Kaum machte sich in Europa ob der erfolgreichen Emissionen italienischer und spanischer Staatsanleihen ein wenig Erleichterung breit, schlug Standard & Poor‘s über’s Wochenende grausam mit dem Rating-Hammer zu. Gleich neun Euro-Staaten wurden abgestuft. Neben Frankreich und Österreich erwischte es auch Italien, Spanien, Portugal, die Slowakei, Slowenien, Malta und Zypern. Die Tatsache, dass in den USA Präsident Obama am vergangenen Donnerstag den Kongress aufforderte, die Schuldenobergrenze um weitere 1,2 Billionen Dollar anzuheben, tangierte die Schuldenaufseher in den Büros der Ratingagenturen jedoch nur peripher.
Es ist durchaus erstaunlich, dass mittlerweile selbst die Mainstreammedien den Braten einer anglo-amerikanischen Verschwörung gegenüber der Eurozone zu riechen scheinen. Wird die gezielte Bombardierung durch S&P in den meisten herkömmlichen Medien teils unhinterfragt als Katastrophennachricht, teils als nicht so schlimm bewertet, vermutet Anja Kohl in der Sendung „Börse im Ersten“ vom 13. Januar einen politisch motivierten Schachzug. Vielen Dank für diese recht klaren Worte.
Anja Kohl: Börse im Ersten vom 13. Januar 2012 (Video)
Es ist in der Tat beeindruckend, dem Treiben der USA zuzuschauen. Konsequent, zielstrebig und unbeirrt beschreiten die USA ihren Weg. 16 Billionen US-Dollar Schulden jucken jenseits des großen Teiches niemanden besonders. Was muss muss! Wir scheinen tatsächlich in einer Zeit zu leben, in der eine neue Weltordnung – wie auch immer sie letztendlich aussehen wird – Wirklichkeit wird. Gekämpft wird mit allen Waffen – und dazu zählen nicht nur Ratingagenturen. An welche Kriegsschauplätze es die aus Europa und Irak abgezogenen US-Kampfbrigaden in Kürze verschlagen wird, ist sicherlich nicht schwer zu erraten. Truppenabzug oder -verlagerung ist die Frage. Die Lunten in Syrien und Iran brennen lichterloh. Das Säbelrasseln wird immer lauter. Ein iranischer Atomwissenschaftler stirbt bei einem Bombenanschlag und mittlerweile boykottieren die USA nicht mehr nur die iranische Zentralbank, sondern zudem auch Unternehmen, die mit dieser weiterhin (Öl-)Geschäfte abwickeln wollen. Sollte der Iran bisher tatsächlich nicht an der Entwicklung einer Atombombe arbeiten, könnte man es Ihnen kaum verübeln, wenn sie in nächster Zeit damit beginnen würden.
Nicht nur, dass die Bürgerrechte in den USA durch die Unterschrift des Friedensnobelpreisträgers Obama mit dem neuen Militärgesetz vom 31.12.2011 weiter beschränkt werden, auch im Falle des Iran scheint der bloße Verdacht und nicht etwa ein Beweis auszureichen, einem souveränen Staat den Krieg erklären zu dürfen. Dieses Muster scheint sich nach den fingierten Vorwürfen in Bezug auf irakische „Weapons of Mass Destruction“ des Saddam Hussein bewährt zu haben. In unseren Qualitätsmedien scheint die mehr als peinliche Farce des früheren US-Außenministers Colin Powell vor dem UN-Sicherheitsrat vergessen und vergeben zu sein. Und natürlich wird auch der Eingriff in die Grundrechte und Freiheit der US-Bürger von unserer „freien“ Presse mit passenden Worten verballhornt. Den Satz „Das Gesetz sieht mehr Rechte gegen Terrorverdächtige und Sanktionen gegen Iran vor.“ muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.
Die Zeit: Obama unterzeichnet Militärbudget
Kommen wir zurück zur europäischen Schuldenkrise, die tatsächlich als Krise der noch bestehenden Guthaben betrachtet werden sollte. Es wird mehr und mehr deutlich, dass der Finanzkrieg gegen die Eurozone bis zum bitteren Ende fortgesetzt werden wird. Gewährt man Deutschland noch eine Galgenfrist, so wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis auch der EFSF-Rettungsschirm sein Triple-A-Rating verlieren wird. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Deutschland wurde bereits auf‘s Schafott geführt und die Schlinge liegt eng am Hals an. Ob das Öffnen der Falltür in Form eines Downgrads überhaupt nötig sein wird, bleibt abzuwarten. Zahlen werden wir sowieso müssen, egal ob Deutschland sein AAA behält oder nicht. Am Ende wird für den gemeinen deutschen Bürgen ein D stehen. D für Default oder eben schlicht und einfach für d wie doof (gelaufen). Auch, dass am Ende das D eine neue Deutsche Mark symbolisiert, kann bei Weitem nicht mehr ausgeschlossen werden.
