Im Abwicklungsmodus – Das Vertrauen kommt nicht zurück

Institutionen wie Universitäten, Zeitungsverlage oder politische Organisationen funktionieren wie die Hersteller von Markenartikeln. Solange sie einen guten Ruf haben, ist jeder erreichte Abschluss, jeder geschriebene Artikel und jede Entscheidung mit einem Gütesiegel versehen.

Wenn Frau Sülzke einen Abschluss der Universität X hat, dann wird sie wohl etwas können, wenn ein Artikel in der Zeitung Y veröffentlicht wurde, dann wird dessen Inhalt wohl stimmen und wenn die Partei Z einen Gesetzesentwurf vorlegt, dann wird dieser schon im Sinne der sozialen Gerechtigkeit, der Umwelt oder der Geldbörse sein. Diese Gütesiegel verliehen auch den Repräsentanten dieser Einrichtungen eine Aura der Glaubwürdigkeit.

Von diesem Glanz ging schon in den letzten Dekaden einiges verloren. In den vergangenen Jahren hat sich dieser Trend beschleunigt. Die Abrissbirne so richtig in Schwung gebracht haben eben diejenigen, die nun von sinkender Glaubwürdigkeit betroffen sind.

Die Spanne der Beschleuniger des Verfalls ist breit. Im Bildungssystem reicht sie von diversen Schwafelstudiengängen zahlreicher Universitäten über das Stürmen von Hörsälen bis hin zur Instrumentalisierung von Kindern, die Pappschilder mit Forderungen in die Luft halten müssen, von denen sie gar nicht verstehen können, was sie bedeuten.

In der Medienlandschaft gibt es viele Glanzlichter, von denen die irrwitzige Relotius-Affäre des „Spiegel“ nur eine von vielen Kirschen auf der Torte ist. Die Politik steht nicht zurück und tritt ihrer Klientel mit binnen kürzester Zeit gebrochenen politischen Versprechen milde lächelnd vor das Schienbein. Bei einigen Parteien mündet dies in der vollständigen Aufgabe des politischen Markenkerns.

Auf diese Weise verloren gegangenes Vertrauen kehrt nicht mehr zurück. Die zugehörigen Institutionen befinden sich im Abwicklungsmodus. Die daraus resultierenden finanziellen Abhängigkeiten machen sie in vielen Fällen noch empfänglicher für Fremdeinflüsse, was der Glaubwürdigkeit dann den Rest gibt.

Von öffentlichen Bildungsinstitutionen bis hin zu…

Vor dreißig Jahren hatte auch ein geisteswissenschaftlicher Abschluss mancher Universität eine gewisse Bedeutung. Ein großer Teil dieser Akzeptanz dürfte in den vergangenen Jahren nicht zuletzt durch die Einführung teils grotesker Studiengänge mit entsprechenden Abschlussarbeiten gelitten haben. Die an zahlreichen Universitäten in den westlichen Ländern stattfindende infantile Politisierung und der dumpfe Versuch, andere Meinungen zu unterdrücken, wird nicht zu einem überschaubaren Umbau dieser Institution führen, sondern zu einem umfassenden Bedeutungsverlust.

Schon heute sind viele Abschlüsse außerhalb bestimmter politischer Strukturen wertlos. Das angesichts des wachsenden Irrsinns an vielen Bildungseinrichtungen sinkende Vertrauen privater Firmen in die staatlich organisierte Ausbildung ist ein Grund dafür, warum viele Unternehmen in technischen Fächern die Ausbildung auch auf höherem Niveau wieder selbst in die Hand nehmen. Dieser Weg ist oftmals sowohl für die Firmen als auch für die Studenten ein Gewinn.

…Presse und Rundfunk – die Qualität lässt zu wünschen übrig

Auch die Institutionen Presse und Rundfunk leiden unter der in den letzten Jahrzehnten geradezu kollabierten inhaltlichen Qualität. Man kann Bezeichnungen wie „Lügenpresse“ oder „Lückenpresse“ für überzogen halten, und an mancher Stelle sind sie es möglicherweise auch. Der Qualitätsverlust und die Schleifung elementarer journalistischer Standards sind jedoch unübersehbar. Ein Indiz hierfür ist die bestenfalls noch schludrige Trennung zwischen Bericht und Kommentar. Findet diese überhaupt nicht mehr statt, ist mit dem „Haltungsjournalismus“ die finale Stufe der Degeneration erreicht.

