Ziel seiner Reise war unter anderem die Stärkung der deutsch-japanischen Beziehungen auf bilateraler Ebene, um nach den von den USA abgebrochenen TPP-Verhandlungen „gemeinsam auf die USA“ und auf China einzuwirken (Handelsblatt, 25.07.2018).

Darüber hinaus soll die bilaterale Zusammenarbeit auf Basis des gerade abgeschlossenen Freihandelsabkommens zwischen Japan und der EU, JEFTA, vertieft und ausgebaut werden.

„Die Spannbreite möglicher Kooperationen reicht dabei von der Handelspolitik bis hin zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit in Afrika oder Technologien für die allseits vernetzte Welt. Autonomes Fahren und künstliche Intelligenz gehören ebenfalls dazu.“ (ebenda)

Wie soll ich mir das denn jetzt genau vorstellen? Wollen Maas und Abe die Achse Berlin-Tokio wieder eröffnen?

Abgesehen davon, dass – grob zusammengefaßt – das JEFTA-Abkommen zwischen Japan und der EU in bezug auf Deutschland wohl sehr wenige Vorteile bringen dürfte.

Nicht nur, dass die Hautpbestandteile des bilateralen Handels beider Länder sich kaum komplementieren – sowohl japanische Importe nach Deutschland, als auch deutsche Exporte nach Japan bestehen hauptsächlich aus technischen Anlagen, Maschinen und deren Zubehör.

Die bilateralen Zollbestimmungen auf die jeweiligen Produkte bestehen bereits seit Jahrzehnten mehr oder weniger unverändert und die entsprechenden Einfuhrzölle zwischen Deutschland und Japan sind bereits sehr niedrig.

In Deutschland wird der Abschluß des JEFTA gefeiert, als wären wir gerade wieder Fußballweltmeister geworden (zugegeben, dieser Vergleich hinkt ja seit dem 27. Juni dieses Jahres gewaltig), vor allem, um dem bösen Trump zu zeigen, dass es auch ohne ihn und die USA geht.

Japan sieht im JEFTA völlig andere Möglichkeiten – nämlich im Agrarbereich.

Japan ist in jeder Hinsicht (bis auf Reis) auf den Import von Agrarprodukten angewiesen. Die alternde Gesellschaft in Japan führt zudem dazu, dass es immer weniger Bauern gibt, die Agrarprodukte im Lande herstellen und anbieten. Das heißt, die Situation der Nahrungsmittelversorgung in Japan dürfte sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten nur noch verschärfen, was unweigerlich zu Teuerungen im Lebensmittelsektor führen dürfte. Hier kommt für Japan nun das JEFTA ins Spiel: Tokio hat vor allem Länder wie Frankreich, Spanien und Portugal im Visier, die einen ausgeprägten Agrarsektor haben und wo die Herstellungskosten noch vergleichsweise niedrig sind. In diesem Sinne dürften vor allem die genannten Länder vom JEFTA profitieren und sich in Japan neue Absatzmärkte erschließen – während sich für Deutschland im bilateralen Handel mit Japan wohl kaum bis gar nichts ändert.

Ein Politiker, der seine Wahlkampfversprechen umsetzt

Aber zurück zu Heiko: Der will nun also die bilaterale Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Japan stärken (wobei ich aus oben genannten Gründen stark bezweifle, dass sich der deutsch-japanische Handel dadurch signifikant ausweiten wird), denn erstens: „Schließlich setzt Trump die Drohungen nun wirklich um, die er dem vermeintlichen Währungs- und Handelsschurken Japan in Wahlkampfreden entgegengeschleudert hatte“ (ebenda) und zweitens „wirbt China seit 2012 um die Gunst von 16 zentral- und osteuropäischen Ländern“ und investiert „verstärkt auf dem West-Balkan“. (ebenda)

Unerhört! Ein Politiker, der seine Wahlkampfversprechen nach der Wahl tatsächlich umsetzt!

So etwas wäre in Deutschland undenkbar!

Und China investiert seit 2012 verstärkt in Osteuropa. Seit 2012? Das war vor sechs Jahren! Und jetzt will man mit der verstärkten deutsch-japanischen Zusammenarbeit den Osteuropäern eine Alternative zum Engagement Chinas geben? Nach sechs Jahren? Und vor allem in Osteuropa? Das sind doch diese von Berlin verteufelten Visegrad-Staaten, die sich nicht an die Flüchtlingsverteilungsschlüssel halten und deswegen – auch und vor allem ausgehend von der Berliner Regierung – mit Sanktionen belegt werden sollen.

Die freuen sich bestimmt jetzt alle wie die Schnitzel, dass Japan und Deutschland gemeinsam in Osteuropa aktiv werden und den seit 2012 dort engagierten Chinesen den Rang ablaufen wollen.

Um das Ganze dann noch völlig ambivalent zu machen, verkündet das Handelsblatt „China verfüge über deutlich mehr finanzielle Möglichkeiten als Deutschland und Japan. Ohne eigene Initiativen würden Länder, die nach Entwicklungsmöglichkeiten suchen, Angebote aus China annehmen.“ Und gleich im nächsten Satz heißt es weiter: „Es gehe dabei nicht gegen China, sondern darum, gemeinsam bessere Alternativen vorzulegen.“ (ebenda)

Also was denn jetzt? China hat mehr finanzelle Möglichkeiten als Deutschland und Japan und man will sich ja auch nicht gegen China stellen, aber man will Alternativangebote zu den chinesischen machen – und das obwohl man weniger finanzielle Möglichkeiten hat – weil sich ansonsten die Länder mit Entwicklungsbedarf an China wenden würden. Ach ja, und nebenbei will man natürlich auch noch dem US-Präsidenten „künftig Paroli“ bieten.

Also wenn das nicht die Quadratur des Kreises in Reinform ist. Da bleibt einem nur übrig, unserem Außenminister in seinem Vorhaben ganz ganz viel Glück zu wünschen.

Anekdote am Rande: Vergangene Woche stellte Tokio auf Druck der USA hin ihren Ölhandel mit dem Iran komplett ein, während Berlin bei seinen Bündnispartnern weiterhin dafür wirbt, den Handel mit dem Iran aufrecht zu erhalten.

So schnell können also wohlgemeinte Pläne der Zusammenarbeit an der Wirklichkeit scheitern.

Peter Babucke

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