Die momentanen Zustände in Griechenland sollten auch uns in Deutschland zu denken geben. Medikamente sind dort seit einiger Zeit nur noch gegen Bargeld zu bekommen, weil griechische Apotheker kein Geld mehr von den Krankenkassen für eingereichte Rezepte erhalten. Mit Tauschhandel und Barter-Geschäften wehren sich die Griechen gegen die Erhöhung der Mehrwertsteuer, da sie vom Staat nur schwer nachzuvollziehen oder kontrolliert werden können.
Es ist sehr wichtig, schon jetzt zu handeln oder bereits gehandelt zu haben, auch wenn eine solche Situation in Deutschland zurzeit noch in weiter Ferne erscheint. Manchmal geht es schneller, als man denkt.
Sicherheit geht vor Rendite. Nehmen sie sich die Banken als Vorbild, die mittlerweile Negativzinsen für vermeintlich sichere deutsche Staatsanleihen akzeptieren. Gegenüber den Geschäftsbanken haben Sie übrigens den Vorteil, die Nullzinsgrenze des Bargeldes ausnutzen zu können, wobei wir nun gegen Ende dieses Beitrags bei einem der Kernprobleme unseres heutigen Geldsystems angekommen sind.
Bargeld, ein den individuellen Bedürfnissen angepasstes Lebensmittel-, Getränke- und Medikamentenlager sollten die Put-Optionen nicht nur des kleinen Mannes, sondern auch der mittleren Frau sein. Vorräte in dieser Form sind nichts anderes als eine preisgünstige Versicherung für ein Worst-Case-Szenario. Schnaps, Wein und Zigaretten haben sich in vergangenen Guthabenkrisen als sehr gute Tauschmittel bewährt, wobei anonym gekauftes Gold und Silber als Call-Optionen betrachtet werden sollten. Edelmetalle sind viel mehr vermögensrettende Sachwerte „für danach“ als krisentaugliche Tauschmittel. Auch nach einem Systemcrash werden Gold und Silber ihre Kaufkraft aller Voraussicht nach behalten. Zumindest lehrt uns das die Vergangenheit, wobei mir ein erneutes Verbot von privatem Gold- oder gar Silberbesitz auch bei einer möglichen Währungsreform in heutigen Zeiten unrealistisch erscheint. Und doch sollte man stets Augen und Ohren offen halten.
Wie verabschiedete sich Anja Kohl am Freitag noch gleich von den ARD-Zuschauern kurz vor der alltäglichen Tagesshow im Ersten?
Sie wählte folgende Worte: „Passen Sie auf sich auf!“
Ja, da hat sie wohl Recht. Das sollten wir tun. Ihnen eine erfolgreiche Woche.
Kommentare
Die USA werden sich auf unsere/Europas Kosten durch eine als die einzige machbare Lösung gepriesene, gemeinsame , transatlantische Währung entschulden.
DieBNankenrettung ( alle heutigen banken agieren international!)bei uns seit 2008 war doch auch schon nichts anderes. Als die Jungs von drüben schon wussten, wie der Hase läuft, haben wir doch erst angefangen zu reagieren. Und wir reagieren genauso, bis jetzt, wie sie es wünschen.
Den keiner hat den Arsch in der Hose den Cowboys entgegenzutreten.
Das Ratingspiel ist doch schon wirklich ein alter Hut.
Und die Europäischen Politiker haben es selbst in der anhaltenden Krise bisher nicht geschafft eine eigene Rating Agentur aus der Taufe zu heben, die Regeln entsprechend zu ändern und welche zumindest für uns hier, die Herren aus Übersee überflüssig sein lassen.
Solange der Dollar die LEITWährung ist und bleibt können die ihr Spiel durchziehen.
Da ist der Rest der Welt nicht schnell und mutig genug sich Maßnahmen einfallen zu lassen, den Dollar auszuhebeln.
Nun wie schon gesagt die Amerikaner sind halt Cowboys, die schießen schon mal aus der Hüfte. Die haben in der Regierung Leute sitzen die sich auskennen. Die wollen IHR Land retten.
wir haben eine Brigade von schlechten Laiendarstellern, die maximal Interesse daran haben einen verbilligten Kredit zu bekommen.
Ja so was nennt man Auslese, Darwinismus, Recht des Stärkeren, Survive of the fittest.
