Es waren Ereignisse, die miteinander zusammenhingen, die ohne einander nicht denkbar wären, die ohne einander so nicht stattgefunden hätten, die verdeutlichen, wie historische Prozesse funktionieren, sich gegenseitig bedingen, voneinander abhängig sind.

Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht begreifen und die Zukunft nicht meistern, heißt es bei Konfuzius.

Es waren Ereignisse, die über das Leben von Millionen Menschen entschieden, die Grenzen auflösten, verschoben, veränderten, die Freude, Trauer und Angst auslösten und immer noch hervorrufen - weit über die Grenzen Deutschlands und Europas hinaus.

Ereignisse von wahrhaft epochaler Bedeutung mit globalen Auswirkungen.

Berlin trägt die Historie in jeder Mauerritze

Während ich diese Zeilen schreibe, lasse ich meinen Blick vom Schreibtisch aus dem Fenster gleiten, über die Dächer Berlins hinweg.

Welche deutsche Stadt eignete sich auch besser für einen Wandel auf den Spuren der Geschichte, als Berlin? Einer Stadt, in der die jeweiligen historischen Schauplätze nur wenige Gehminuten voneinander entfernt liegen.

Einer Metropole, die von der Geschichte des 20. Jahrhunderts - ein Jahrhundert, welches man auch das verfluchte Jahrhundert nannte - überrollt, vergewaltigt, zerstört und geprägt wurde, wie keine andere Kapitale.

Dieser Tag wurde tief in die Herzen eingebrannt

Der 9. November war ein Tag der Hoffnung und Freude, als morsche Regime einstürzten, wie 1918 und 1989.

Der 9. November war auch ein Tag der Angst, als 1923 Hitler in München putschte.

Der 9. November war auch ein Tag der Trauer und der Schande, als 1938 der Pöbel durch die Straßen zog, mit staatlicher Genehmigung, mit billigender Unterstützung des Regimes, mordete, plünderte, vergewaltigte und brandstiftete.

Standortbestimmung in der Herrschaftszyklik

Schon im Nebel der Geschichte, zur Zeit der Antike, wurden politische Herrschaftsformen als unablässiger, nahezu gesetzmäßiger Kreislauf beschrieben, der niemals ruht: Er führt von der Demokratie zur Oligarchie und von dort hin zur Tyrannis, bis mit dem Sturz des Alleinherrschers die Bewegung wieder von vorne beginnt.

Natürlich kann auch in unserer multimedialen Epoche der Zeitpunkt kommen, wo die Bewohner liberaler Gemeinwesen die Vorzüge dieses Systems geringer schätzen, als vorangegangene Generationen und das Verlangen nach dem Absoluten, nach Spiritualität, nach Risiken und Gefahren, nach charismatischen Führern wieder überhand nimmt, wie schon oft in der Geschichte der Menschheit.

Möglicherweise ist der Zeitpunkt schon eingetreten. Die schwindende Akzeptanz für die Institutionen der EU in ihrer aktuellen Verfasstheit, die daraus resultierenden Wahlergebnisse und der Aufstieg von Parteien und Ideen, die man in Europa schon als überwunden geglaubt hat, deuten in diese Richtung.

Universum in der Nussschale: Ist Historie überhaupt deterministisch?

Der belgische Althistoriker David Engels sagte mir gestern in einem Interview, dass er persönlich nicht daran glaube, dass wir Menschen aus der Geschichte lernen können.

Vielleicht verläuft die Geschichte ja eher so, wie es der britische Historiker Niall Ferguson wie folgt hinterfragte:

„Was wäre, wenn die Geschichte gar nicht zyklisch und langsam, sondern arrhythmisch verliefe, manchmal fast stillstände, dann aber wieder zu dramatischen Beschleunigungen fähig wäre? Was wäre, wenn die historische Zeit weniger dem langsamen und vorhersehbaren Wechsel der Jahreszeiten entspräche, sondern eher wie die elastische Zeit unserer Träume abliefe? Vor allem aber, was wäre, wenn sich der endgültige Zusammenbruch nicht über Jahrhunderte hinziehen würde, sondern eine Zivilisation plötzlich wie ein Dieb in der Nacht überfiele …?“

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