Rückkehr zur Normalität?

Die Kapitalverkehrskontrollen werden mit Wirkung zum 1. September 2019, und damit einen Monat vor dem zuvor von der Regierung von Kyriakos Mitsotakis verkündeten Termin aufgehoben. Mit der Aufhebung der Beschränkungen des Geldverkehrs im Gepäck reiste Mitsotakis heute zur Kanzlerin nach Berlin.

Vereinbarte Themen des Treffens der beiden Regierungschefs, sowie der Visite von Mitsotakis beim Vizekanzler Olaf Scholz waren laut Regierungssprecher Stelios Petsas die Flüchtlingskrise, deutsche Investitionen im griechischen Energiesektor und die Wirtschaft. Sachverhalte, welche die Eurogruppe, und somit das griechische Schuldenproblem betreffen, sollten überhaupt nicht angesprochen werden.

Die Erfolgsnachricht über die terminlich vorgezogene Abschaffung der Kapitalverkehrskontrollen überdeckt etwas die Tatsache, dass Mitsotakis - anders als versprochen - mit der Bundeskanzlerin nicht über eine Verringerung des Primärüberschusses im griechischen Staatshaushalt reden wollte. Dieses Thema wurde, wie die Regierung bereits vor der Reise nach Berlin zugab, auf 2020 vertagt.

Griechenland wird seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllen, verlautete es aus Athen gen Berlin, kurz bevor Mitsotakis am Mittwoch reisefertig war.

Eine Folge der Bankenschließung

Die Kapitalverkehrskontrollen begannen mit einer vom 28. Juni bis 6. Juli 2015 andauernden Schließung der Banken. Sie wurden nötig, nachdem Tsipras mit einer Fernsehansprache am 25. Juni 2015 ein Referendum über die Sparzwänge angekündigt hatte und die Europäische Zentralbank als Reaktion darauf, und auf das Ende des zweiten Hilfsprogramms für Griechenland, welches am 30. Juni 2015 auslief, den Geldhahn schloss.

Offiziell war Griechenland ohne Hilfsprogramm bankrott, auch wenn das damals nicht so deutlich kommuniziert wurde. Hinsichtlich der Verantwortung für die Bankenschließung besteht weiterhin ein Rechtsstreit von Varoufakis, der gegen den EZB-Präsidenten Mario Draghi prozessiert.

Eine Entscheidung über einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Athen, der die Umstände klären soll, steht weiterhin aus. Fakt ist, dass die Kunden griechischer Banken mit einem am Sonntag den 28. Juni um 2:30 h mitten in der Nacht im Staatsanzeiger veröffentlichten Beschluss von einem Moment zum anderen nicht mehr frei über ihr Geld verfügen durften.

So waren Auslandsüberweisungen nicht mehr möglich. Griechische Touristen im Ausland konnten mit ihren Kreditkarten plötzlich nichts mehr bezahlen. Im Inland gab es pro Tag und Kopf 60 Euro an Bankautomaten.

Die Kapitalverkehrskontrollen hielten an, obwohl Tsipras das eindeutige Ergebnis des von ihm initiierten Referendums schlicht ignorierte, und sich mehr als jeder Premier vor ihm den Sparzwängen der Kreditgeber unterwarf.

61,31 Prozent der Wähler hatten gegen den Sparkurs gestimmt. Sie wurden über die Jahre ihrer Gültigkeit sukzessiv gelockert. Allerdings konnten die Griechen ihre Bank nicht mehr frei wählen, Kontoeröffnungen waren lange verboten und später sehr kompliziert.

Weiterhin eingeschränkter Bargeldverkehr – Verpflichtung zur Bargeldlosigkeit

Obwohl es den Griechen nun wieder möglich sein wird, Geld ins Ausland zu überweisen, Konten zu eröffnen, mit einer Kreditkarte Bargeld auf Kredit aus dem Geldautomaten zu ziehen und, falls vorhanden, Bargeld in unbegrenzter Höhe von ihrem Konten abzuheben, wird nicht alles so sein wie früher.

Damit sie in den Genuss eines Steuerfreibetrags zu kommen, müssen die in Griechenland Steuerpflichtigen, diesen „bauen“. Das geht nur über bargeldlos bezahlte Rechnungen für Einkäufe oder Dienstleistungen. Diese Verpflichtung wurde für das fiskalische Jahr 2019 bereits erhöht.

So müssen Bezieher von Einkommen bis 10.000 Euro insgesamt mindestens 15 Prozent ihres Einkommens für bargeldlose Einkäufe ausgeben. Bis zum 1.1.2019 waren es nur zehn Prozent. Die Verpflichtung wächst mit wachsendem Einkommen auf 25 Prozent.

Zudem sind Bargeldgeschäfte für Summen über 500 Euro verboten. Dieses Limit soll, so berichten die üblichen, wohl informierten Kreise, innerhalb der nächsten Monate auf 200 bis 300 Euro gesenkt werden.

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