Gold, liebe Leser. Viel haben wir darüber gelesen. Auch in der Bundesbank muss man sich ständig mit den ganz kreativen Vorschlägen herumschlagen und erklären, warum man das Gold nicht verkaufen will. Eine der vernünftigen Begründungen ist der Beitrag des Metalles zur Stabilisierung eines inhärent instabilen Papiergeldsystems. Soweit so gut, also haben wir doch alles im Griff, verkaufen unsere Edelmetallbarren nicht und leben mit einer Sorge weniger. Das trifft den Kern der Sache leider nicht. Denn zum einen lagern Deutschlands Barren zum Großteil nicht in Deutschland sondern jenseits von Atlantik oder Ärmelkanal. Das habe sich laut Bundesbank „historisch und marktbedingt“ so ergeben. Ob das allerdings der bevorzugte Lagerplatz für ein Metall sein kann, dass man gerade für das Gegenteil der „Friede, Freude, Eierkuchen“-Zeiten vorhält, ist mehr als fraglich. Aber das ist ein anderes Thema, denn vielleicht schaffen wir es auch, einen Teil der Goldreserven anderweitig zu verlieren, das würde uns in der Folge auch den lästigen Heimtransport ersparen.

Auf einem guten Wege ist die Bundesbank diesbezüglich anscheinend schon, denn nach eigenen Angaben verleiht sie regelmäßig große Bestände an internationale Banken mit einer „sehr guten Bonität“. Aha, na, da achtet man also so richtig auf die Sicherheit. Gute Bonität klingt aber sowas von sicher. Gehen wir mal davon aus, dass die Vorstadtbank Ohio-Ost sich nicht als großer Player im Goldleihe und –handel profilieren will und die bedeutenden Transaktionen über große Banken in den USA stattfinden. Also ein Blick auf die Bonitäten der zehn größten Institute und deren langfristige Kreditratings.

 

 

Da sind wir aber alle zusammen beruhigt, hat doch die Sache mit den Ratings schon bei Lehman ganz prima funktioniert. Zur besseren Einordnung folgt eine Tabelle mit den Ratingskalen der Agenturen Moody’s, Fitch und Standard & Poors die den Bereich des so genannten Investment Grade abdeckt, das sind alle Papiere die nicht zu den Junk Bonds (Ramschanleihen) gezählt werden.

 

 

Gelb unterlegt ist in der Tabelle der Part, in dem sich die Ratings der oben genannten Banken befinden. Wie man sieht, sind einige besser und einige schlechter als Lehman vor der Pleite. Unten zur Erinnerung noch einmal der Verlauf der Ratingänderungen von Lehman. In der rechten Spalte sehen Sie das jeweilige Änderungsdatum zum Rating in der ersten Spalte. Man sieht, dass bis zum Tag der Pleite das Rating auf A2 gesetzt war (Beispiel: Moody’s, die anderen Agenturen zeigen das gleiche Muster). Erst am Tag der Pleite erfolgte eine Herabstufung. Zu spät, um noch zu handeln.

 

 

Es ist schon bizarr, dass diejenigen, die den ganzen lieben Tag nichts anderes machen, als die Kreditwürdigkeit von Unternehmen zu analysieren, nicht merken, dass Lehman pleite ist. Es handelt sich hier ja nicht um eine Dorfmelkerei aus einem kleinen Dorf im Allgäu sondern um einen der ehemals größten Broker der Welt. Angesichts der Haftungserklärung (bei allen ähnlich, wir picken hier nur zufällig Moody’ heraus) kommt das dann aber doch nicht mehr so arg überraschend.

Aus der Haftungserklärung von Moody’s:

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„Sie erkennen hiermit ausdrücklich an, dass die Ratings und sonstigen Meinungen, die auf dieser Website bereitgestellt werden, reine Meinungsäußerungen sind und auch nur als solche aufgefasst werden dürfen und keine Tatsachenfeststellungen zur Kreditwürdigkeit oder Empfehlungen, bestimmte Kreditentscheidungen oder Entscheidungen zum Kaufen, Halten oder Verkaufen bestimmter Wertpapiere zu treffen, oder Bestätigungen der Richtigkeit der Daten oder Schlussfolgerungen oder Versuche einer unabhängigen Bewertung von oder Verbürgung für die finanzielle Situation von Unternehmen sind(…)“
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Wir erinnern uns auch alle gerne noch an die Auszüge aus den Disclosures der Rating Agenturen:

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Moody’s: "Moody’s has no obligation to perform, and does not perform, due diligence“


S&P: “Any user of the information contained herein should not rely on any credit rating or other opinion contained herein in making any investment decision”.
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Ja, es ist schon komisch, wenn man daran denkt, wie abhängig das Bankensystem von diesen anscheinend nicht verlässlichen Aussagen gemacht wurde (Stichwort Basel II, Risikogewichtung). Dabei stand es doch in Fettdruck in den Papieren der Agenturen, was man von den Feststellungen zu halten hat. Wie es um deren Objektivität bestellt war, war eigentlich auch kein Geheimnis, gibt es doch Ratings nicht zum Nulltarif sondern gegen Bezahlung. Naja, wer will schon nachkarten. Aber schön, dass die Bundesbank sich darauf verlässt, ihr Gold „überwiegend kurzfristig an international tätige und im Goldgeschäft „erfahrene Banken höchster Bonität“ zu verleihen. Leider äußert sie sich nicht dazu, wen sie damit meint und ob sich das Verhalten in den vergangenen Jahren geändert hat. Werden Sicherheiten verlangt? Arbeitet man mit denselben Banken wie früher? Macht man diese Geschäfte auch, wenn die Leihesätze unter den CDS Spreads der entsprechenden Banken liegen, oder lässt man sich zumindest das Kontrahentenrisiko vergüten? Nutzt man vollständig eigenständige Bewertungsmaßstäbe für die Bonität der Banken oder verlässt man sich allein auf die Urteile der Agenturen?

Viele Fragen, keine Antworten. Aber irgendwie hat sich auch dieses Vorgehen wohl „historisch und marktbedingt“ so ergeben.

Wer übrigens glaubt, es handele sich hier um ein fiktives Risiko, der kann gerne in Portugal anrufen (internationale Telefon-Vorwahl 0351), dort hat man auf diesem Weg seinerzeit gute 17 Tonnen Gold verloren, als die Investment Bank Drexel Burnham bankrott ging.

 

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