Die Wucht der Börsenrally überraschte sogar die größten Optimisten. Seit Januar kannte der Dax nur eine Richtung: Aufwärts. Doch seit Mitte März stockt der Antriebsmotor der Börsenrally. Und zuletzt folgte eine Konsolidierung. Niedrige Handelsumsätze und eine nachlassende Dynamik sind auch meist bezeichnend für einen Trendwechsel. Doch war es das wirklich gewesen mit der Hausse oder macht die Börse nur eine kleine, heftige Verschnaufpause?

Um eine Prognose für den weiteren Verlauf des Börsenjahres zu erstellen, müssen zunächst die Gründe für die Rally analysiert werden. Seit Jahresbeginn hatte der DAX vorübergehend bis zu 21 Prozent zulegen können. Eine Spitzenperformance unter den Weltbörsen. Aber auch die anderen internationalen Indizes lagen, nach schwachem Jahresende, wieder auf dem Niveau der Jahreshöchststände von 2011. Trotz der Schuldenkrise in Europa und den USA und einer schwächelnden Weltkonjunktur konnten die Risikoanlageklassen deutliche Zugewinne verzeichnen. Während der Bondmarkt stagnierte, war eine höhere Risikobereitschaft der Anleger erkennbar gewesen.

Die Renditen im Anleihebereich sind bis heute für “sichere” Bonds mit guter Bonität gerade zu lächerlich. Rechnet man hier noch die Inflationsrate heraus, so ergeben sich bei Bundesanleihen sogar negative Verzinsungen. Das reizte immer weniger Anleger und trieb diese in Anlageklassen mit höheren Renditechancen. Es gab zwar keine größeren Kapitalabflüsse aus dem Bondmarkt hin zu anderen Kapitalmärkten, aber das frische Geld floss seit Anfang 2012 stark in die Aktienmärkte. Der deutsche Aktienmarkt profitierte dabei besonders stark von der Geldpolitik der EZB. Deren Chef Mario Draghi fällte im Dezember 2011 eine – zunächst unterschätze – geldpolitische Entscheidung, die in erster Linie die Banken stabilisieren sollte und in zweiter Linie die Bondmärkte. Der Supertender von 500 Milliarden Euro der EZB für Geschäftsbanken mit dreijähriger Laufzeit war darauf ausgelegt, Geschäftsbanken zum Kauf von Staatsanleihen – bevorzugt von südeuropäischen Staaten – zu animieren. Das gelang auch durch diese Liquiditätsflut und die Risikoprämien für Staatsanleihen sanken daraufhin drastisch. Aber mit dem Geld gingen Banken auch an die Aktienbörse oder vergaben nun wieder leichter Kredite. Ein guter Nährboden für steigende Kurse trotz Krisen. Oder gerade deswegen, wenn man so will.

Ein weiterer treibender Faktor für die Rally war ein vorherrschender Konjunkturoptimismus, der die Finanzmärkte dominierte. Die Weltwirtschaft feierte 2010 ein starkes “Comeback”. Besonders exportorientierte Volkswirtschaften profitierten von der steilen Erholungskurve der Weltökonomie. Zum Ende des Jahres 2011 trübte sich dann die Lage teilweise ein. Während sich in Asien das Wachstum nur abbremste und Chinas Wirtschaft beispielsweise immer noch um 9,4 Prozent wuchs, kam es in Europa durch die Schuldenkrise zu einem Minuswachstum gegen Ende. Was allerdings die Optimisten an der Börse füttert, ist der Umstand, dass die US Wirtschaft viel besser läuft, als von vielen erwartet wurde (+3%) und dass für die gesamte Weltwirtschaft Besserung für die zweite Hälfte des Jahres prognostiziert wird. Auch die Eurozone kommt langsam zur Ruhe, auch wenn derzeit wieder Spaniens Zinsen steigen. Eine weitere Beruhigung an den Bondmärkten würde für weitere Rückendeckung sorgen.

Kurz gesagt, niedrige Zinsen, die “Dicke Berta” der EZB und eine Weltwirtschaft, für die Hoffnung besteht, sind der Treibstoff für die bisherige Entwicklung des DAX. Doch nun hat der Index erstmal eine Pause eingelegt. Die Wirkung von mittlerweile zwei Geldspritzen ist verpufft und eine wirkliche Besserung der Wirtschaft noch nicht in Sicht. Die Börse nimmt in der Regel Entwicklungen vorweg. Die Indikatoren sind bereits vorweg gelaufen. Jetzt muss die reale Weltwirtschaft erstmal nachziehen. IN dieser Lage ist es völlig normal, wenn die Finanzmärkte eine Pause einlegen, um den Vorsprung gegenüber der Realität zu verkleinern. Die wirtschaftlichen Indikatoren weisen seit Wochen auf eine Erholung der Ökonomie hin. Doch die realen Daten lassen noch Raum für negative Überraschungen. Sobald aber die Börse verlässlich erkennt, dass der Zug los fährt, kehren sowohl die Dynamik als auch die Handelsumsätze an die Aktienmärkte zurück. Der DAX legt derzeit nur eine kleine, wenn auch heftige, Pause ein. Solange die Zinsen niedrig sind, der Euro stabil ist und die Weltwirtschaft wieder boomt, werden die Aktienkurse weiter steigen. Für drei bis sechs Monate sollte es also weiter gehen mit steigenden Kursen, wenn auch mit reduzierter Geschwindigkeit und begleitet von großen Preisschwankungen. Diese Korrekturen sollten dann zum Kauf genutzt werden. Denn beim Kauf verdient man das Geld und deshalb mahne ich immer ein antizyklisches Kaufverhalten an. Darüber  hinaus sehe ich das Chance/Risiko Verhältnis negativ. Trotz allgemein günstiger Kennzahlen wie dem Kurs/Gewinn Verhältnis (KGV) der Dax Werte, sehe ich das Wachstumspotential bei Aktien bei nicht mehr als 15%-20%. Da lohnt sich zwar noch der Einstieg, aber das Risiko des Crashs steigt eben auch mit jedem gewonnenen Euro.  

Deshalb muss man die Risiken für den Aufschwung immer im Auge behalten. Die Schuldenkrise um Spanien herum, Atomstreit im Iran, der steigende Ölpreis und Inflation sind die offensichtlichen Risiken. Die unterschwelligen Risiken werden an der Börse “Schwarze Schwäne” genannt, welche sich schnell zu Krisen entwickeln  können. Ein “Schwarze Schwan” war beispielsweise die US-Immobilienkrise, die zur Finanzkrise 2007 führte. Ein “Schwarzer Schwan” ist sicherlich auch der aufgebauschte chinesische Immobilienmarkt, der völlig überhitzt ist und bereits deutliche Ermüdungserscheinungen aufweist. Eine mögliche Implosion der Preisstrukturen würde den Aufschwung China und damit der ganzen Weltökonomie gefährden.

Für nachhaltig investierende Anleger lohnt der Einstieg in Aktien lohnt also noch, aber man muss dem Investment klare Absicherungsgrenzen setzen diese dann diszipliniert umsetzen.

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