Ein Staat macht sich lächerlich
Die Art und Weise, wie Pappas am Donnerstag seinen Bürgern fake News präsentierte ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten. Griechenlands höchstes Gericht, der Areopag demonstrierte dagegen, dass die Justiz nicht unabhängig, sondern von den Kreditgebern kontrolliert ist.
Die blinde Justitia hört auf die Kreditgeber
Valdis Dombrovskis, Kommissar für den Euro und den sozialen Dialog und Vizepräsident der Kommission Juncker hatte es am Donnerstagmorgen deutlich ausgesprochen, „wir haben Vertrauen, dass das Thema von der griechischen Administration gelöst wird, so dass die Kredittranche rechtzeitig ausgezahlt werden kann“. Das Thema, damit meinte Dombrovskis die Strafverfolgung von drei Experten, welche für die griechische Treuhand eine für den Staat äußerst verlustreiche Privatisierung zu verantworten haben. Ein Spanier, ein Italiener und ein Slowake hatten für die Treuhand Immobilien an Investoren veräußert und gleichzeitig langjährige Mietverträge des Staats für die betreffenden Immobilien veranlasst. So gingen im Oktober 2013 für 145.810.000 Euro Immobilien an die Immobilienabteilung der gerade mit Staatsgeldern geretteten Eurobank und für 115.500.000 Euro an die Pangaia AG. Gleichzeitig wurden langjährige, vom Staat nicht kündbare Mietverträge über eine jährlich angepasste Jahresmiete von 25,5 Millionen Euro für das erste Jahr abgeschlossen. Der Staat verpflichte sich, die Gebäude für mindestens zwei Jahrzehnte zu nutzen.
Es handelt sich um achtundzwanzig Immobilien. Darunter sind die Ministerien für Kultur, Inneres, Justiz, Gesundheit und Bildung, dreizehn Finanzverwaltungen, fünf Polizeidirektionen, das dem Staat von der Zigarettendynastie Keranis geschenkte ehemalige Hauptgebäude, sowie weitere Objekte.
Die Staatsanwältinnen Angeliki Triantafyllou und Ioanna Sevi errechneten bei dem Deal einen Schaden von mindestens 575.856.504 Euro für den Staat. Dazu kommen weitere, nicht abschätzbare Kosten für die öffentliche Hand, welche unter anderem sämtliche Neben- und Instandhaltungskosten der Immobilien übernahm. Die Staatsanwältinnen beantragten eine Anklage wegen Untreue und stellten sogar einen Korruptionsverdacht in den Raum. Gemäß der in der Krise verschärften Strafgesetze steht auf Veruntreuung von öffentlichen Geldern in Millionenhöhe als Höchststrafe lebenslängliche Haft. Der Rat des Berufungsgerichts erhob unter dem Aktenzeichen 999/2017 Anklage gegen sechs Personen wegen Untreue und gegen drei Verwaltungsratsmitglieder der Treuhand wegen Beihilfe dazu in einem minder schweren Fall.
Das goutierten weder der Chef der Eurogruppe Jeroen Dijsselbloem noch seine Amtskollegen. Die Spanier drohten gar mit einem Veto gegen die Auszahlung der für den 15.Juli dringend benötigten Tranche. Bis zum Termin der Euro Working Group vom Donnerstag sollte die griechische Regierung das Problem aus der Welt schaffen. Bereits am 2. Juni war dazu ein Zusatzartikel zu sachfremden Gesetzen, eine im griechischen Sprachgebrauch Tropologie genannte juristische Technik, durch das Parlament verabschiedet worden.
Die Tropologie besagte, dass die Treuhand direkt der Gerichtsbarkeit des Areopags untersteht. Eventuell ohne es zu wissen, hatten die Abgeordneten der Regierung dem Berufungsgericht den Fall entzogen. Der Staatsanwalt des Areopags Charalabos Vourliotis entschied am Donnerstagmittag, dass die Anklage fallen gelassen wird.
