Am 26. Mai dieses Jahres ist Zbigniew Kazimierz Brzeziński im Alter von 88 Jahren in Falls Church, Virginia USA, gestorben. Am 29. Mai schrieb ich zu seinem Tod einen Beitrag hier auf cashkurs.com.

Brzezinski war von 1966 bis 1968 Berater Lyndon B. Johnsons und von 1977 bis 1981 Sicherheitsberater von US-Präsident Jimmy Carter. Er war Professor für US-amerikanische Außenpolitik an der School of Advanced International Studies (SAIS) der Johns Hopkins University in Washington, D.C., Berater am „Zentrum für Strategische und Internationale Studien“ (CSIS) in Washington, D.C..  Brzeziński  stand geopolitisch in der Tradition Halford Mackinders und Nicholas J. Spykmans. Parteipolitisch stand er den Demokraten nahe.

Brzeziński wurde ein konsequenter Unilateralismus zugeschrieben. Hinsichtlich dieses Unilateralismus wird Brzeziński unter anderem mit Richard Perle und Paul Wolfowitz verglichen.

In Deutschland war er, zumindest in interessierten Kreisen,  bekannt geworden durch sein 1997 erschienenes Buch „Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft“ (The great chessboard), für welches Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher noch das Vorwort schrieb.  Wie kaum ein anderer beeinflusste Brzezinski die amerikanische Außenpolitik im 20. Jahrhundert. Seine strategische und analytische Schärfe war gekennzeichnet  von der moralbefreiten Akzeptanz politischer Konsequenzen.

In dem Buch erläuterte Zbigniew Brzezinski ausführlich die amerikanische Perspektive auf Russland und Europa. In Westeuropa, so Brzeziński, müssen die USA darauf achten, dass weder Deutschland noch Frankreich zu stark werden. Gleichzeitig richtete Zbigniew Brzeziński alle außenpolitischen Überlegungen darauf aus, wie sich Russland aus Europa heraushalten lässt.

Er war auch Hochschullehrer der späteren US-Außenministerin Madeleine Albright, die schon 1996 traurige Berühmtheit erlangte, indem sie in einem Fernsehinterview auf die Frage, ob das US-amerikanische Embargo gegen den Irak, das eine halbe Million irakischer Kinder das Leben gekostet hat, diesen Preis wert gewesen sei, antwortete: „Es ist diesen Preis wert.“  Wer möchte kann sich den Interviewausschnitt ansehen. Hier ist der Link

Brzezinski wurde Mitglied des Council on Foreign Relations in New York und trat der Bilderberg-Konferenz bei.

Er befürwortete den Vietnamkrieg. Besonders kritisch sah Brzeziński das Zögern der Regierung Bill Clintons, gegen die serbische Armee im Bosnischen Krieg zu intervenieren. Beunruhigt über ein mögliches Wiedererstarken Russlands, sah er den Amtsantritt Wladimir Putins mit Misstrauen. Aus diesem Grund wurde er einer der stärksten Befürworter der Erweiterung der NATO.

Er trat auch für die Bombardierung Serbiens 1999 während des Kosovokrieges ein.

Nach dem 11. September 2001 wurde Brzeziński massiv kritisiert, da die von ihm vorangetriebene Unterstützung der fundamentalistischen Mudschaheddin in Afghanistan ab 1979 als eine der Ursachen für die Entwicklung des islamistischen Terrorismus gesehen wurde. 2011 unterstützte Brzeziński die Militärintervention in Libyen.

Am 3. März 2014, zwischen der Absetzung Wiktor Janukowytschs und dem Krim-Referendum, schrieb Brzezinski für die Washington Post: „Was ist zu tun? Putins Aggression in der Ukraine braucht eine Antwort“. Er verglich Putins „gangsterhafte Taktik“ und „kaum getarnte Invasion“ der Krim mit Adolf Hitlers Besetzung des Sudetenlands 1938 und charakterisierte Putin als einen Cartoon-Mussolini.

Die afghanische Falle

In Afghanistan gelang es durch Brzezińskis Politik, die Sowjetunion in eine Falle tappen zu lassen. Ziel der amerikanischen Regierung unter Präsident Jimmy Carter war es ,  die radikalen  islamistischen und antikommunistischen Kräfte Afghanistans, also gerade auch die fundamentalistischen Mudschaheddin, zu stärken, um die säkulare,  kommunistisch ausgerichtete Regierung zu stürzen.

Seit dem 5. Dezember 1978 hatte die prosowjetische Regierung der Demokratischen Volkspartei Afghanistans einen „Freundschafts- und Beistandspakt“ mit der Sowjetunion, wonach die afghanische Regierung sowjetische Hilfe in Anspruch nehmen könne, wenn sie in Gefahr ist. Zwischen dem 17. März 1979 und dem 12. Dezember 1979 hatte die Regierung unter dem Staats- und Regierungschef Hafizullah Amin 21 Mal um Militärhilfe der Sowjetunion gebeten, da sie sich immer mehr von den fundamentalistisch-islamistischen Kräften unter Druck gesetzt sah.

