"Le Sourir de Emanuelle Macron/Das Lächeln des Emanuelle Macron", möchte der Verfasser dieses Beitrages fast titeln, nachdem er kürzlich die TV-Debatte aus Paris angeschaut hatte, zwischen den beiden Kandidaten um das Amt des Präsidenten der 5. Republik.

Dieses Lächeln, überlegen arrogant wirkend, welches Emanuelle Macron aufgesetzt hatte, zumindest zu Beginn der Sendung, hätte er sich wohl lieber aus dem Gesicht wischen sollen.

Andererseits hat dieser junge smarte Mann natürlich gut lächeln.

Macron ist der Mann, der aus dem Geldgeschäft kam und wie aus dem Nichts in der Politik auftauchte.
Als Investmentbanker verdiente Macron Millionen, weil er Industriegiganten wie Nestlé und Pfizer zusammenfügte – was nicht unbedingt zum Vorteil der Beschäftigten und der Verbraucher geschah.

Dagegen spielte Marine Le Pen ihre Rolle als grobe Blondine aus dem Volk aus - was sie ja nie war - nannte Macron einen "candidat de la mondialisation sauvage", den "Kandidaten einer wilden Globalisierung", während dieser seine Konkurrentin als ein unbelehrbares Dummchen darzustellen versuchte - nicht ganz erfolglos - welches besonders von ökonomischen Zusammenhängen nichts versteht.

Überhaupt wirkte Le Pen müde und gealtert, ihre Argumente waren dürftig, was auch daran lag, dass ihr Gegner es sich nicht nehmen ließ, das Gespräch überwiegend mit wirtschaftspolitischen Fragen zu prägen, seinem Fachgebiet.

Das Spektakel war auf jeden Fall interessanter, als eine vergleichbare TV-Debatte östlich des Rheins.

Die Wähler in Frankreich stehen vor einem ähnlichen Dilemma, wie fast alle Wähler in der westlichen Welt.

Linksliberale sehen sich genötigt, gemeinsam mit Rechtsliberalen zu agieren für Macron, für Clinton, für Rutte, für Merkels Willkommenskultur, weil die Alternative bedrohlich ist. Und was haben sie zu gewinnen? Noch mehr Börse und Turbo-Kapitalismus, noch mehr „Abgehängte“.

Die französische Linke ist deshalb in der Zerreißprobe.

Nach der ersten Runde am 24. April schickten die Fernsehsender ihre Reporter los, um die Anhänger des auch von den Kommunisten (PCF) unterstützten, knapp unterlegenen Jean-Luc Mélenchon, Wortführer des Parti de Gauche (Linkspartei), danach zu fragen: Wen werden sie jetzt wählen?

Marine Le Pen und Emmanuel Macron sind zwei Kandidaten, die der linken Wählerschaft gründlich zuwider sein dürften.

Le Pen, Macron oder Wahlenthaltung - das sind also die verbliebenen drei Alternativen für dieses Milieu.

Dieses führte dazu, dass Mélenchon und seine Leute auch im benachbarten Deutschland wieder einmal in eine politische Ecke gerückt wurden, in die sie gewiss nicht gehören.

Weshalb?

Ausbleibende Wahlempfehlung seitens der Linken

Mélenchon weigert sich bisher, eine Wahlempfehlung abzugeben. Aus seiner Perspektive nicht zu Unrecht, Zu wem soll er auch raten? Etwa zum Wirtschaftsliberalen Macron, der für so ziemlich alles steht, was Mélenchon und seine Anhänger bekämpfen?

Der slowenische Philosoph Slavoj Žižek unterstütze Mélenchons Thesen in einem Gastbeitrag für den britischen Independent.

Darin argumentiert er: Eine Wahl zwischen radikalem Nationalismus und radikalem Neoliberalismus sei keine Wahl. Da es keine realistische linke Alternative gebe, appelliert Žižek: Nicht wählen gehen, stattdessen an einer linken politischen Vision arbeiten.

Es ist diesbezüglich nicht ausgeschlossen, dass viele Wähler der Linken doch für Le Pen votieren werden, aus Abneigung gegen die Folgen des Börsen-Kapitalismus, der die Demokratien des Westens in den letzten Jahren mehr schädigte, als Nationalisten, Kommunisten oder Islamisten es fertig gebracht hätten.
Eine Frau, die sich als ehemalige Wählerin der Kommunisten zu erkennen gab, erklärte den Reportern eines Pariser TV-Senders, weshalb sie für Le Pen stimmen würde, obwohl es sie Überwindung kostet. »Nur dann kann die Linke wieder zu alter Solidarität zurückfinden. Nur dann werden wir fünf Jahre Widerstand leisten können, nur dann werden wir die Straßen unserer Städte besetzen und zeigen können, wohin uns der Finanzkapitalismus geführt hat.«

Ob diese These stichhaltig ist, ob sie Sinn macht, sei dahingestellt. Auf jeden Fall hat Macron nicht die Mehrheit der Bevölkerung Frankreichs hinter sich, selbst wenn ihm am Sonntag ein großer Wahlerfolg gelingt.

François Hollande hat nicht nur seine sozialistische Partei zerstört, sondern Frankreich auch weitere verlorene Jahre beschert.

Diesbezüglich war der scheidende Präsident sogar noch erfolgreicher als sein Amtsvorgänger.

Ob Macron als Präsident in der Lage sein wird, die Herausforderungen zu meistern, von denen seine Amtszeit von Beginn an belastet sein wird, ist höchst fraglich.

Immerhin war Macron der politische Zögling von Hollande und aus seiner Amtszeit als dessen Wirtschaftsminister sind keine nennenswerten Erfolge erkennbar.

In einer französischen Radiosendung erklärte Emanuelle Macron neulich, weshalb er den liberalen Bürgerkönig Louis-Phillipe aus dem 19. Jahrhundert als ein historisches Vorbild betrachtet.

Die Tatsache, dass dieser Monarch 1848 vom Volk gestürzt wurde und die Flucht ins Ausland antrat, ließ Macron dabei unerwähnt.

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