Der Mann habe Charme, sei gleichzeitig Junge und Mann, schwärmte der britische Romanschriftsteller und ehemalige Geheimagent John le Carré kürzlich in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin der Spiegel, nachdem er auf den französischen Präsidenten angesprochen wurde. Macron erinnere ihn an den frühen Tony Blair, so der Autor von „Der Spion, der aus der Kälte kam“, besitze „Glamour und Eleganz“ und werde „von der Schwäche Angela Merkels profitieren“.

Kurz reist zuerst nach Paris, nicht nach Berlin

Die Tatsache, dass der neue österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz seinen ersten Antrittsbesuch in Paris vollzog und nicht in Berlin, sollte der Kanzlerin –vor einiger Zeit  noch als die „mächtigste Frau der Welt“ gelobhudelt- zu denken geben.

In der Tageszeitung die Welt war diesbezüglich zu lesen: “Es ist ein Kontrast, der größer nicht sein könnte: das Treffen von Emmanuel Macron, 40, und Sebastian Kurz, 31, am Freitag im prunkvollen Élysée-Palast in und der Auftritt der GroKo-Sondierer im Willy-Brandt-Haus. In Paris sitzen sich zwei dynamische, jung wirkende Männer gegenüber, in Berlin treten am gleichen Tag zwei Männer und eine Frau auf, alle über 60, die noch einmal miteinander regieren wollen“.

Allerdings wurde dieser Artikel des Springer-Blattes, welches bis vor kurzem noch die Politik Merkels mit einem unkritischen “Mutti- Kult“ zu begleiten pflegte, von der These gekrönt, wonach Kurz die Zukunft Europas prägen würde, was eher einer Milchmädchen-Rechnung gleicht, als einer journalistischen Analyse.

Die neue Dynamik Frankreichs unter Macron

Wie immer man auch zukünftig die Rolle Frankreichs und Macrons historisch interpretieren wird, er hat auf jeden Fall eine Dynamik entfacht, welche der unter Hollande in Agonie gefallenen fünften Republik kurzfristig neue Lebensimpulse vermittelt. Ob diese Tendenz anhalten wird, wird auch von der Akzeptanz abhängen, welche die französischen Wähler zu geben bereit sind.

Wenig hat Macron, dessen Bewegung »La République en Marche« (LREM), eine marschierende Republik das bisherige Parteiensystems Frankreich zertrümmerte, über die gravierenden wirtschaftlichen Probleme, an denen Frankreich leidet, über das Defizit der öffentlichen Finanzen und Auslandskonten, die Baisse der Wettbewerbsfähigkeit, den Rückgang im europäischen und im Welthandel geäußert; wenig über die Rosskuren, die beispiellose Haushaltsstrenge, die er seinen Landsleuten zu verordnen gedenkt.

Macron gleich Sarkozy?

In diesem Zusammenhang sei Macron an die Amtszeit von Nicolas Sarkozy erinnert. Auch von diesem Präsidenten ging zunächst eine unglaubliche Energie aus. Eine Energie, die ihm ja auch erst den sensationellen Aufstieg -bis ins höchste Staatsamt- ermöglichte. Der Geburt in Frankreich und dem „ius soli“ verdankt  Sarkozy seine französische Staatsangehörigkeit. Sein Vater ist ein ungarischer Adliger, aber wer ist in Ungarn nicht alles adlig. Seine Mutter stammt aus der uralten sephardischen Gemeinde von Saloniki.

Dass die französische Rechte, die erzkonservative Bourgeoisie, die ja in Frankreich noch immer über mehr Einfluss verfügt als man glaubt, diesen Zuwanderer vom Balkan – der beginnt für viele Franzosen ja schon irgendwo hinter dem Rhein - nicht nur akzeptierte, sondern auch aktiv unterstützte, stellte die eigentliche Sensation da. 

Dass Sarkozy auch noch eine jüdische Mutter hat, ergänzte dieses „politische Wunder“. Allerdings, als sich seine erste Amtszeit dem Ende entgegen neigte, wohl noch von der Hoffnung getragen ein zweites Mal als Präsident Frankreichs antreten zu dürfen, sah man Nicolas Sarkozy, der plötzlich eine napoleonische Ader in sich entdeckt hatte, ständig über Landkarten und Zielangaben gebeugt, als Feldherr gegen Gaddafi. Das Ergebnis dieser geopolitischen Ambitionen ist bis heute spürbar und ungelöst. 

Naher Osten und Nordafrika

Macrons außenpolitische Ambitionen, die er bisher nicht erfolglos demonstrierte -angeblich ging Trumps Entscheidung bezüglich des  iranischen Atomprogramms auf das Engagement des französischen Präsidenten zurück- sind in Richtung des Nahen Ostens und Nordafrika gerichtet. Der größte französische Staatsmann des vergangenen Jahrhunderts, der starb als Macron noch gar nicht auf der Welt war, Charles de Gaulle, schrieb rückblickend über seine außenpolitischen Erfahrungen in den genannten Regionen: “In den komplizierten Orient reiste ich mit einfachen Ideen!“.

Vielleicht kennt der amtierende Präsident unseres Nachbarlandes, mit dem wir schicksalhaft verbunden sind, dieses Zitat. Was die politische Zukunft Europas angeht, so gehört die Zukunft Macron, nicht Merkel.

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