Trump setzt sich nicht durch – wieder einmal

Trotz massiver Drohkulisse und versuchter Einflussnahme Washingtons, gab Großbritannien den in Gibraltar festgehaltenen iranischen Erdöltanker Grace 1 frei. Kurz davor hatten Berlin und Paris Trump bezüglich einer Beteiligung an der von den USA angeführten “Operation Sentinel“ im Persischen Golf eine Abfuhr erteilt.

Der US-Präsident hatte kaum Zeit diese Ereignisse zu verdauen, da kommt der nächste Paukenschlag. Der französische Präsident Macron traf sich an der Côte d'Azur mit Wladimir Putin. Diese Begegnung ist offensichtlich der Auftakt einer Reihe von außenpolitischen Konsultationen, mit den Frankreich darum bemüht ist, die US-Dominanz über die außenpolitische Entscheidungskompetenz der EU zu verringern.

In geopolitischen Belangen waren und sind die Franzosen die profunderen Denker, gerade im Vergleich zu Berlin, wo man sich eher mit Gender-Fragen beschäftigt, als mit den außen- und verteidigungspolitischen Fragen, die sich jenseits von „Washington befiehl, wir folgen Dir“ beschäftigen.

Paris prescht außenpolitische voran

Paris sucht neue Bündnis-Partner und versucht die bundesdeutsche Hegemonie in Mittel- und Osteuropa, die von Berlin in keiner Weise für alle Akteure gewinnbringend genutzt wird, zu überwinden. Macron hat ausdrücklich angekündigt, sowohl zur Lösung der Krisen um den Iran als auch der Ukraine mit Moskau verhandeln zu wollen. Trump warf Macron daraufhin vor, sich in die amerikanische Iran-Politik einmischen zu wollen, worauf der französische Außenminister barsch entgegnete, dass Paris keine Erlaubnis von Washington benötige, um mit Iran eigene Beziehungen zu pflegen.

Macron auf den Spuren De Gaulles?

Der französische Präsident orientiert sich hier anscheinend an gaullistischer Strategie. De Gaulle, der wohl größte Staatsmann Frankreichs - vielleicht auch Europas - im 20.Jahrhundert, plädierte für ein starkes Europa, vom Atlantik bis zum Ural, unter Einschluss von Russland.

Schon früh erkannte der General im Amt des Staatsmannes, dass diese Vision im schroffen Gegensatz zu der Strategie der USA stand. Als De Gaulle im März 1966 sich den Strukturen der NATO entzog, liefen die Vorbereitungen für diesen Coup unter strengster Geheimhaltung.

De Gaulle hatte nur seine Außen- und den Verteidigungsminister eingeweiht. Erst unmittelbar hatten die übrigen Minister erfahren, dass Paris seine militärische Mitarbeit in der NATO beenden würde .

In einem Brief an den damaligen US-Präsidenten Lyndon B. Johnson, erklärte der französische Staatsmann, dass Frankreich beabsichtige „seine volle nationale Souveränität auf seinem Territorium“ wiederherzustellen und sich auch nicht mehr an der „integrierten Kommandostruktur des Bündnisses“ zu beteiligen.

Paris zog daraufhin am 1. Juli 1966 seine Truppen unter NATO-Befehl zurück. Formell blieb das Land Mitglied des Bündnisses, aber das NATO-Hauptquartier war immerhin gezwungen, von Paris nach Brüssel umzuziehen und seine Truppenverbände größtenteils in die Bundesrepublik zu verlagern.

De Gaulle störte sich zunehmend an der anglo-amerikanischen Dominanz im Bündnis, d. h. der Herrschaft der USA, die bis heute anhält. Ob Macron über das gleiche Format verfügt, die gleiche Standhaftigkeit, ja das gleiche historische Sendungsbewusstsein, mag stark bezweifelt werden. Dafür ist der amtierende Präsident doch zu sehr ein Günstling der Banken und multinationalen Konzerne, um die sich De Gaulle nie scherte, ja von denen er eben so wenig hielt, wie vom US-Wirtschaftsmodell, welches heute unter dem Begriff „Globalisierung“ weltweit vorherrschend ist.

Aber immerhin geht die Initiative Macrons in die richtige Richtung und könnte der EU neue Perspektiven eröffnen, wenn Berlin bereit ist, den zugespielten Ball aufzufangen. Wenn, ja wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wäre. Der Gipfel von Biarritz verspricht stürmisch zu werden.

Fazit:

Die EU ist dringend darauf angewiesen, eigene außen- und verteidigungspolitische Ansätze zu entwickeln, die den Interessen der Staatengemeinschaft wie auch des Kontinents entsprechen.

Den Vorgaben Washingtons ist nur noch bedingt zu folgen, da diese die Sicherheit und Zukunft unseres Kontinents massiv gefährden. In diesem Zusammenhang ist der Vorstoß von Präsident Macron ein Schritt in die richtige Richtung. Bisher aber nur ein Schritt, weitere müssen folgen. Vor allem Berlin ist gefordert die im politischen Betrieb der deutschen Hauptstadt vorhandene Zaghaftigkeit und Orientierungslosigkeit zu überwinden. Hierfür ist es notwendig die brennenden Fragen der Zeit, flankiert von historischen und politischen Analysen, zu erfassen und diese zu beantworten.

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