Ein weiteres oberstes Gericht, der Staatsrat, legte der Regierung noch ein für die Öffentlichkeit faules Ei ins Nest. Der Staatsrat bestimmte, dass Verlängerungen der Strafbarkeit für Steuerhinterziehung, so wie sie in der Krise beschlossen wurden, verfassungsfeindlich sind. Dadurch werden die oft medial erwähnten Listen von mutmaßlichen Schwarzgeldkonten wertlos. Die allgemein als Falciani Liste bekannte Aufstellung von Nummernkonten bei der schweizerischen HSBC, welche den Griechen kostenlos von Christine Lagarde übergeben wurde, kann von den Finanzbehörden ab sofort nicht mehr genutzt werden. Das betrifft ebenfalls die im Januar 2016 vom damaligen NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans feierlich an die griechische Regierung übergebene Aufstellung griechischer Auslandskonten.
Greek NASA – ein kleiner Schritt zur großen Verblendung
Im März 2017 versprach der Minister für digitale Politik, Telekommunikation und Medien Nikos Pappas, Premierminister Alexis Tsipras΄ engster Freund den Griechen die Wiederaufnahme eines Weltraumprogramms. Er ließ eine Weltraumbehörde einrichten, vergaß aber zu erwähnen, dass das Land bereits über eine solche verfügte. In den sozialen Netzwerken wurde daraufhin monatelang über die „Greek NASA“ gewitzelt.
Tatsächlich jedoch sahen die Griechen in der Nacht vom 28. auf den 29. Juni Pappas in einer Liveübertragung vom Weltraumbahnhof in Französisch Guayana. Der mit Gefolge angereiste Minister feierte den Start einer Ariane Rakete ins All. Diese transportierte den Satelliten Hellas Sat 3 in eine Erdumlaufbahn.
„Griechenland schlägt eine neue Seite hinsichtlich der Politik für die Nutzung des Weltraums und für Dienste im All auf. Die Nachricht, welche unser Land sendet hat viele Empfänger und ist eindeutig. Griechenland richtet sich wieder auf. Auf allen Gebieten. Unsere Position, dass wir „das Morgen, heute für alle“ bringen, bekommt Hand und Fuß“, triumphierte der Minister. Artig kommentierte der Staatsender ERT während der Liveübertragung und der Nachrichtensendungen des Donnerstags, dass „Griechenland im All“ ist.
In den Presseerklärungen des Ministeriums werden die Journalisten des Landes über alle technischen Details des Satelliten informiert. Nur, eins wird nicht erwähnt. Dass Hellas Sat 3 von der französischen Thales gebaut wurde, und dass Hellas Sat 4 bereits bei Lockheed Martin bestellt wurde, erfährt niemand. Warum auch? Das Unternehmen Hellas Sat gehört gar nicht den Griechen. Es wurde vom Staat zusammen mit dem Telekommunikationsunternehmen OTE an die Deutsche Telekom verkauft und von dieser 2013 an Arabsat veräußert.
Im Großraum Athen befindet sich lediglich ein Kontrollzentrum einer Tochterfirma von Hellas Sat. Dort werden tatsächlich einige griechische Ingenieure beschäftigt. Freuen darf sich aber der Fiskus Zyperns. Denn die neuen Besitzer wählten aus finanztechnisch nachvollziehbaren Motiven die Inselrepublik zum Stützpunkt der europäischen Aktivitäten ihres Unternehmens.
Pappas hätte es besser wissen müssen, denn seine Partei, SYRIZA, hatte 2014 noch zu Oppositionszeiten in einer parlamentarischen Anfrage dokumentiert, was das Land durch den Verkauf von Hellas Sat und OTE alles verloren hat. Die Anfrage ist immer noch online auf der Webseite der Partei abrufbar.
Doch auch ohne Suchmaschine hätte Pappas in Windeseile erfahren können, wem Hellas Sat Gewinn beschert. Federführend für die Anfrage zeichnete seinerzeit der heutige Finanzminister Euklid Tsakalotos.
Kommentare
Aber darf auf keinen Fall passieren. Es könnten viele unangenehme Fragen vom Volk gestellt werden. Eine kranke Welt...
Die Politik mit der ach so " kritischen Grünen" kein Wort.
Lieber ausgiebig den Erfolg der Homoehe feiern.