Ja, es gibt sie noch, die Tage, an denen wir hier, wie heute, streng genommen, keine Schlagzeile zur Eurokrise versammeln. Da sieht man einmal wieder, wie sehr man sich doch an schleichenden Niedergang als Dauerzustand gewöhnt hat, obwohl wir in Deutschland tatsächlich die beste Ausgangsposition im gesamten Euroraum inne haben. Noch. Nur, was wir heute an Alternativen zu bieten haben, muss auch nicht unbedingt besser sein…
Wäre mal ein Thema für einen unterbeschäftigten Praktikanten hier in der Redaktion: Herausfinden, ob der Anteil an grundsätzlich schlechten Nachrichten im Clipping-Service bei über oder unter 90 Prozent liegt. So sieht die Welt nunmal aus – und dabei sparen wir uns diese ganzen gehypten Einzelschicksale aus den Rubriken häusliche Gewalt oder Unfalltragik. Geht es nach neuen Ideen aus der russischen Duma, so solle eine gesetzliche Quote für ein Höchstmaß an schlechten Nachrichten eingeführt werden.
Das ganze wird sogar noch mit 30 Prozent beziffert. Wahnsinnsidee. Sollen wir dann weiße Seiten drucken? Wo weltweit die Paragrafen im Bereich Geld- und Wirtschaftspolitik – siehe „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ – in unseren trostlosen Zeiten schon überquellen vor Realitätsverweigerung, scheint nun langsam die Medienpolitik wieder in den Fokus zu rücken. Dass die Materie intuitiv leichter zu erfassen ist, wird ihr am Ende der Fahnenstange auch wenig helfen.
Denn wo eine gesetzliche 30-Prozent-Quote in einem für seine totalitären Innovationen berühmt gewordenen Staat noch lächerlich anmutet, bedienen wir Mitteleuropäer uns ungleich eleganterer Propaganda und Bürokratiemonster. Dazu einfach mal den Artikel der Woche klicken und lesen und darüber nachdenken, ob der Totalitarismus nicht gerade in unseren Breiten seine – historisch gesehen – überwältigendsten Blüten getrieben hat. Andere Länder, andere Sitten. Und die DDR nicht vergessen!
===== N E W S =====
DUMA-ABGEORDNETER WILL VERBREITER SCHLECHTER NACHRICHTEN HART ANGEHEN
Paar Jahre Freiheitsstrafe für den, der die 30-Prozent-Bad-News-Quote missachtet. Au weia!
MICHIGAN ERLÄSST GEWERKSCHAFTSFEINDLICHE GESETZE UND LÖST PROTESTE AUS
Einfach so dreist und in Höchstgeschwindigkeit von den Organen durchgepeitscht…
ÖSTERREICHISCHE STAATSDIENERIN VERSPEKULIERT 240 MILLIONEN EURO
Erst über zehn Jahre unentdeckt, jetzt ist die Salzburger Regierungskrise perfekt!
HSBC ZAHLT REKORDSUMME FÜR AUSSERGERICHTLICHEN VERGLEICH
1,92 Milliarden Dollar, dafür gibt’s keine Verurteilung wegen Geldwäsche und so weiter.
CHINESEN ÜBERNEHMEN KANADISCHEN ÖLKONZERN FÜR 12 MILLIARDEN EURO
Delikat, delikat. Ein Staatskonzern erhält Zugriff auf die großen Vorkommen. Mal sehen…
===== H I N T E R G R U N D =====
INDUSTRIEPRODUKTION IN GRIECHENLAND LEGT MIT +2,0 PROZENT LEICHT ZU
Allerdings erholen sich die Griechen da gerade auch von Spätsiebziger-Niveau…
AMERIKANISCH-CHINESISCHES HANDELSDEFIZIT ERREICHT NEUEN REKORDWERT
Die gemeldeten Zahlen beider Länder sind allerdings grundverschieden. Komisch.
ARTIKEL DER WOCHE — BUNDESTAGS-GEHEIMTREFFEN ZU INDECT UND CleanIT
Die beiden „freiwillig[en]“ „Dialogplattformen“ müssen also die Öffentlichkeit ausschließen. Igitt!
MILITÄRPUTSCH DER WOCHE — MALI (SCHON ZUM ZWEITEN MAL DIESES JAHR)
Übergangs-Premierminister verhaftet, etc. Die Bundeswehr ist natürlich schon unterwegs…
ZU GUTER LETZT — DAS PÄDAGOGISCH WERTVOLLE GELDPOLITIK-SPIEL DER EZB
So einfach kann der Zusammenhang zwischen Leitzins und Inflation sein. Gibt’s sogar als App!
Hinweis: Die verlinkten Beiträge stellen nicht immer die Meinung der Cashkurs-Redaktion dar, dienen aber in jedem Falle der eigenen Urteilsbildung.