Grinsend wie ein Honigkuchenpferd, flankiert von einer gönnerhaften Geste, übergab Ursula von der Leyen bei ihrem Besuch in Kiew ihren Gastgebern einen Fragebogen, der dabei behilflich sein sollte, eine EU-Tauglichkeit der Ukraine zu ermitteln. Das war am 8. April.

Gegen jeden ökonomischen und politischen Sachverstand

Diese in der typischen Oberflächlichkeit dargebotenen Szene, Szenen wie sie ständig im Umfeld der EU-Kommissionspräsidentin erstellt werden, war natürlich völlig überflüssig, denn schon vor dem Kriegsbeginn erfüllte die Ukraine keine der gängigen Kriterien.

Kiew hatte den Beitritt am 28. Februar beantragt, also kurz nach dem Einmarsch der russischen Truppen. Während Brüssel in der Vergangenheit den Ukrainern die kalte Schulter zeigte, bezüglich einer möglichen Mitgliedschaft, soll es jetzt ganz rasch gehen, als gäbe es für die EU nichts Wichtigeres.

Gegen jeglichen ökonomischen Sachverstand, vor allem im völligen Gegensatz zur einer wie auch immer gearteten politischen Vernunft, versuchen einflussreiche Kreise in Brüssel den Beitritt der Ukraine mit der Brechstange zu vollziehen.

Von der Leyen und ihr Umfeld, in dem es von transatlantischen und Rüstungs-Lobbyisten nur so wimmelt, sind anscheinend von dem Wahn erfasst, die EU konsequent dem Oberbefehl Washingtons unterzuordnen.

Dass die Ukraine - als geographisch größtes Land Europas, welches sich zudem in einer kriegerischen Auseinandersetzung befindet und ungelöste Territorialkonflikte auf dem Staatsgebiet beherbergt - das Potenzial besitzt die EU zu sprengen, schon aufgrund der ökonomischen Gegebenheiten und der Kosten im Falle einer Mitgliedschaft, wird dabei anscheinend billigend in Kauf genommen.

Die Gier nach billigen Arbeitskräften

Interesse an einer Mitgliedschaft der Ukraine in der EU bekunden vor allem jene Unternehmen in Mittel-Europa, welche aufgrund ihrer Gier nach schneller Rendite an einem Zustrom billiger Arbeitskräfte interessiert sind.

"Die von Washington und Brüssel forcierte Eilaufnahme der Ukraine in die EU stößt auch in Berlin auf Zustimmung. Dass die vielgepriesenen »europäischen Werte« – Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte – dort kaum ausgeprägt sind und gerade im Zuge des Krieges komplett zurückgefahren werden, geschenkt. Kiew hat Rohstoffezu bieten und viele billige Arbeitskräfte. Das deutsche Kapital frohlockt, denn die verlängerte Werkbank kann Richtung Osten noch länger werden."

ist auf Junge Welt zu lesen.

Einspruch aus Paris

Bei diesem geopolitischen Manöver hat man allerdings die Rechnung ohne den Wirt gemacht, beziehungsweise ohne den alten und neuen Präsidenten Frankreichs.

Emmanuel Macron dämpfte die Hoffnungen und Hirngespinste hinsichtlich eines schnellen EU-Beitritt der Ukraine. Das Verfahren könne „Jahrzehnte“ in Anspruch nehmen, äußerte der Präsident Frankreichs in einer Rede im Europaparlament in Straßburg vor einigen Tagen.

Alternativ plädierte Macron für eine verstärkte Zusammenarbeit mit Kiew, etwa im Rahmen einer „europäischen politischen Gemeinschaft“. Unter dieser versteht Macron so etwas wie eine Auffangstation für ambitionierte Staaten, die aufgrund geopolitischer Erwägungen in Richtung EU geschoben werden. Sie könne "einen neuen Raum für politische Zusammenarbeit, Sicherheit und Kooperation ermöglichen", sagte der Staatschef.

Frankreich steht einer Erweiterung der EU schon seit Langem skeptisch gegenüber. In Paris, wo transatlantische Zirkel in Politik und Medien weitaus geringer vertreten sind als in der Bundesrepublik, blickt man noch basierend auf geopolitischen Denkschulen auf die Strategie der EU, wo sie andernorts einer willfährigen NATO-Zwangsfixierung geopfert wurde. Im politischen Berlin reagiert man daher auf den Einspruch Frankreichs mit Unverständnis und Indifferenz.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Frankreich ein Hort der Vernunft? Immerhin stellt sich Paris nicht nur bei dem Erweiterungs- und Untergangswahn Brüssels quer, sondern auch bei der blutigen Strategie Washingtons, die vor allem von London forciert wird, nämlich den Krieg in der Ukraine um jeden Preis zu verlängern. Die Risse innerhalb der westlichen Allianz werden immer tiefer.

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