Nun sind wir Europäer eben nicht (mehr) die Fittesten.
Wie sagte unlängst mein Bankberater:
"Wir glauben hier in Europa gehen so langsam die Lichter aus"
Eigentlich sind wir daran selber schuld.
Aber ein gewisses Überlebenslager lohnt doch auch ohne Finanzkrise. Wenn ein französisches Ato9mkraftwerk hochgeht dann wäre man bestimmt auch froh über "unverseuchte" Lebensmittel. Und der run auf die Geschäfte dürfte sicher sein.
Davon abgesehen sollte man die Lage mal tiefergehend analysieren:
1. Die Banken bekommen permanante Geld, das Sie aber nicht in den Wirtschaftskreislauf einspeisen, zumindest nicht in dem Masse wie Sie Geld erhalten
2. Die Normalbürger haben nicht mehr Geld in dder Tasche, Europaweit gesehen sogar deutlich weniger als früher.
3. Unternehmen investieren nur wenn sie auch mehr Umsatz/Gewinn realisieren können (zumindest theoretisch)
4. Der Boom in D ist vom Export und der langsam aufsteigenden Panik im Inland indiziert (Stichwort: Kaufen, solange es noch was fürs Geld gibt)
5. Die Wirschaftsräume spielen das Spiel "wer zuerst fällt hat verloren"
6. Die "sozialistischen" Konsensgesellschaften die es in relativ ruhigen Zeiten sehr gut vermochten haben auf dem Kontinent Europa für Frieden und Wohlstand zu sorgen, werden der insgesamt "darwinistisch" geprägten Gesellschaften der restlichen Welt unterlegen sein. Insbesondere auch da hier ein "Patriotismus" völlig fehlt.
aus 1 und 2 folgt das es keine große Inflation in den Waren für den Alltagsgebrauchs geben sollte (es gibt keine Lohn-Preisspirale)
aus 1 und 3 folgt:
Die Banken/Investmentgesellschaften kaufen nur zurückhaltend Aktien, da Sie mit keiner nennswerten Gewinnsteigerung mehr rechnen, eher damit das die Kurse fallen und sie dann billiger einsteigen können
aus 5 folgt:
Das System wird sich mit aller Macht gegen den Untergang aufbäumen. Bürgerrechte interessieren da überhaupt nicht. Jede noch so tollkühne Operation ist recht den der Zweck heiligt die Mittel. Ob 16 Billionen Schulden für USA stimmen, weis ich nicht, wäre damit aber 10 mal so hoch wie zur schlimmsten Krise in USA.
Es wird vermutlich dazu führen das große Teile der D und Europ. Bevölkerung in Armut sinken werden, wie große Teile der westlichen Welt. Diejenigen die dagegen aufbegehren werden mal kurzerhand zu Chaoten,Terroristen oder ähnlichem erklärt damit man gegen sie vorgehen kann.
China wird sich die Filetstücke des Westens rechtzeitig herausschneiden.
Ich denke die Amerikaner werden ihre Vormachtstellung nicht einfach so friedlich abgeben wie die Sowjets. Krieg ist da durchaus nicht unwahrscheinlich, Iran sicherlich ein lohnendes Ziel.
Europa wird zwischen Amerika und _China in die Zange genommen werden, bzw. befindet sich schon in dieser.
die Bieterbanken zahlen eine Prämie dafür, noch an (vermeintlich) sichere Staatsanleihen mit Triple A Rating zu kommen, die ohne Eigenkapitalvorhaltung (bis AA-) in die Bilanz genommen werden können. (s. S&P Downgrade & Die Staatsanleihe. Ein ganz besonderes Konstrukt v. 31.01.2011 hier auf Cashkurs).
Zudem sind Geldanlagen in D deshalb sehr beliebt, weil 1. bei Austritt schwacher Süd-Länder der Euro gegenüber anderen und den neuen nationalen Währungen aufwerten würde und 2. beim Zerbrechen der gesamten WU und einer Rückkehr Deutschlands zur D-Mark diese ebenfalls aufwerten würde. Mit einer Geldanlage in D kann man also nur gewinnen, falls das ganze Euro-Gedöns in die Hose gehen sollte. Es handelt sich also um eine 6-Monats-Wette mit geringem Einsatz von 0,0122 Prozent.
Beste Grüße
Helmut Reinhardt
danke für Ihren Kommentar. Das sehe ich genauso. Vor allem halte ich - genau wie Sie - die Angst vor einer baldigen (Hyper-)inflation für völlig unbegründet. "Frisches ZB-Geld für die Banken" ist eben nicht gleich "nachfragewirksame Zahlungsmittel".
Beste Grüße
Helmut Reinhardt