Krieg gegen iranische Ziele

Israel führt Krieg gegen „iranische Ziele“, wo immer sich diese befinden, verkündete Benjamin Netanjahu.

Iran hat nirgendwo Immunität. Unsere Kräfte operieren in jeder Richtung gegen die iranische Aggression“, twitterte der Premierminister am späten Sonnabend und versuchte damit die Angriffe auf das Territorium der souveränen Nachbarstaaten Syrien, Libanon und Irak zu rechtfertigen.

Netanjahu und die "iranische Bombe“ – für ihn eine politische Notwendigkeit

Auffällig ist hierbei, dass Netanjahu nicht mehr von der Gefahr einer "iranischen Bombe" schwadroniert. Seit 20 Jahren warnt Netanjahu vor dieser iranischen Bombe. Schon 1999, während einer Rede vor den Vereinten Nationen, propagierte der israelische Politiker, dass es "fünf vor zwölf" sei, was den Bau einer Atombombe angeht.

Diese Behauptung wurde seitdem immer wieder gebetsmühlenartig wiederholt, bewiesen wurden sie bis zum heutigen Tag nie, dafür aber von führenden Politikern im Westen übernommen.

Besonders seit dem Jahr 2003, als nach dem Scheitern von Washingtons "Krieg gegen den Terror", Teheran erst jene geopolitische Vormachtstellung erlangte, nachdem die westlichen Militärkräfte die schlimmsten Feinde Irans - nämlich die Taliban in Afghanistan und Saddam Hussein im Irak -ausgeschaltet hatten, die heute die Wurzel der westlichen Nervosität darstellt, wurde die Behauptung nach einer angestrebten nuklearen Bewaffnung Irans zum Standardrepertoire.

Für Benjamin Netanjahu kommt eine Entspannungspolitik gegenüber Teheran, drei Wochen vor den Parlamentswahlen, höchst ungelegen. Ein Abbau der Spannungen um den Persischen Golf, würde die bisherige Vorgehensweise des Premierministers zum Einsturz bringen.

Westliche Geheimdienste widersprechen, Inlandsgeheimdienst geht noch weiter

Inzwischen widersprechen sowohl die Geheimdienste in den USA, wie auch in Israel, diesem Trugbild von der angeblichen "iranischen Gefahr".

Der ehemalige Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Schabtai Schavit erklärte vor einigen Monaten, in einem Interview mit einer israelischen Tageszeitung, dass Israels Armee mit Abstand die stärkste im Nahen Osten sei und daher keinen gleichwertigen Gegner mehr fürchten müsse.

Dieses widerspricht dem öffentlich gepflegten Bild von dem wehrlosen Staat der ständig um seine Existenz bangen muss. Was Schavit nicht erwähnte - aber ein offenes Geheimnis darstellt - ist, dass Israel die einzige Atommacht der Region ist, also mit einer erdrückenden nuklearen Übermacht ausgestattet erscheint.

 

Der Ex-Geheimdienstchef verdeutlichte aber, dass die politische Stabilität Israels eher von Innen gefährdet wird, basierend auf den innenpolitischen Konflikten mit den Ultrareligiösen, sowie den Lobbygruppen der Siedler, die Netanjahu als Stütze seiner Herrschaft benötigt.

2012 warf der Vorsitzende des Inlandsgeheimdienstes Netanjahu vor, seine Politik aufgrund "messianischer Gefühle" zu betreiben. Außerdem bescheinigte er dem Premierminister vom Iran „besessen“ zu sein.

Wildwest in Nahost – Hisbollah als „Staat im Staate“

Der israelische Premierminister ließ dieser Tage verlautbaren, dass er es nicht dulden würde, dass Nachbarstaaten als Ausgangsorte für Angriffe auf Israel dienen würden.

In der Realität ist es aber so, dass es keine Angriffe aus dem Libanon oder Syrien, schon gar nicht aus dem Irak, gegen das Staatsgebiet Israels gab.

Der Hintergrund für dieses Wildwest-Verhalten im Nahen Osten liegt in der Stärke der Hisbollah im Libanon, die wahrlich ein Angstgegner Israels und ein nicht zu unterschätzender Machtfaktor ist.

Die Hisbollah ist eine der stärksten politischen Parteien Libanons, inklusive einer eigenen Armee, die einen Staat im Staate darstellt.

Israel fürchtet die Hisbollah – zu Recht!

Die Hisbollah, eigentlich die Selbstschutzgruppe und Partei der schiitischen Minderheit (inzwischen stellen die Schiiten schon knapp die Hälfte der Bevölkerung), wird heute auch von Christen, Drusen und sunnitischen Libanesen gewählt, da sie einen Ordnungsfaktor in der zersplitterten politischen Landschaft des Libanons darstellt, siegte 2006 im Kampf gegen die Truppen Israels.

Der damalige Krieg wurde von Israel mit dem Ziel vom Zaun gebrochen, die Hisbollah zu vernichten. Stattdessen fügte die Hisbollah dem israelischen Militär herbe Verluste zu und feuerte Raketen auf die Hafenstadt Haifa und die Siedlungen in Galiläa.

Heute,13 Jahre später, hat sich die ballistische Kompetenz der Hisbollah, auch durch iranisches Knowhow, dramatisch erhöht. Experten sind sich einig, dass die Raketen der schiitischen Miliz inzwischen bis Tel Aviv, wenn nicht darüber hinaus reichen.

Dieses Faktum stellt für Israel zweifelsohne ein Bedrohungsszenario dar. Die aktuelle israelische Regierung geht anscheinende davon aus, dass nur durch einen Umsturz in Teheran, auch das Problem mit der Hisbollah verschwinden würde.

Ausgleich zwischen Teheran und Tel Aviv als einzig gangbare Lösung

Dabei wäre ein Ausgleich zwischen Teheran und Tel Aviv der einzige Weg, die Situation zu entschärfen. Unmöglich erscheint das nicht.

Zu Zeiten des Shahs, also vor der Revolution im Iran 1979, herrschten enge informelle Beziehungen zwischen beiden Staaten. Iraner und Israelis betrachteten sich damals als natürliche Verbündete, als nichtarabische Regionalmächte, in einer von Arabern dominierten Region, von denen sich sowohl Teheran als auch Tel Aviv bedroht fühlten. An dieser Ausgangslage hat sich heute - also 40 Jahre später - nicht viel geändert.

Fazit:

Die israelischen Militärschläge gegen die Nachbarstaaten sind nicht nur völkerrechtswidrig, sondern auch ein Risiko für die ohnehin brüchige Stabilität in der Region. Wer immer nach den Parlamentswahlen die kommende Regierung in Jerusalem führt: Israel wäre gut damit beraten, die Warnungen ehemaliger Geheimdienstchefs zu erhören, dann einen radikalen Kurswechsel, vor allem gegenüber Teheran, anzustreben.

Nur zusammen mit dem Iran ließe sich auch das Verhältnis zur Hisbollah klären, beziehungsweise von einem latenten Kriegszustand zu einem kalten Frieden verändern, was immerhin ein Vorteil wäre.

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