Späte Einsicht der Nachrichtendienste

Nachdem unsere Freiheit vor einigen Jahren noch angeblich am Hindukusch verteidigt wurde, in der rauen Bergwelt Afghanistans, scheinen die Nachrichtendienste  inzwischen realisiert zu haben, was sich in Bosnien zusammenbraut, also direkt vor unserer eigenen Haustür.

Iran wird als Bedrohung inszeniert

Während den geneigten europäischen Medienkonsumenten in den letzten Tagen suggeriert werden sollte, dass Iran Europa mit seinem beachtlichen ballistischen Potenzial bedrohen würde, von der iranischen Atombombe, vor einiger Zeit noch als Schreckgespenst an die Wand gemalt, ist immerhin schon nicht mehr die Rede, wird der Abgrund, welcher die jahrelange Komplizenschaft des Westens mit Saudi-Arabien hervorgerufen hat, nur in kleinen Häppchen serviert.

So heißt es in dem erwähnten FAZ-Artikel:Bosnien-Herzegowina gilt wie alle Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien als höchst zerbrechliches Gebilde. Außerdem investierten die Golfstaaten, allen voran Saudi-Arabien, viel Geld, um die bisher dort geltende gemäßigte Spielart des Islam durch eine radikalere Variante der eigenen so genannten wahhabitischen Prägung zu ersetzen. Aus keinem europäischen Land schlossen sich, gemessen an der Bevölkerungsgröße, in den vergangenen Jahren so viele Kämpfer dschihadistischen Gruppen an wie aus Bosnien.

Richtig. Hierbei sei doch aber die Frage an die Kollegen der FAZ erlaubt, ob es sich um jenes Saudi-Arabien handelt, wo am vergangenen Wochenende eine so genannte Antiterrorkonferenz  stattfand, unter dem klingenden Titel „Islamic Military Counter Terrorism Coalition“ (Islamische Militärische Antiterrorkoalition, IMCTC). 

Terrorpaten richten Antiterrorkonferenz aus

Wenn ja, wovon auszugehen ist, dann wäre diese Veranstaltung also so zu bewerten, als ob irgendein Mafiapate eine Konferenz gegen das organisierte Verbrechen ausgetragen hätte.

Gemäß offiziellen saudischen Angaben nahmen an diesem Treffen Verteidigungsminister, Diplomaten und Regierungsfunktionäre aus 41 muslimischen Ländern teil. Iran war natürlich ausgeladen, ebenso jene Staaten mit mehrheitlich schiitischer Bevölkerung wie Irak und Libanon, die ja von den Saudis sowieso nicht als islamisch angesehen werden, sondern als Ketzer.

Dass also ausgerechnet die Saudis , die seit Jahrzehnten als wichtigste Geldgeber islamistischen Terrors fungieren, jetzt mit voller Billigung von US-Präsident Trump, in dessen Heimatstatt der Anschlag von 9/11 stattfand, woran überwiegend saudische Attentäter beteiligt waren, als führende Antiterrorkraft dargestellt werden, verdeutlicht, wie tief die westliche Politik gegenüber dem Nahen und Mittleren Osten inzwischen gesunken ist. Anstatt nach über 16 Jahren aus den Fehlern des so genannten „Krieg gegen den Terror“ zu lernen, nimmt das Verhängnis weiter seinen Lauf. 

Karzai: USA haben keinen Plan

Aber gibt es überhaupt noch ein strategisches Denken in der Außen- und Sicherheitspolitik des Westens oder dominiert die ökonomische Profitmaximierung - koste es, was es wolle? Herrscht die Wirtschaft über die Politik?

Dort wo dieser Krieg 2001 begann, in Afghanistan, obwohl bis heute kein einziger Afghane als Attentäter von 9/11 identifiziert wurde, ist immer noch kein Frieden eingekehrt. Stattdessen äußerte der ehemalige Präsident dieses geschundenen Landes Hamid Karzai kürzlich, die USA hätten keinen Plan für Afghanistan.

Ferner behauptete Karzai, das Hauptinteresse in Afghanistan liege im globalen Wettbewerb um die Vorherrschaft in der Region. Die USA schauen dabei auf die Atommächte China, Russland, Indien, Pakistan und Iran, so der Ex-Präsident.

Als der damalige Bundespräsident Horst Köhler 2010 andeutete, dass der Afghanistan-Einsatz viel mehr wirtschaftlichen Interessen dient, als irgendeinem Nation-Building-Prozess, rief er damit einen Sturm der Entrüstung aus, worauf er seinen Rücktritt erklärte.

Hamid Karzai wies weiter daraufhin, dass der IS in Afghanistan Wurzeln schlägt und die Taliban weiterhin eine mächtige politische Kraft geblieben sind. Die saudische Außenpolitik hatte in den 1980er und 1990er Jahren einen unglaublich negativen Einfluss auf die Stabilität in der gesamten Region.

Der Wohlstand der Saudis, beziehungsweise die Art, wie dieser Wohlstand verwendet wurde, um radikalislamisches Gedankengut zu verbreiten, die wahhabitische Lehre, hat viele der heutigen Konflikte mit verursacht. Eine Chance wurde damals vertan.

Wenn die Saudis sie genutzt und ihr Geld ins Bildungswesen der betreffenden Länder gesteckt hätten, dann hätten wir heute eine ganz andere und wesentlich weniger problembeladene islamische Welt.

Die Verbreitung des Wahhabismus, der saudischen puritanischen Form des Islams, mit direkter Unterstützung des Westens in der jüngeren Vergangenheit hat die Saat gelegt für die heutigen Probleme. Nicht nur in Afghanistan und nicht nur in Bosnien, sondern weltweit.

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