Das Wettrüsten der beiden NATO-Partner Griechenland und Türkei ist eine der Hauptursachen für die finanzielle Misere Griechenlands. Nicht nur, dass Griechenland im Vergleich zur Türkei über eine mehrfach geringere Bevölkerungsdichte verfügt, und damit pro Kopf mehr Rüstungsausgaben generieren muss als der Erzfeind und Nachbar. Bei Rüstungsgeschäften aller Art floss in der Vergangenheit erheblich viel Schmiergeld in die Kassen griechischer Politiker und Ministerialbeamten. Selbst, wenn dies im konkreten Fall nicht vorkommen sollte, gibt es doch auch innerhalb der Regierung Widerstand gegen Kammenos’ Aufrüstungsprogramm. Der ehemalige Bildungsminister Nikos Filis, der sein Amt auch wegen Kammenos’ Intervention verloren hat, hat eine Gruppe von SYRIZA-Parlamentariern um sich geschart, die Kammenos vorwerfen, er würde für sein Prestige bei den Streitkräften Ressourcen für soziale Projekte verwenden. Filis zog öffentlich mehrfach den Vergleich zwischen den zwei Milliarden Euro, die Kammenos ausgeben möchte, und den ständigen Rentenkürzungen, sowie Steuerbelastungen. Die derzeit in Athen diskutierten, von den Kreditgebern geforderten neuen Sparmaßnahmen haben ein Volumen von knapp 3,6 Milliarden Euro.

Das Wettrüsten der Griechen und Türken hat spätestens seit dem siebenten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts Tradition. Damals rüsteten die in Athen regierenden nationalistischen Obristen auf. Sie führten das Land in einen Konflikt mit der Türkei, der als Ergebnis bis heute die Besatzung von einem Drittel der Inselrepublik durch das türkische Militär hat. Im offiziellen Staatsetat Athens waren Rüstungsausgaben von knapp sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht selten. Noch 2009 gab das Land 7,7 Milliarden Euro für seine Verteidigung aus – heute sind es etwas mehr als vier Milliarden Euro. Kammenos sträubt sich dagegen, bereits im dritten Kreditmemorandum verankerte Kürzungen von knapp 400 Millionen Euro vorzunehmen.

Der Verteidigungsminister referierte indes im Parlament darüber, dass er bereits eine entsprechende Anfrage beim US-amerikanischen Rüstungskonzern Lockheed Martin eingereicht habe. Damit möchte er auf die dort vorliegende, offensichtlich verbindliche Bestellung von dreißig F-35 Jets durch den türkischen Verteidigungsminister Fikri Isik reagieren. Die türkische Luftwaffe möchte so ihre F-35 Flotte bis 2023 auf 100 Exemplare des modernen Kampfflugzeugs vergrößern.

Dies würde, angesichts der täglichen dutzendweise erfolgenden Luftraumverletzungen der türkischen Luftwaffe, die vor allem mit F-4 Phantom, F-16 und Mirage 2000 Jagdflugzeugen operierenden Griechen vor ernsthafte Probleme stellen. Kammenos möchte nun zwanzig F-35 Jets haben, und muss dafür circa 100 Millionen Euro pro Stück kalkulieren und aus dem ohnehin bereits eng kalkulierten Staatsetat für die Rüstung abzwacken.

Die Bedrohungslage ist durchaus real, wenn die von türkischer Seite geäußerten, verbalen Aggressionen ernst genommen werden. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat sich mit den Grauen Wölfen einen neuen Partner geholt, dessen Repräsentanten Griechenland am liebsten im Handschlag überfallen und die Griechen vertreiben oder ermorden wollen.

Zudem bestreiten die Türken die Rechtmäßigkeit der griechischen, und somit EU-Außengrenze und verlangen Hoheitsrechte, Wirtschaftszonen und militärische Kontrollbefugnisse in der Ägäis. Ausgerechnet am Donnerstag wurde während der Parlamentsdebatte in Athen aus „Kreisen des Außenministeriums“ das Gerücht gestreut, dass die Türkei im Juni einen Militärschlag auf Zypern planen würde. Seitens der türkischen Regierung wurde dies noch am Nachmittag als irreal dementiert, in Athen jedoch sorgt das Gerücht für eine Stärkung von Kammenos’ Position.

Dieser beteiligt sich seinerseits mit martialischen Sprüchen am verbalen Schlagabtausch mit den Repräsentanten der türkischen Regierung. Fast alle Oppositionsparteien äußerten Besorgnis darüber, dass Kammenos mit seinen eigenen Verbalattacken, das vor allem auf innenpolitische Ziele abzielende Spielchen der Türken mit der Provokation unkontrolliert anheizen würde.

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