Verstaatlichung von Privatbetrieben als Reform?

Vor vierzehn Tagen überraschte der griechische Infrastrukturminister Christos Spirtzis die griechische Öffentlichkeit mit einer Ministerialentscheidung. Er enteignete die Besitzer der öffentlichen Verkehrsbetriebe von Thessaloniki, des OASTH, Organismos Astikon Leoforeion Thessalonikis. Der Grund für dieses Handeln demonstriert eindringlich, warum die üblichen Rezepte der Reformen, welche Seitens der Kreditgeber den Griechen auferlegt wurden, zum Scheitern verurteilt sind.

Die Verkehrsbetriebe von Thessaloniki sind seit Jahrzehnten privatisiert. Sie erhalten Beihilfen vom Staat, sind jedoch hinsichtlich ihrer Zahlungsmoral notorische Drückeberger. Steuern, Sozialabgaben, aber auch Gehälter werden wenn überhaupt, nur mit erheblicher Verzögerung gezahlt. Die jüngsten Turbulenzen führten dazu, dass die Arbeitnehmer der Verkehrsbetriebe diese mit dem arbeitsrechtlichen Mittel des Rückhaltungsrechts lahmlegten. Erst nachdem die knapp 2300 Angestellten am Donnerstag insgesamt 6,4 Millionen Euro Lohngelder erhielten, brachen sie unter Vorbehalt ihren Arbeitskampf ab.

Schneckenpost – am falschen Ende gespart

Die griechische Post sollte eigentlich inländische Briefe innerhalb von 18 Stunden ausliefern. Tatsächlich erreichen die Sendungen der Kunden ihre Adressaten im Schnitt innerhalb von zehn Tagen, im Extremfall sogar nach zwanzig Tagen. Die Verzögerungen treten in einigen Regionen und Gemeinden des Landes verstärkt auf, in anderen weniger.

Der Grund für die an Pferdekutschenzeiten erinnernden Postlaufzeiten liegt im Personalmangel. 540 Zeitverträge fielen dem Rotstift zum Opfer. Nach Angaben des staatlichen Unternehmens liegt die Personalstärkte aufgrund der verordneten Sparmaßnahmen 35 Prozent unter dem Soll. Die meisten Zeitangestellten waren in der Sortierung der Post beschäftigt. Eine Lösung des Problems ist nicht in Sicht.

Parteiradio im Streik

Vom kommenden Montag bis zum Mittwochmorgen bleiben die Mitarbeiter des Radiosenders „Sto Kokkino“ stumm. Sie streiken, weil sie seit Monaten keinen Lohn erhalten haben. Dass griechische Arbeitgeber ihre Mitarbeiter in der Krise immer öfter ohne Honorierung lassen, ist ein weit verbreitetes Phänomen. Denkwürdig am Fall von „Sto Kokkino“ ist jedoch, dass es sich um den Parteieigenen Sender von SYRIZA, der Regierungspartei handelt. Die Partei beruft sich auf die Folgen der von ihr selbst gestalteten Wirtschaftspolitik als Grund für die verzögerten Gehaltzahlungen.

SYRIZA laufen die Parteifunktionäre weg

Die Regierungspartei selbst hat noch eine weitere Krise zu verkraften. Aufgrund der von ihr vertretenen Sparpolitik wird sie nicht nur von Wählern im Stich gelassen. Wo immer sich Minister in der Öffentlichkeit zeigen, muss ein massives Polizeiaufgebot für ihre Sicherheit sorgen. Der Vizeminister für Agrarwesen, Giannis Tsironis, wurde am Donnerstag auf Kreta von wütenden Bauern mit Tomaten empfangen. Zwar dienten diese nicht als Wurfgeschoss gegen den Minister, die zahlreichen auf die Straße gekippten Tomaten machten jedoch ein Fortkommen des Politikers fast unmöglich.

Jüngste Umfragen sehen SYRIZA bei 17 Prozent, die größte Oppositionspartei Nea Dimokratia hingegen bei 30 Prozent. Nun verlassen auch Parteifunktionäre das sinkende Schiff. Ein prominentes Beispiel ist Charis Golemis. Er trat von seinem Posten aus dem Zentralkomitee zurück und verließ auch das Parteiinstitut Nikos Poulantzas, dem er als Direktor vorstand. Der langjährige Journalist parteinaher Zeitungen kann den neuen Kurs von SYRIZA nicht mehr teilen.

Oligarchen weiterhin auf dem Vormarsch

Der griechisch-russische Oligarch Ivan Savvidis kaufte in der laufenden Woche 20 Prozent des Privatsenders Mega-TV. Savvidis, der mit eindeutig auf ihn zugeschnittenen gesetzlichen Regelungen von der Regierung unterstützt wird, möchte seinerseits Tsipras propagandistisch helfen.

Savvidis erhielt seine Aktien von der Familie Bobolas, die im Mediengeschäft und im Bau- und Energiegewerbe tätig ist. Eigentlich sollten die fraglichen Aktien wegen der Schulden des Senders von den Banken beschlagnahmt sein. Diese überprüfen nun im Nachhinein, wie es passieren konnte, dass sie trotzdem den Besitzer wechselten.

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