Die Eurozone befindet auf dem Weg zu einer europäischen Bankenunion – wie gestaltet sich die Bankenaufsicht und wie gestaltet sich der Start? Teil 3 und damit letzter Teil einer Serie

Über diesen Link gelangen Sie zu Teil 1 der Reihe

Über diesen Link gelangen Sie zu Teil 2 der Reihe

 

 

 

Teil 3:

 

Wie geht es weiter?

 

Der einheitliche Abwicklungsmechanismus („Single Resolution Mechanism: SRM“) ist neben dem SSM die zweite Säule der Bankenunion. Mit dem SRM werden ein europäisches Abwicklungs-gremium („Single Resolution Board: SRB“) sowie ein einheitlicher europäischer Abwicklungsfonds („Single Resolution Fund: SRF“) errichtet.

Damit schafft der SRM für die am SSM teilnehmenden Mitgliedstaaten einen einheitlichen institutionellen Rahmen für die Abwicklung von Kreditinstituten. Haftung und Verantwortung werden so auf europäischer Ebene zusammengeführt.

Derzeit wird noch über die Details der Beitragszahlung in den Abwicklungsfonds verhandelt. Die Bemessung dieser Beiträge wird durch einen Rechtsakt gemäß BRRD („Bank Recovery and Resolution Directive“) und einen Durchführungsrechtsakt des Rates gemäß der SRM-Verordnung festgelegt. Nach den Entwürfen des Rechtsaktes soll jede Bank eine Abgabe zahlen, die sich grundsätzlich aus einem Grundbeitrag und einer zusätzlichen Risikoadjustierung zusammen-setzen soll.

Eine ideale Berechnungsweise sollte sicherstellen, dass Banken entsprechend den von ihnen ausgehenden systemischen Risiken an den Kosten zukünftiger Bankenkrisen beteiligt werden. Besonders wichtig sind hierbei die entsprechende Berücksichtigung des Risikoprofils der jeweiligen Bank sowie des Proportionalitätsprinzips, nach dem kleine und weniger riskante Institute relativ betrachtet weniger zum Abwicklungsfonds beitragen sollten als große, systemrelevante Banken.

 

Der europäische Abwicklungsfonds des SRM soll nicht für Altlasten der SSM-Institute angewendet werden, für solche Kapitallücken also, die bereits jetzt in den Bankbilanzen vorhanden sind: Diese Kapitallücken sind noch unter nationaler Aufsicht entstanden und müssen daher auch unter nationaler Verantwortung geschlossen werden. Ein zentrales Element der Vorbereitungsarbeiten zum SSM war daher die umfassende Prüfung der bedeutenden Kreditinstitute („Comprehensive Assessment“). Im Rahmen des Comprehensive Assessments wurde die Qualität vorhandener Bankaktiva zum Stichtag 31. Dezember 2013 geprüft. Zusätzlich zu diesem Asset Quality Review (AQR) führt die EZB in Zusammenarbeit mit der EBA auch Stresstests durch, bei denen mögliche Szenarien simuliert und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Stabilität der Institute abgeschätzt werden. Die Szenarien umfassen ein sogenanntes Basisszenario („baseline scenario“), bei dem ein typischer Konjunkturverlauf über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg simuliert wird, sowie ein adverses Szenario, bei dem ein besonders ungünstiger und unwahrscheinlicher, allerdings möglicher Konjunkturverlauf angenommen wird.

Das Comprehensive Assessment wurde in engem Zusammenwirken von EZB, EBA und nationalen Behörden durchgeführt; die Ergebnisse wurden am 26. Oktober 2014 veröffentlicht – gut eine Woche vor Übernahme der direkten Aufsicht über die bedeutenden Institute durch die EZB. Wurden im Rahmen des Comprehensive Assessments bei einem Institut Kapitallücken aufgedeckt, so erhielt das betroffene Institut zwei Wochen Zeit, um einen Plan vorzulegen, wie es diese Lücken in eigener Verantwortung – etwa durch Kapitalerhöhungen am Markt – schließen will. Um seinen Plan umzusetzen, erhielt das Institut sechs Monate (für Lücken aus AQR oder dem Basisszenario) beziehungsweise neun Monate Zeit (für Lücken aus dem adversen Szenario). War es dem Institut nicht möglich, seinen Kapitalbedarf aus eigener Kraft zu decken, so mussten die Behörden des jeweiligen Mitgliedstaates eingreifen. Sofern erforderlich, könnte dies auch zur Abwicklung führen. Da es in nationaler Verantwortung liegt, die Altlasten zu bereinigen, steht die Wahl der dabei eingesetzten Instrumente prinzipiell im Ermessen des jeweiligen Mitgliedstaates. Allerdings müssen dabei die Vorgaben des europäischen Beihilferechts beachtet werden. Dieses verlangt eine Verlustbeteiligung der Anteilseigner und nachrangigen Gläubiger, bevor Rekapitalisierungen mit öffentlichen Mitteln durchgeführt werden dürfen. Als Backstops für externe Finanzierung stehen in Deutschland der aus Bankenabgaben finanzierte Restrukturierungsfonds sowie der fiskalisch finanzierte Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung („SoFFin“) zur Verfügung. Im Sinne des Grundsatzes, dass primär die Investoren die aus ihrer Investition folgenden Risiken und Verluste tragen sollten, sollte der SoFFin aber nur als Ultima Ratio herangezogen werden. Für den Fall, dass das Comprehensive Assessment zu Handlungsbedarf bei deutschen Instituten führen sollte, sollte Deutschland gut vorbereitet sein.

 

 

Zusammenfassung der neuen Bankenaufsicht in der Eurozone

 

Die Bankenunion mit dem SSM als wesentlichem Bestandteil stellt eine notwendige und wichtige Ergänzung der Europäischen Währungsunion dar. Insbesondere die auf den hoch integrierten europäischen Finanzmärkten grenzüberschreitend tätigen Bankengruppen bedürfen eines gleichermaßen europäisch aufgestellten und vernetzten Aufsichtsmechanismus unter dem Dach einer zentralen Aufsichts-behörde. Der SSM soll die bislang rein national ausgerichtete Bankenaufsicht in den Euro-Ländern ablösen und insgesamt zu einer fundamentalen Änderung der Aufsichtspraxis führen.

 

Die Änderung der Sichtweise von der nationalen Betrachtung hin zu einer übergreifenden europäischen Perspektive mit einer einheitlichen Verwaltungspraxis kann zu einem verbesserten Wettbewerbsumfeld im europäischen Bankenmarkt führen. Wichtig hierbei ist die intensive Einbindung der nationalen Notenbanken. Der SSM ist als Aufsichtsmechanismus von EZB und nationaler Notenbank zu sehen, die auf kooperativer Basis zusammenwirken und Aufgaben und Funktionen übernehmen sollen. Damit kann einerseits die spezielle Expertise der nationalen Notenbank über die nationalen Märkte und Banken genutzt werden; andererseits können Fehlanreize durch unterschiedliche Aufsichtspraktiken – verbunden mit der Gefahr einer Bevorzugung der heimischen Banken – vermieden werden. Für einen erfolgreichen Start in die Bankenunion ist eine vorherige Bestandsaufnahme bestehender Lasten und Risiken der künftig in den direkten Zuständigkeitsbereich der EZB fallenden bedeutenden Banken notwendig. Auch wenn das Comprehensive Assessment für die betroffenen Banken und für die Bankenaufsicht einen sehr hohen administrativen Aufwand mit sich brachte, sind die umfassende Bewertung und die nachfolgende Bereinigung erkannter Probleme für die Glaubwürdigkeit des SSM unabdingbar.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"