Die Erwartungshaltung an das Treffen war vorab eigentlich auf allen Seiten ziemlich niedrig. Entsprechend war dafür im Gegenzug das Überraschungspotenzial für mögliche Ergebnisse relativ hoch.

Die beiden Hauptakteure Trump und Juncker sahen sich jedenfalls als Gewinner des Treffens und beglückwünschten sich gegenseitig zu einem Schritt auf den jeweils anderen zu. Besonders die Aussagen von Donald Trump, der die EU wenige Tage zuvor noch explizit als Feind der Vereinigten Staaten bezeichnet hatte und nun seine Liebe zu Europa bekundete, waren ein weiteres Zeichen für die Unkalkulierbarkeit seiner Politik. Auch die Einstellung zu den Zolltarifen gegenüber der EU hat sich innerhalb weniger Tage wieder einmal um 180 Grad gedreht.

Eine derart unbeständige Politik sorgt dafür, dass wir weder eine Rechtssicherheit, noch eine Planungssicherheit in der Weltwirtschaft sehen werden: Kein Unternehmen weiß, welche Zölle und Abgaben in den nächsten Monaten und Jahren anstehen. Kein Unternehmen weiß, wie seine Absatzmärkte in dieser Zeit aussehen, geschweige denn, wie es bei den eigenen Zulieferern aussieht.

Die Unkalkulierbarkeit ist das größte Gift überhaupt für eine Wirtschaft, weil sie dazu führt, dass Konsumenten, aber ganz besonders natürlich die Unternehmen sich mit großen Investitionen zurückhalten (müssen). Diese Zurückhaltung ist wie eine Vollbremsung für die Wirtschaft.

TTIP-Light? Bürgerrechte stehen wieder zur Diskussion

In Washington ging es nun vorrangig um die Zölle und Handelsbarrieren. Das verkündete – und einstweilen gefeierte – Ergebnis: Es soll zunächst keine neuen Zölle zwischen den USA und der EU geben, solange es Verhandlungen gibt.

Wenn Trump morgen entscheidet, dass die Verhandlungen ergebnislos und vorbei sind – und die jüngste Geschichte zeigt, dass so manche Handlung in Washington mit sprunghaft noch harmlos bezeichnet ist – liegt das Thema Zölle wieder ganz oben auf dem Tisch. Außenminister Heiko Maas sprach in seiner Bewertung davon, zumindest etwas Zeit gewonnen zu haben.

In den nun anstehenden Verhandlungen sollen alle Zölle, Subventionen und Handelsbarrieren abgeschafft werden. Das ist in etwa das, was im Freihandelsabkommen TTIP über viele Jahre verhandelt, diskutiert und in den Gremien der EU – Gott sei Dank – zum Kippen gebracht wurde. Mit TTIP ging es schließlich nicht nur um Zölle, sondern vor allem um die „nichttarifären Handelshemmnisse“ (zu Deutsch Verbraucherschutz).

Mit der nun aufgesetzten Agenda für die Verhandlungen, eben „alle Zölle, Subventionen und Handelsbarrieren“ abzubauen, stünden auch der Verbraucherschutz und sämtliche Verbraucherrechte wieder auf der Streichliste.

Wo wir eingangs von Gewinnern sprachen: Für die Bürgerseite gilt höchste Achtsamkeit. Denn das, was am Mittwoch verhandelt wurde, ist vermutlich nicht in unserem Sinne.

Ob die verkündeten Ergebnisse tatsächlich umgesetzt werden, bleibt zu bezweifeln, denn bereits kurz nach der Verkündigung äußerte sich beispielsweise Frankreichs Präsident Macron mehr als kritisch und schob einem umfassenden Handelsabkommen mit den USA einen Riegel vor.

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