht einfach auf dem lebensfernen, verqueren Umgang mit Personendaten. Die DSGVO regelt in unerträglicher Weise den privaten Umgang mit Daten, bei großen und kleinen Unternehmen, Handwerkern, Vereinen und sonst wo. Alles verfassungswidrige Eingriffe in die Privatsphäre – ohne dass ich sie als solche bezeichnet habe.
7. „Digital“ ist eine andere Qualität – jedenfalls nach der DSGVO, weshalb darin analoge Bilder anders behandelt werden, als digitale. Es besteht also Regelungsbedarf, zumindest interpretationsbedarf. Das geht beispielsweise über eine Legaldefinition.
Schöne Grüße,
Florian Hoffmann
Der Artikel von Herrn Hoffmann ist reißerisch und geht inhaltlich völlig am Thema vorbei. Zahlen wie die 60.000 Mitarbeiter in Datenschutzaufsichtsbehörden sind völlig unbelegt. Nur ein Beispiel: Der Thüringer Landesdatenschutzbeauftragte hat aktuell 30 Mitarbeiter. Da frag' ich mich, ob der Bundesdatenschutzbeauftragte und die anderen Bundesländer die restlichen 59.970 beschäftigen. Wohl eher nicht.
Auch der Vergleich mit der Datensammlung durch die Gestapo und - wenn wir einmal dabei sind - die Stasi ist völlig hanebüchen. Das verpflichtende Anlegen eines Verarbeitungsverzeichnisses beschreibt lediglich das "Wie" der Verarbeitung und enthält keine konkreten Daten. Auch bei Überprüfungen durch Aufsichtsbehörden werden keine Daten eingesammelt.
Ob 30 Datenschützer oder 60000 ist völlig egal, meines Erachtens wie gesagt alles unnötige Bullshitjobs. Wenn man den Arbeitsaufwand den alle Firmen mit diesem Unfug haben rechnet werden eher mehr als 60000 Leute damit beschäftigt sein. Ein Verarbeitungsverzeichnis ist für Datensuchende sicher nicht von Nachteil wer auch immer berechtigt oder unberechtigt sucht.
Wenn Sie jetzt einmal Ihr "Bauchgefühle" befragen: Es gibt in Deutschland tausende Unternehmen, die bereits seit vielen Jahren Datenschutz nach den Vorgaben des BDSG umsetzen und insofern meist auch einen Datenschutzbeauftragten bestellen müssen. Was meinen Sie, hätten nicht all diese Datenschutzbeauftragten, die ja die Anforderungen der DSGVO umsetzen mussten, laut aufgeschrien, wenn diese neuen Regelungen plötzlich Datensammlern in die Hände spielten und insbesondere staatlichen Stellen Zugriff auf Unternehmensdaten erlaubten? Wohl eher nicht.
Anders sieht es da aktuell in China aus, wo der Staat ein sogenanntes Sozial-Kredit-System aufbaut und bis 2020 in großen Teilen des Landes umsetzen will. Das sind Maßnahmen die der Datensammelwut von Gestapo und Stasi ähneln. Und genau das soll die DSGVO verhindern und wird sie letztlich auch nach meinem Dafürhalten.
Das was in China gerade passiert entspricht dem was Herr RA Hoffmann in seinem Artikel beschreibt. Und insofern gehen siene Auslassungen komplett am Thema vorbei.