Habecks historische Geschmacklosigkeit

Frei von jeglicher Kenntnis der Osteuropäischen Geschichte oder gar historischen Sensibilität, agierte Habeck bei seinem Besuch in Kiew nicht nur als Vertreter der deutschen Rüstungsindustrie, indem er sich für Waffenlieferungen an die Ukraine aussprach, sondern als Streichholz in einem Benzinkanister, zur Verschärfung des schwelenden Konflikts.

Dass er dieses tat, am Vorabend des 80. Jahrestages des Überfalls auf die Sowjetunion, demonstriert nicht nur eine Ahnungslosigkeit für die Tragik von Geschichte, sondern stellt darüber hinaus schon eine historische Geschmacklosigkeit dar, die früheren Politikergenerationen der Bundesrepublik so nicht widerfahren wäre.

Ein kleiner historischer Exkurs

Als am 30. Juni 1941 ukrainische Nationalisten und die deutsche Wehrmacht in der Stadt Lemberg einmarschierten, kam es zu einem grässlichen Blutbad unter der jüdischen Bevölkerung. Diese Aufnahmen wurden von SS-Männern gemacht und dokumentierten die blutigen Übergriffe - eines kleinen Teils der ukrainischen Bevölkerung, überwiegend aus den Dörfern in der Umgebung der Stadt - gegenüber der jüdischen Bevölkerung Lembergs.

Die blutigen Ausschreitungen begannen unmittelbar in der kosmopolitischen Stadt, die im Laufe der Jahrzehnte oft die Herrschaft gewechselt hatte. Die Juden wurden pauschal der Kollaboration mit der sowjetischen Herrschaft beschuldigt, basierend auf der NS-Ideologie vom "Jüdischen Bolschewismus".

Die ukrainischen Nationalisten, die unter Anleitung der SS, die grausigen Ausschreitungen inszenierten, als Auftakt zum Massenmord, folgten ihrem Anführer Stepan Bandera, der heute in der Ukraine wieder hoch im Kurs steht, was nicht für die Regierung in Kiew spricht.

Die NZZ schrieb diesbezüglich:

"Nach der Annexion der Krim und dem Beginn des Krieges im Donbas ging das Gedenken an Bandera im öffentlichen Raum zum ersten Mal über das Territorium der Westukraine hinaus. Im Sommer 2016 benannte der Kiewer Stadtrat den Moskauer Prospekt programmatisch in Bandera-Prospekt um. Im Juli 2018 rief der Regionalrat der zentralukrainischen Region Schitomir das Jahr 2019 zum «Bandera-Jahr» aus. Im vergangenen Jahr wurde die rot-schwarze Flagge der UPA vor dem Gebäude der regionalen Staatsverwaltung in Dnipro gehisst (zusammen mit der Staatsflagge der Ukraine und der genehmigten regionalen Flagge). Diese Entscheidungen sind umso kurioser, als nationalistische politische Parteien, die sich direkt auf die Tradition der OUN berufen, in der heutigen Ukraine keine ernsthafte Wählerunterstützung haben und nicht nur in der Werchowna Rada, sondern auch in vielen Regional- und Stadträten, sogar in westukrainischen Regionen, nicht vertreten sind."

Robert Habeck hätte bei seinem Besuch in Kiew der Ukraine einen Gefallen getan, wenn er darauf hingewiesen hätte, dass ein deutscher Politiker keiner Regierung Waffen liefern kann, die sich nicht eindeutig von Bandera und dessen Kollaboration während des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion distanziert.

In diesem Fall wäre es durchaus wünschenswert, wenn ein Teil der grünen Moral und Political Correctness, die innenpolitisch von dieser Partei zur Schau gestellt wird, zumindest partiell auf den außenpolitischen Ansatz übergreift.

In diesem Politfeld scheint bei den Grünen aber das Motto "Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“ des reaktionären Verseschmiedes Emanuel Geibel zu dominieren, was nichts Gutes ahnen lässt.

"Was bedeutet das konkret für mich!?"

Bei seinem Besuch in Kiew erklärte Habeck, man könne sich vorstellen, der Ukraine Waffen zu liefern. Man könne der Ukraine "sogenannte Defensivwaffen" schwer verwehren, ließ der Grünen Vorsitzende verlautbaren, was barer Unsinn ist und einem eingefrorenen Konflikt zum Tauwetter verhelfen kann.

Hätte Russland die Ukraine angegriffen, wie Habeck schwadronierte, dann würden heute schon russische Panzer in Kiew stehen. In der Tat findet im Osten der Ukraine ein Bürgerkrieg statt, ethnischer Prägung, zwischen russischsprachigen Ukrainern und der Zentralregierung in Kiew.

Die Tatsache, dass sich Robert Habeck hier, wahrscheinlich ahnungslos und unwissend, in eine ungute deutsche Tradition begibt, beim geopolitischen Vorstoß in den eurasischen Raum, lässt schlimmes befürchten, wenn diese Art Außenpolitik in Berlin Schule machen sollte.

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