Nebel zieht durch die Straßen Berlins, flankiert von Kälte und Feuchtigkeit.

In Berlin ist ein neuer Tag angebrochen, der Tag danach.

Ruhig und diszipliniert gehen die Menschen zur Arbeit, erledigen ihre Einkäufe, sind heute vielleicht etwas zuvorkommender als gewöhnlich.

Diese Stadt, der man gerne einen Hang zur Leichtlebigkeit , zum Hedonismus, nachsagt, reagiert auf Krisen und Konflikte mit eiserner Disziplin und grimmigen Trotz, wie schon häufig in der Geschichte bewiesen.

Vor einigen Stunden, Berlin schlief noch, besuchte ich den Tatort am Breitscheidplatz.

Dort, im Schatten der Gedächtniskirche, bot sich ein verheerendes Bild, das Grauen - welches sich dort wenige Stunden zuvor ereignet hatte - war spürbar.

Die Weihnachtsbeleuchtung, welche die Umgebung erhellte, zusammen mit dem Nebel, der durch die Straßen waberte, tauchte das Szenario in eine düstere Agonie.

Aufgrund meines Presseausweises ließ mich die Polizei durch alle Absperrungen.

Ich hielt mich nicht lange auf, hatte auch nicht vor, die Arbeit der zuständigen Sicherheitsorgane zu behindern und kehrte bald hinter die weiträumigen Absperrungen zurück.

Dort angekommen, erblickte ich zahlreiche Menschen, Arbeiter auf dem Weg zur Frühschicht, Nachtschwärmer und Neugierige, die still auf den bekannten Ort im Herzen des alten West-Berlins blickten.

Als ich näher kam, erkannte ich ihre Gesichter, Schwaben und Surimanesen, Türken und Thüringer, Touristen und Transvestiten, Araber und Amerikaner, russische Juden und pakistanische Blumenverkäufer, Akademiker und Arbeitslose, ich erkannte die Gesichter Berlins...

Ich ließ meinen Blick den Kurfürstendamm entlanggleiten. Nur wenige hundert Meter von hier entfernt, liegt die mondäne Penthaus - Wohnung von Peter Scholl-Latour, sein Wohnsitz, wenn er sich in Berlin aufhielt.

Am Ende seines Lebens hatte der bekannte Chronist davor gewarnt, was auf uns zukommen wird, aber wenig Gehör gefunden.

Er zitierte dann gewöhnlich Paul Valery "Am Abgrund der Geschichte ist Platz für jeden".

Heute, im 16. Jahr des Krieges gegen den Terror, ist der Terror nicht besiegt, nein er ist überall, folgte mir seitdem auf der Landkarte meines Lebens, schlug dort zu, wo ich einst gelebt hatte oder Zeiten verbrachte , New York City, Tel Aviv, London, Paris, Istanbul , jetzt Berlin,...

Es macht aber wenig Sinn, sich auf die Chronologie oder die geographische Verbreitung dieses Phänomens zu konzentrieren. Eher sollte man sich mit den spezifischen Strömungen beschäftigen, also den gemeinsamen Feindbildern dieses Terrors, dieser asymmetrischen Kriegsführung. Er ist mit allen Kulturkreisen kompatibel und tritt zu verschiedenen Zeiten auf.

Er ist immer gekennzeichnet von Feindschaft gegen die Stadt, gegen Kosmopolitismus, den Geist des Westens, wie er in Wissenschaft und Vernunft zum Ausdruck kommt, gegen Freihandel und Bürgertum und schließlich gegen den Agnostiker, den Zweifler und Freidenker, der vernichtet werden muss, um den Weg freizumachen für eine Welt des reinen Glaubens.

Die mörderische Energie dieses Terrors konnte sich unter den Nazis, unter Mao in China und auch unter den Taliban in Afghanistan entfalten. Staaten, die gestern Ausgangspunkt des Terrors waren, können heute seine Angriffsziele werden.

Es gibt Menschen, denen gefällt, was gestern geschah.

Nicht nur jenen, die im Namen einer Religion solche Taten begehen, jene, die von Saudi-Arabien finanziert werden, jenes Land - welches Ursula von der Leyen neulich besuchte und aufrüsten lässt -, nein auch jene Politiker und Politikerinnen, jene Publizisten, die geil vor Erregung, fieberhaft solche Taten erwarten, um aus ihnen Kapital zu schlagen, auch wenn sie es Besorgnis nennen.

Diese Menschen und die Erstgenannten, sind voneinander abhängig, brauchen sich, wie der Junkie den Stoff, es gibt zu viele, die ihnen Glauben schenken, Sie sind beide zu bekämpfen.

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