Robert Baer, Präsident Trump hat Außenminister Rex Tillerson gefeuert. Der CIA-Chef Pompeo soll ihm im Amt folgen. Wie beurteilen Sie diesen Schachzug Ihres Präsidenten?

RB: Nun, ich bin weder Anhänger von Trump noch von Tillerson, ganz im Gegenteil. Ich war immer gegen den Ex-Exon Präsident Tillerson, auch als Putins Lieblings-Amerikaner bekannt, aber im Vergleich zu dem Tea-Party Ideologen Pompeo, erscheint mir Tillerson doch erträglich.

Was stört Sie konkret?

RB: Fangen wir damit an, dass man Diplomatie und geheimdienstliche Tätigkeiten nicht vermischen sollte…

Aber Sie würden doch nicht bestreiten, dass sich Diplomatie und die Welt des Geheimdienstes gelegentlich überschneiden?

RB: Sagen wir lieber so, sie ergänzen sich. Falls Sie aber Vorstellungen hegen, wie in einem James Bond Film, muss ich Sie enttäuschen. Die Realität ist weniger glamourös, dafür aber gefährlicher.

Sie sprechen hier aus Ihrer eigenen Erfahrung als CIA-Agent, der jahrelang an vorderster Front, hauptsächlich im Nahen Osten tätig war.

RB: Sicherlich.

Präsident Trump begründete den Rausschmiss Tillersons mit unterschiedlichen Positionen bezüglich des Iran-Abkommens.

RB: Was Trump nicht erwähnte: in erster Linie kam es zum Zerwürfnis bezüglich des Vorpreschens Trumps in der Nordkorea-Politik, ohne sich vorher mit dem Außenminister abzusprechen.

Inwiefern?

RB: Ramon, das hängt mit den Risiken zusammen, die Trumps Kurs beinhaltet. Tillerson hat damit Recht, Treffen und Verhandlungen mit dem Feind -und bei Nordkorea handelt es sich zweifelsohne um eine feindliche Macht- müssen äußerst sorgfältig geplant werden.

Nixons historischer Trip nach Peking wurde über Monate zuvor vom damaligen Außenminister Kissinger eingefädelt, obwohl er für die Weltöffentlichkeit überraschend kam.

Tillerson sagte zu Trump: ”Machen Sie es nicht, bevor wir vorbereitet sind“. Doch Trump entschied sich dafür, mit Nordkorea Kontakt aufzunehmen, was sehr riskant ist, zumal Peking hier die Zügel in der Hand hält. Aber, Ramon, lassen Sie mich zum Ausdruck bringen, dass die Äußerungen des Präsidenten zu Iran höchst besorgniserregend sind.

Weshalb?

RB: Tillerson verstand immerhin, dass das Iran-Abkommen eine gute Sache war und ist. Trump hat aber vor, dieses Abkommen zu brechen und Iran mit Israel, Saudi-Arabien und Israel zu bedrängen, was vielleicht ebenfalls gefährlich ist. Jetzt wissen Sie, weshalb Tillerson seinen Posten räumen muss.

Sie gelten als scharfer Kritiker der engen Politik zwischen Washington und Riad.

RB: Wir kommen doch einfach nicht um die Tatsache herum, dass Saudi-Arabien die Koranschulen einrichtet und finanziert, welche diese Terroristen indoktrinieren und inspirieren. Die Ausbreitung des Salafismus, um bei diesem Beispiel zu bleiben, basiert auf diesen Beziehungen, wonach Saudi-Arabien das Geschehen in den muslimischen Gemeinden weltweit prägen durfte, besonders aber in der Diaspora.

Damit hat sich dort der Salafismus stärker ausbreiten können, besonders auch bei Ihnen in Europa. Diese weltweite radikalsunnitische Penetration wahabitisch-saudischer Provenienz ist ein Phänomen der Globalisierung. Und zwar basierend auf der westlichen Aufrüstung und Unterstützung des reaktionären Regimes in Riad.

Sie haben in Ihren Büchern vor den Folgen dieses engen Bündnisses gewarnt. Einer Ihrer Bestseller trägt den Titel “Sleeping with the devil/Mit dem Teufel schlafen“.

RB: Ja, in den vergangenen Jahrzehnten hatte der Westen die Vorteile einer ununterbrochenen Erdölversorgung zum Discountpreis genossen und somit die wahabitische Missionierung der islamischen Welt, der Auslegung des Islams wie er in Saudi-Arabien praktiziert wird, mit Petro-Dollars gefördert.

Durch den Reichtum der Saudis, waren und sind die Saudis in der Lage, Ihre  Version des Islam zu verbreiten.

Warum aber tut sich Trump denn so schwer, wie auch seine Vorgänger, diese Entwicklung zu analysieren und zu stoppen?

RB: Aus wirtschaftlichen Gründen. Die USA haben Saudi-Arabien zum Lagerhaus für ihre Ölreserven gemacht, was sich auch nicht änderte, als sich herausstellte, dass die meisten Attentäter vom 11. September die saudische Staatsbürgerschaft besaßen. Der Unterschied zwischen Saudi-Arabien und Iran: Teheran unterwirft sich nicht den wirtschaftspolitischen Forderungen.

Der wachsende Einfluss Teherans in der Region ist nicht der Grund?

RB: Doch, natürlich auch. Der gestiegene Einfluss Teherans ist ein direktes Produkt des „War on Terror“. Die USA und ihre Alliierten halfen Iran dabei, seinen Einfluss auszubreiten, indem sie die schlimmsten Feinde Teherans, das arabisch-nationalistische Regime in Bagdad und die radikalsunnitische Taliban in Kabul, beseitigten.

Im Vergleich zu seinen Nachbarstaaten ist Iran geradezu eine Insel der Stabilität in dieser unruhigen Region. Auch im direkten Vergleich zu Saudi-Arabien. Es ist eine Nation mit gewaltigem Potenzial, das bisher aber nicht ausgeschöpft wird, mit natürlichen Grenzen, einem stabilen Staatsaufbau und einer starken Armee.

Außerdem haben der Westen, Russland und Iran durch den radikalen sunnitischen Islam einen gemeinsamen Feind, den man nur gemeinsam bekämpfen kann. Der „War on Terror“ ist gescheitert. Nur eine radikale Umkehr der bisherigen westlichen Politik gegenüber der Region wird den weltweiten Terror langsam stoppen können.

Die israelische Regierung sieht das anders.

RB: Die Regierung ja, nicht aber meine dortigen Gesprächspartner vom Geheimdienst. Diesbezüglich sollten Sie wissen, dass Regierungen gerne die Warnungen ihrer Dienste in den Wind schlagen, besonders wenn sich daraus kein politisches Kapital schlagen lässt.

Vielen Dank, Robert Baer.

Zur Person: Robert Baer, Jahrgang 1952, trat 1976 in die CIA ein, wo er als Operationsleiter arbeitete. Einsatzorte während seiner Arbeit waren der Nordirak, Duschanbe, Rabat, Beirut, Khartum, Paris und Neu-Delhi. Seine Aufgabe bestand in der Infiltrierung von Organisationen wie Hisbollah und Al-Qaida. Seine Bücher sorgen in den USA regelmäßig für großes Aufsehen.

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