In der alten Welt wären viele Nachlässigkeiten vermutlich nicht aufgefallen. Durch das Netz aber hat jeder die Möglichkeit, Inhalte bereitzustellen und auf Fehler hinzuweisen. Zugegebenermaßen sind nicht alle Schlammschlachten, die sich im Netz abspielen, appetitlich.

Die Entwicklungen zeigen jedoch, wie schwierig es geworden ist, Dinge unter den Teppich zu kehren. Was nicht passt, wird auf bestimmten Plattformen zwar gelöscht, und wer nicht passt, wird gesperrt. Da verschiedene Menschen jedoch unterschiedliche Vorstellungen davon haben, was die gute Sache ist, entstehen mit der Zeit konkurrierende Plattformen.

Wem Twitter auf die Nerven geht, der schaut sich GETTR an. Wem YouTube zu übergriffig wird, der wirft einen Blick auf Rumble. Viele der neuen Plattformen wurden noch vor einem Jahr belächelt, haben aber mittlerweile reichlich Kapital eingesammelt und planen teilweise einen Börsengang.

Das Verbergen von Informationen wird dadurch deutlich erschwert werden. Die Kunst für neue Anbieter ist es, nicht einfach selbst alles zu sperren, was einem nicht in den Kram passt. In zentralen Strukturen wird dies immer ein latentes Problem bleiben. Ob neue Plattformen sich wirklich transparenter verhalten bleibt vorerst dahingestellt. Mit einer gesunden Portion Skepsis liegt man wie so oft auch in diesen Fällen vermutlich richtig.

Dezentrale Strukturen sind kein Allheilmittel, aber…

Der finale Schritt jenseits aller zentral gesteuerter Strukturen ist die Entstehung dezentral organisierter Strukturen mit transparenten Prozessen. Dezentrale Strukturen sind kein Allheilmittel. Sie bieten die technischen Voraussetzungen für mehr Freiheit, aber für diese Freiheit muss man auch in dezentralen Strukturen arbeiten.

Allein die Abschaffung zentraler Zutrittskontrollen und Informationsfilter ermöglichen jedoch einen erheblichen Raumgewinn. Hinzu kommt die Hoheit über die eigenen Daten und die selbst erstellten Inhalte. Angesichts der zunehmend aggressiveren Meinungsfilter zentral gesteuerter Plattformen ist die technische Sicherstellung der freien Meinungsäußerung eine klaffende Marktlücke.

Neue, dezentrale Plattformen werden neue dezentrale Institutionen hervorbringen, die sich im Laufe der Zeit Glaubwürdigkeit erarbeiten und so ein eigenes Gütesiegel schaffen. Bei solchen Institutionen in der dezentralen Welt handelt es sich nicht um große Unternehmen, sondern um vernetzte Einzelpersonen oder kleine Teams, die eigenständig Inhalte erstellen, sprich einzelne Journalisten, Blogger oder Autoren.

Auch bei Lehrkräften können die Fähigkeiten in den Vordergrund und die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Institution in den Hintergrund rücken. Das Netzwerk übernimmt lediglich die technische Abwicklung, die in der dezentralen Welt autonom und automatisch erfolgt.

Der Weg dahin wird lang sein und von Rückzugsgefechten großer Plattformen begleitet werden. Schon jetzt bekommen dies Journalisten zu spüren, die ihren eigenen Laden aufmachen. Die Preispanne für deren Mut erstreckt sich von der Häme bis zum Rufmord.

Keine Institution wird freiwillig auch nur einen Quadratmeter ihrer Deutungshoheit aufgeben. Dieses Verhalten offenbart in vielen Fällen die unangenehmen Seiten und bestehenden Abhängigkeiten dieser Institutionen. Den Niedergang wird dies eher beschleunigen. Je lauter das Geschrei, desto größer die Panik. Schlussendlich hat es auch in diesem Fall der Kunde in der Hand, was sich durchsetzt.

„Was heißt das konkret für mich!?“

Peter Hitchers sagte, die Meinungsfreiheit sei vor allem Freiheit für diejenigen, deren Ansichten man am wenigsten mag. Wenn diejenigen Institutionen verschwänden, die diesen Grundsatz mit Füßen treten, wäre es ein Gewinn.

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