Amerika hat gewählt

Amerika hat gewählt, von Miami bis Seattle, von Bangor bis San Diego, von Küste zu Küste, unter der tropischen Sonne Floridas, im verschneiten Montana bei Minusgraden, im herbstlichen Neu-England, in den Weiten des Mittleren Westens, in den Metropolen und ausufernden Vororten, in den entlegenen, immer noch fast menschenleeren Weiten der „Prairie-Staaten“, in den abgetakelten Industriezentren des Rust-Belts, im alten Süden.

Gewählt haben Christen, Juden, Muslime, Buddhisten und Agnostiker. Hispanics, Schwarze, Asiaten und Weiße, sowie die wachsende Anzahl von Amerikanern, die sich diesen Kategorien entziehen und als multiethnisch bezeichnen, als Angehörige der Raza Cósmica, der kosmischen Rasse, wie es der mexikanische Philosoph José Vasconcelos einst formulierte.

Gewählt hat eine Bevölkerung, die sich seit der Gründung der USA ständig vergrößert, verjüngt, verfärbt, neu definiert und neu erfindet. Schon in wenigen Jahrzehnten werden die Weißen US-Bürger in der Minderheit sein.

Wie immer diese Wahl auch ausgehen mag, der neue Präsident der Hypermacht steht vor dramatischen innen- wie außenpolitischen Herausforderungen. Er wird eine Nation führen, die dem Höhepunkt ihrer globalen Machtentfaltung entgegengeht, wenn dieser Punkt nicht schon überschritten wurde. Befinden sich die USA schon in dem unerbittlichen, historischen Prozess, welcher den Aufstieg und den Niedergang großer Imperien begleitet?

Diese Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten, aber so viel ist sicher, auch die USA werden diesem Prozess nicht entgehen, was das globale Weltgefüge weiter belasten wird und unsere Regierungen in der EU, die besonders in Berlin noch von einer transatlantischen Weltordnung träumen, welche nicht mehr den Realitäten entspricht, kalt erwischen.

Das falsche US-Bild transatlantischer Eliten 

Eine Ursache für diese Entwicklung liegt in der Tatsache begründet, dass man sich hierzulande ein völlig falsches Bild von den Realitäten in den USA macht, dass man auf die Metropolen der Ost- und Westküste blickt, mit akademisch gebildeten Eliten parliert, die ein ähnlich urban-liberales, kosmopolitisches Weltbild besitzen, wie die Eliten hierzulande.

Am Puls Amerikas

Als ich im Sommer vor drei Jahren in den Rust-Belt gereist bin, in jene Region der USA, die auch jetzt wieder im Blickfeld der Ereignisse steht, bestätigte sich mir dieser Eindruck.

Ein Spaziergang an den Ufern des Lake Erie, dessen Fläche größer ist, als die mancher Staaten in Europas. Sicherlich wäre es vermessen, in diesem Sommer 2017 Betrachtungen über Aufstieg und Niedergang, über den "rise and decline" des amerikanischen Imperiums anzustellen.

Bis vor wenigen Jahrzehnten lebte die Neue Welt noch in der Erfüllung einer Voraussage von Alexis de Tocquevilles, jenes französischen Historikers und Diplomaten, der vor 180 Jahren die Demokratie in Amerika analysierte und das Hochkommen neuer Führungsmächte - USA und Russland - angekündigt hatte.

<link beitrag post am-puls-amerikas-ein-besuch-in-cleveland-ohio _blank>schrieb ich damals in einem Beitrag hier auf Cashkurs.

Trump will weitere Auszählungen stoppen

Donald Trump hat angekündigt, dass er den Obersten Gerichtshof einschalten wird, um die weitere Auszählung der Stimmen zu verhindern. Es bleibt jedem Beobachter selbst überlassen, daraus Rückschlüsse zu ziehen, wie es um das Demokratieverständnis des US-Präsidenten steht. Deutlich wird dadurch aber, dass sich das politische System der USA überlebt hat und nicht mehr zeitgemäß erscheint.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Amerika geht großen innenpolitischen Herausforderungen entgegen. Für Europa bedeutet das, dass wir endlich zu der Einsicht kommen müssen, dass auch die engen Bindungen zu den USA nicht mehr unseren Interessen entsprechen. Sollte es Europa nicht gelingen, sich der neuen Weltlage zu stellen, wird es auch hier gefährlich.

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