Mag sein, dass der olympische Glanz des Elysée blendet, dass die den Franzosen eigene Leidenschaft für Inszenierungen und staatlicher Würde, welche man in der heutigen Bundesrepublik vergeblich sucht, die Grundlage bildet, für das öffentliche Erscheinungsbild, welches Emmanuel Macron als neuer Präsident Frankreichs der Öffentlichkeit präsentiert.

Die Fragen aber, wer ist Macron, in welche Richtung wird er Frankreich führen, wie wird sich seine Präsidentschaft auf Europa auswirken, beschäftigt nicht nur die  exklusiven Salons der französischen Hauptstadt, sondern auch die internationale Berichterstattung.

“Für einige, die von seiner Verführungskunst beeindruckt sein mögen, wäre er der natürliche Sohn eines Kennedy und eines Mendès France. Das darf bezweifelt werden. Der erste hatte mehr Charisma, der zweite hatte Prinzipien. Für andere aber wäre er Brutus, der Adoptivsohn Cäsars (…) Ein Mann, der nichts annimmt, aber alles verspricht, ausgerüstet mit dem Ungestüm eines jugendlichen Eroberers und dem Zynismus eines alten Fahrensmanns.“

Diese kritische Beschreibung Macrons, war zu Beginn dieses Jahres in einem Artikel in der französische Tageszeitung „Libération“ zu lesen. Zuvor wurde im gleichen Blatt die Formulierung „ein technokratischer Bankier“ verwendet, bezüglich der Persönlichkeit des Shooting-Stars der politischen Szene Frankreichs.

Das Image eines Schaumschlägers begleitete ihn seitdem. Macron, der einige Monate später seinen Einzug in den Palast an den Champs Elysées wie eine Krönungsmesse des höfischen Absolutismus inszenieren ließ, erinnerte eher an den Sonnenkönig Ludwig den 14, von dem ja bekanntlich das Bonmot stammte“ l'état c'est moi, - der Staat bin ich!“. Der Verdacht kommt dadurch auf, dass der erst 39 jährige Staatschef die Absicht hat, seine noch nicht vollendete persönliche Entwicklung im Èlysée Palast zu vollenden.

Unbewusst wurde aber mit diesem Schauspiel auch die verletzte Seele der Franzosen gestreichelt. Die Perspektive politischer Instabilität und wirtschaftlichen Niederganges, welche die Amtszeit von Francois Hollande prägte, flankiert von Katastrophen und Terroranschlägen nie gekannten Ausmaßes, ließ die Befürchtung aufkommen, Frankreich stehe an einem Abgrund, der auch auf Europa zurasen würde.

Der phänomenale Aufstieg des Front National, fast bis vor die Tore der Macht, wurde mit der Niederlage Marine Le Pens nicht ausgelöscht, sondern höchstens abgeschwächt. Ob es Macron gelingen wird, als Präsident, die tiefen Gräben einigermaßen zu schließen, von der die Gesellschaft Frankreichs heute geprägt wird, bleibt zur Stunde fraglich.

Die theatralische Beschwörung der großen Prinzipien, welche vor über 200 Jahren die Väter der Französischen Revolution beflügelten, reicht diesbezüglich nicht aus. Wie heißt es doch in einer alten französischen Redensart? „Les peuples heureux nónt pas d´histoire - die glücklichen Völker haben keine Geschichte.“Frankreich besitzt wohl eher zu viel davon.

Am Ende seiner Amtszeit, die eher einer Herrschaft glich, hatte Charles de Gaulle dem Grafen Henri von Paris ein politisches Testament geschickt. “Die Aufgabe des Staates“ hatte de Gaulle dort wie folgt für seine Nachfolger skizziert, „besteht darin, den Erfolg der Ordnungen über die Anarchie zu sichern und all das umzugestalten, was den Erfordernissen der Zeit nicht mehr entspricht.“

Einer seiner Nachfolger, namentlich Francois Mitterand, hatte sich auf jeden Fall diesem Testament verpflichtet gefühlt, was ein Vorteil für Europa und Deutschland war, denn. Mitterand  räumte den deutsch-französischen Beziehungen außenpolitische Priorität ein.

Es ist nicht bekannt, ob Präsident Macron die zitierten Reflexionen de Gaulles kennt. Auch nicht, ob er als eine Art überparteilicher Präsident im Stil de Gaulles zu amtieren gedenkt. In diesem Fall sollte er sich aber die Worte des Schriftsteller Andre Malraux in Erinnerung rufen, der ein enger Weggefährte des Generals war. Diese sagte einst:

“ Le Gaullisme sans de Gaulle, c' est idiot" - zu Deutsch: Gaullismus ohne de Gaulle hat keinen Sinn!“

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