Eine geostrategische Brücke zwischen Indischem Ozean und Pazifik

Die Wortschöpfung geschah mit dem Ziel, den indischen Subkontinent mit seiner zweitgrößten Bevölkerung weltweit strategisch mit den Boom-Regionen Ostasiens am Pazifik in Verbindung zu bringen, was den Anspruch Indiens unterstreichen sollte, der Volksrepublik China auf dem Weg zum Status einer Weltmacht zu folgen.

Traditionell wurden die Anrainerstaaten des Indischen Ozeans, in diesem Fall die asiatischen Anrainerstaaten, denn dieser Ozean liegt auch an den Küsten Ost-Afrikas und West-Australiens, als Süd-Asien betrachtet und getrennt von den südost-und ostasiatischen Anrainerstaaten des Pazifiks betrachtet. Bei dem Begriff „Indopazifik“ handelt es sich also um einen relativ neuen Begriff, der aber an Bedeutung gewinnt und daher eine immer stärkere Verwendung findet.

Heiko Maas scheint vom „Indopazifik“ geradezu fasziniert, als ob er der Außenminister einer der Anrainerstaaten dieser Ozeane wäre, aber nicht derjenige der Bundesrepublik Deutschland, die ja bekanntlich eher im Herzen Europas liegt.

Erstaunlich ist es auf jeden Fall schon, wie viel Energie und Aufmerksamkeit Maas diesen fernen Gefilden widmet, wo sich doch <link gesellschaft-und-politik beitrag es-brennt-an-den-grenzen-der-eu _blank>inner- und außerhalb der EU die Konflikte zuspitzen und ungelöste Krisenherde auf diplomatische Lösungen harren, zum Teil auch zwischen NATO-Staaten.

Der Indopazifik als Priorität der deutschen Außenpolitik?

Heiko Maas scheint von solchen Selbstzweifeln nicht geplagt. Bei der Präsentation des Strategiepapiers der Bundesregierung äußerte der Außenminister kurz und bündig:

Der Indopazifik ist eine Priorität der deutschen Außenpolitik!

Aha, also nicht die Ost- und Nordsee, deren Anrainerstaat die Bundesrepublik ja ist, nicht das Mittelmeer, welches die EU-Staaten mit Nordafrika und dem Nahen Osten verbindet, auch nicht der Atlantik, der angeblich Europa und die USA in einem Verteidigungspakt namens NATO transatlantisch zusammenschweißt, sondern der „Indopazifik“.

Nicht nur Bewohner und die Regierungen in Süd- und Ostasien werden diese Äußerung mit Verwunderung vernommen haben, auch viele Beobachter in Europa. Man stelle sich vor, der russische Außenminister hätte die Alpenregion zur Priorität der russischen Regierung erklärt, oder sein chinesischer Amtskollege die Ostsee - der Aufschrei wäre groß gewesen.

Auf der Website des Auswärtigen Amtes ist man daher auch um einen etwas diplomatischeren Ton bemüht:

In den vergangenen Jahren hat der indo-pazifische Raum wirtschaftlich und politisch erheblich an Bedeutung gewonnen. Die Bundesregierung stellt nun die Weichen für ihre künftige Politik mit den Ländern im Indopazifik.

Das ist zweifelsohne richtig - und wichtig wäre es daher, zu diesen Staaten der Region vernünftige und freundschaftliche Beziehungen zu pflegen, ohne diese gewichtige Weltregion mit ihrem immensen demographischen und ökonomischen Potential gleich zur obersten „Priorität Berlins“ zu erheben.  

Keine Kartenkunde im Auswärtigen Amt?

Ja, man kann den Eindruck gewinnen, im Auswärtigen Amt hätte man schon lange keine Kartenkunde mehr betrieben, denn in dem Text auf der Homepage heißt es weiter:

Geopolitische Machtverschiebungen im Indopazifik haben auch unmittelbare Auswirkungen auf Deutschland: Die Volkswirtschaften im europäischen und im indo-pazifischen Raum sind durch globale Lieferketten eng miteinander vernetzt. Wichtige Handelsrouten führen durch den Indischen Ozean, das Südchinesische Meer und den Pazifik. Wenn Konflikte in der Region die Sicherheit und Stabilität dort beinträchtigen, hat das auch für Deutschland Folgen.“

Ja, es hat vor allem für Deutschland Folgen, wenn in unserer unmittelbaren Nachbarschaft Sicherheit und Stabilität gefährdet sind, wenn durch falsche außenpolitische Ansätze, durch transatlantische Nibelungentreue neue Brandherde geschaffen werden, wenn auf Geheiß Washingtons die EU ihr Verhältnis zu Russland und zu China belastet, ja, wenn durch deutsche und westliche Rüstungsfirmen Konflikte angeheizt werden, aber auf solche Formulierungen verzichtet man im Auswärtigen Amt dann doch lieber.

Studiert man die Erklärungen auf der Homepage des Auswärtigen Amtes weiter - oder lauscht wahlweise ergriffen den Formulierungen von Heiko Maas -, so könnte man, wenn man es nicht besser wüsste, den Eindruck gewinnen, es handele sich bei Staaten in der Region “Indopazifik“ um irgendwelche Kolonien oder Bananenrepubliken, die nur darauf warten, von Berlins außenpolitischen Ansätzen wieder auf den richtigen Weg zurück geleitet werden, nicht aber um die Milliardenvölker Indiens und Chinas, um nur die beiden Beispiele zu nennen.

Die versuchte Instrumentalisierung Vietnams

Aber das Dilemma ist noch vielschichtiger. So möchte Heiko Maas nicht nur in der Hemisphäre Pekings, Moskaus, Dehlis oder Tokios Sicherheit und Stabilität garantieren, also all das, was ihm in Europa nicht gelingt, nein, Heiko Maas möchte auch Vietnam für diese strategischen Interessen gewinnen, als Prellbock gegen die Volksrepublik China. Auf der Website german-foreign-policy.com heißt es diesbezüglich

Außer ökonomischen verfolgt Berlin in Vietnam zentrale politische Interessen. Das Land begreift sich traditionell als südostasiatischen Gegenspieler Chinas und hat noch 1979 einen mehrwöchigen Landkrieg gegen den nördlichen Nachbarstaat geführt. Noch 1988 kam es zu einem chinesisch-vietnamesischen Seegefecht bei den Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer. Der Konflikt um diverse dortige Inseln, Sandbänke und Riffe dauert bis heute an.“

„Was heißt das für mich konkret!?“

Die neuen außenpolitischen Winkelzüge von Heiko Maas, in Richtung Süd- und Ostasien, entsprechen in keiner Weise den Interessen der Bundesrepublik, der EU oder Europas. Sie sind ein geopolitisches Vabanquespiel, im direkten strategischen Interesse der USA im Rahmen der zu beobachtenden Frontstellung Washingtons gegen Peking, wobei das Auswärtige Amt eine willfährige Rolle einnimmt.

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