Diese Auswahl der Gäste bringt zum Ausdruck, dass knapp 6 Jahre nach dem Sturz und der Ermordung von Muammar-al Gaddafi auch Libyen nicht zur Ruhe gekommen ist, sondern sich zu einem gescheiterten Staat an den Küsten des Mittelmeeres entwickelt hat, auseinander gefallen zwischen Tripolitanien und der Cyrenaika, den beiden geographischen und soziokulturellen Gegenpolen, welche das Schicksal dieses nordafrikanischen Landes schon immer bestimmten.

Das Gespräch findet nicht zufällig in Paris statt

Es ist diesbezüglich auch kein Zufall, dass dieses Treffen, welches offiziell als Vermittlungsgespräch fungiert, in Paris stattfindet. Immerhin war es ja der damalige französische Präsident Sarkozy, der zur Treibjagd gegen Gaddafi aufgerufen hatte, nachdem er diesen zuvor hofierte und den roten Teppich ausgerollt hatte, wie die anderen europäischen Staatsoberhäupter auch. Gleich einer Abrechnung unter Mafia-Paten sollte der ehemalige Partner nun beseitigt werden, mit Unterstützung der NATO-Militärkraft.

Um den libyschen Diktator war es nicht schade. Im Westen wurde er immer überschätzt. Der arabische Volksheld, als der er gerne gegolten hätte, war er nie. In den übrigen Staaten der arabischen Welt wurde dieser unberechenbare Paranoiker als „Mahbul“, als Idiot tituliert. Unter der Herrschaft Gaddafis konnten die Libyer wesentlich angenehmer leben, als etwa die Iraker unter Saddam Hussein, sowohl politisch wie auch ökonomisch, weshalb man dort heute seiner Herrschaft mit Nostalgie gedenkt.

Galt Gaddafi in der Vergangenheit als aktiver Unterstützer von Terroristen und Attentätern -von Nordirland bis zu den südlichen Philippinen-, so hatte er sich in den letzten Jahren vor seiner Ermordung als relativ verlässlicher Partner des Westens, besonders der Europäer gezeigt. Die Umstände, welche seine Ermordung begleiteten, er wurde förmlich hingeschlachtet, umgaben diese NATO-Operation mit einem blutigen, ja geradezu schmutzigen Touch.

Es war schon bemerkenswert: Gegen Ende seiner ersten Amtszeit, wohl noch von der Hoffnung getragen ein zweites Mal als Präsident Frankreichs antreten zu dürfen, sah man Nicolas Sarkozy, der plötzlich eine napoleonische Ader in sich entdeckt hatte, ständig über Landkarten und Zielangaben gebeugt, als Feldherr gegen Gaddafi.

Noch bemerkenswerter und beunruhigend zugleich, war hierbei, in welchem Ausmaß sich Sarkozy dabei von dem Salonlöwen und Modephilosophen Bernard-Henri Lévy beraten und anfeuern ließ. Zum Schutz von Lévys angeblichen Freunden in Bengasi, der zweitgrößten Stadt Libyens. Nach Bengasi scheint sich Lévy heute nicht mehr zu trauen, 6 Jahre nach dem Sturz Gaddafis, dafür ist die ehemalige Ikone der französischen 68er Bewegung jetzt häufig in Kiew zu Gast, wo er die Ukraine als Berater fit für die Demokratie machen will, im Verbund mit abgehalfterten Politikern des Westens und ukrainischen Oligarchen.

Gaddafi warnte vor seinem Tod vor Flüchtlingswelle

Aber zurück zum heutigen Treffen in Paris. Aus dem Präsidentenpalast ließ man verlautbaren, Frankreich interessiere sich sehr für die Lage in Libyen, insbesondere deshalb, weil in den vergangenen vier Jahren eine halbe Million Menschen von dem nordafrikanischen Land aus über das Mittelmeer nach Europa geflohen sind.

Vielleicht hätte man sich damals, nicht nur im Falle Libyens, darüber Gedanken machen müssen, wen man denn, im Falle des angestrebten Regime-Changes, statt Gaddafi dort an die Macht zu bringen gedachte. Andernfalls hätte man Gaddafis Warnungen mehr Gehör bieten müssen.

In einem seiner letzten Interviews mit der französischen Publikation Journal du Dimanche im Februar 2011 äußerten er: "Ihr sollt mich recht verstehen. Wenn ihr mich bedrängt und destabilisieren wollt, werdet ihr Verwirrung stiften, Bin Laden in die Hände spielen und bewaffnete Rebellenhaufen begünstigen. Folgendes wird sich ereignen: Ihr werdet von einer Immigrationswelle aus Afrika überschwemmt werden, die von Libyen aus nach Europa überschwappt. Es wird niemand mehr da sein, um sie aufzuhalten."

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