Gemäß der offiziellen US-amerikanischen Version der Geschichte begann die Unterstützung der Mudschaheddin durch die CIA erst im Laufe des Jahres 1980, also nach dem Eingreifen der sowjetischen Armee in Afghanistan am 24. Dezember 1979. Laut einem Interview Brzezińskis mit der französischen Zeitschrift „Le Nouvel Observateur“ vom Januar 1998 setzte die US-amerikanische Unterstützung der fundamentalistischen Mudschaheddin dagegen schon am 3. Juli 1979 ein, also fast ein halbes Jahr vor der Invasion. Präsident Carter unterschrieb an diesem Tag die erste Direktive für eine geheime Unterstützung der Mudschaheddin. Brzeziński bestätigte in seinem Interview die gleichlautende Darstellung des CIA-Präsidenten.  Brzeziński war bewusst, dass diese Aktionen das Risiko für eine militärische Intervention der Sowjets erheblich erhöhen würden.

Brzezinski wörtlich:
Diese verdeckte Operation war eine hervorragende Idee. Sie bewirkte, dass die Russen in die afghanische Falle tappten […]. Am Tag, an dem die Russen offiziell die Grenze überschritten, schrieb ich Präsident Carter: Jetzt haben wir die Möglichkeit, der UdSSR ihren Vietnamkrieg zu liefern. Und tatsächlich sah sich Moskau während der folgenden zehn Jahre gezwungen, einen Krieg zu führen, den sich die Regierung nicht leisten konnte, was wiederum die Demoralisierung und schließlich den Zusammenbruch des sowjetischen Herrschaftsgebiets zur Folge hatte.

Und nun ist dieser Stratege und politische Vordenker der USA tot.

Russland vergisst nicht

Russland hat diese afghanische Falle nicht vergessen. Korea testet publikumswirksam, von den Drohungen der USA unbeeindruckt eine Rakete nach der anderen. Dem Kongress der USA schmeckt die Verbesserung des koreanischen Militärpotentials gar nicht und er beschloss  mit überwältigenden Mehrheiten von bis zu 99 Prozent das Gesetz zur Verschärfung von Sanktionen gegen Korea, Iran und Russland.

Der Kongress versucht, die Außenpolitik zu bestimmen. Dies ist ihm in diesem Fall gelungen. Ziel des Kongresses ist es hohen Druck auf China, Russland, den Iran und Nordkorea aufzubauen. Das US-Außenministerium brachte daraufhin eine Resolution in den UNO-Sicherheitsrat ein, mit dem Ziel strenger Wirtschaftssanktionen gegen Nordkorea. Interessanterweise stimmten  China und Russland den Sanktionen zu, obwohl sie vom US-Kongress ebenfalls mit Sanktionen belegt wurden. China und Russland erwecken damit den Eindruck, die USA gegen Nordkorea zu unterstützen.

Die Worte Trumps, mit welchen er Nordkorea „Feuer, Wut und Stärke, wie sie die Welt nie zuvor gesehen haben“ in Aussicht stellte, sind mittlerweile ja weltbekannt.

Dass sich die USA im Niedergang befinden, habe ich bereits in mehreren Beiträgen dargelegt.
Verabschieden sich die USA nicht friedlich und einsichtig von ihrer ehemaligen Vormachtstellung, dann geht das nur mit einer militärischen Auseinandersetzung. Für die amerikanischen Globalisten und Neokonservativen, die in den letzten Jahrzehnten einen Krieg nach dem anderen angezettelt haben und Millionen von Toten auf dem Gewissen haben, geht es um Alles oder Nichts.

Die koreanische Falle

Aus russischer und chinesischer Sicht könnte Nordkorea, so traurig dieser Gedanke ist, ein geeigneter Schauplatz für den Showdown sein.

Die  Amerikaner sind in Nordkorea verhasst. Die Millionen Toten des Koreakrieges sind nicht vergessen.

Korea ist unwegsam, auf Krieg vorbereitet und grenzt an Russland und China. Russland und China werden alles tun, um den Konflikt nicht über ihre Grenzen schwappen zu lassen.

Faktisch sind Russland und China militärisch längst verbündet. Die vielen gemeinsamen Übungen, zuletzt in der Ostsee, aber auch im Frühjahr schon in der Nähe Nordkoreas sowie Äußerungen der Staatsführer und Verteidigungsminister zeigen dies deutlich. Nachschub und Unterstützung für Nordkorea ist über die Grenzen zu China und Russland praktisch endlos verfügbar.

Ein Blick in die Ostukraine zeigt, wie das geht. Die US-Armee hingegen würde sich sehr bald mit erheblichen Logistikproblemen befassen müssen. Sollten die USA Nordkorea tatsächlich angreifen, dann ist die Gefahr groß, dass sie sich dort mehr als nur eine blutige Nase holen und den eigenen Niedergang auf unschöne Weise beschleunigen.

Noch gibt es Hoffnung, dass in Washington, zumindest jenseits des Kongresses die koreanische Falle als solche erkannt wird und es nicht zur Katastrophe kommt.

Außerdem, und das dürfte entscheidend sein, hat China nun eine klare Warnung in Richtung Washington ausgesprochen. Die Chinesen warnen die US-Regierung  vor einem Militärschlag gegen Nordkorea: „Falls die USA und Südkorea angreifen und versuchen, Nordkoreas Regime zu stürzen und das politische Design auf der koreanischen Halbinsel zu ändern, wird China sie davon abhalten.“ Nachzulesen in der chinesischen Staatszeitung „Global Times“ Das wird so manchen in der amerikanischen Führungsmannschaft und im Kongress nachdenklich stimmen.

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