Seltsam, dieser französische Politiker hat offensichtlich vergessen, wie das Vorgehen der französischen Polizei gegen Demonstranten, im Rahmen der sogenannten "Gelbwesten-Proteste" ausging. Präsident Emmanuel Macron selbst nannte Ende Januar 2019 eine konkrete Zahl: Er bedaure den Tod von elf Mitbürgern während der Krise!

Elf Tote, im Land der "Menschenrechte". Auch sonst ist die französische Polizei nicht gerade bekannt für ihren zimperlichen Umgang mit Protestierenden. 

Frankreich bezieht Erdgas aus Algerien

Aber damit nicht genug, wenn die Energieversorgung eines Landes mit den Menschenrechten zusammenhängen sollte, was ja in einer perfekten Welt wünschenswert wäre, dann dürfte der Westen keinen Tropfen Öl aus Saudi-Arabien einführen. Oder kein Erdgas aus Algerien, wo Frankreich seinen Bedarf stillt, einem Staat der bekanntlich auch nicht gerade die Hitliste der Menschenrechte anführt.

Maas misst mit zweierlei Maß

Den Vogel diesbezüglich schoss aber wieder einmal unser landeseigene Bundesaußenminister ab. Nach einem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen verkündete Heiko Maas, neue Sanktionen könne Russland vermeiden, wenn es Nawalny nach seinem Haftprüfungstermin freilasse. 

Ah ja, als ob die Unabhängigkeit der russischen Justiz von der Meinung des deutschen Außenministers abhängig wäre. Heiko Maas schließt hier von sich auf andere, was das Einknicken vor Sanktionsdrohungen fremder Staaten betrifft.

Reinhard Lauterbach kommentierte diesen Blödsinn mit folgenden Worten:

Geht's noch? Auf der einen Seite Rechtsstaatlichkeit in Russland einfordern – und auf der anderen Seite verlangen, dass das Gericht, das über Nawalnys Haft zu entscheiden hat, sich gefälligst an Vorgaben aus Brüssel halten solle?"

Herzenswärme für Nawalny - Eisige Kälte für Assange

Überhaupt ist in dieser Angelegenheit erstaunlich, welche Eiseskälte der Fall des Julian Assange bei den westlichen Entscheidungsträgern hinterlässt, im Vergleich zu der großen Besorgnis um Alexej Nawalny, an dessen Krankenbett die Bundeskanzlerin ja eine Art Nachwache hielt.

Nein, für das Schicksal von Julian Assange hat Angela Merkel keine rührenden Gesten übrig, obwohl dieser australische Journalist niemals politische Gegner als "Ungeziefer" oder Menschen anderer Herkunft als "Nagetiere" bezeichnete, wie es Nawalny einst tat.

Nawalnys nationalistische Ansichten

Zu Nawalnys politischer Sozialisation erfährt man nur spärlich etwas im Westen. Wahlweise wird dieser großrussische Chauvinist als "Kremlkritiker", "Korruptionsjäger" oder der "einflussreichste Oppositionspolitiker" in Russland gelobhudelt.

Davon abgesehen, dass Nawalny gemäß Umfragen von etwa drei bis vier Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung, vor allem in den Großstädten, unterstützt wird, muss man sich doch wundern, wie in Berlin, Paris und andernorts bezüglich dieses Mannes beide Augen zugedrückt werden. Diese Zeilen entstammen nicht aus einer Moskauer Propaganda-Zentrale, sondern wurden von der Deutschen Welle erstellt, wenn auch vor vier Jahren:

Der 1976 bei Moskau geborene Nawalny studierte Jura und begann seine politische Karriere in der traditionsreichen liberalen Jabloko-Partei, wurde jedoch ausgeschlossen. Parteigründer Grigori Jawlinski begründete den Ausschluss mit Nawalnys nationalistischen Ansichten. Nawalny engagierte sich dann beim “Russischen Marsch”, einer Bewegung rechtsnationaler, rechtsextremer und fremdenfeindlichen Kräfte. Später distanzierte er sich teilweise davon.“ 

Aber so genau will man es dann doch nicht wissen, schon gar nicht die gleiche Messlatte anlegen, wie im eigenen Land - dafür eignet sich der Fall Nawalny doch zu gut als geopolitisches Machtinstrument.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Falls die Tränen der Rührung im Westen getrocknet sind, angesichts des zugeben harten - aber nicht unerwarteten- Urteils gegenüber Nawalny, sowie des Vorgehens der russischen Sicherheitskräfte gegenüber seinen Unterstützern, kann man sich endlich einmal wieder um die Menschenrechtssituation innerhalb der NATO-Staaten und ihrer Verbündeten kümmern, zum Beispiel in der Türkei oder Saudi-Arabien.

Wenn, ja, wenn das Wörtchen "wenn" nicht wäre - wenn Menschenrechte nicht mehr als politischer Kampfbegriff verwendet würden, sondern als Grundrecht für alle Menschen. In der Zwischenzeit wird der westlichen Öffentlichkeit eine Schmierenkomödie aufgeführt, auf deren glitschigen Boden so manche Wortführer bald ins Rutschen kommen könnten...    

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