Liebe Leserinnen und Leser,
nach dem Spiel ist vor dem Spiel. 2013 ist abgehakt, und so wartet das Jahr 2014 auf uns.
Überraschungen, von denen wir heute noch nicht die leiseste Ahnung haben, warten auf uns. Wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass der DAX heute nahe 10.000 Punkten stehen würde?
Wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass zehnjährige spanische und italienische Staatsanleihen nur noch rund 4% Rendite bringen würden?
Vor einem Jahr stand meine Erwartung für 2013 unter der Überschrift „Risikonormalisierung.“ Diese Erwartung hat sich durchaus knackig durchgesetzt. Aber i n 2014 wird die Frage zu stellen sein, welches Risiko „normal“ ist.
So hat Spanien beispielsweise erklärt, kein weiteres Geld aus dem ESM beanspruchen zu wollen, was man zunächst unter der Rubrik „gute Nachricht“ einsortieren könnte.
Allerdings dürften solche Nachrichten nach der Rallye für spanische und italienische Staatsanleihen auch schon zu einem guten Teil eingepreist sein. Wir erinnern uns: Es ist genau 18 Monate her, da erhielt man für die zehnjährigen Torrero-Bonds in der Spitze 7,74%. Die Azzurro-Bonds erreichten ihren Zinshöhepunkt vor 26 Monaten mit 7,51%. Heute schnuppern beide wieder an der Marke von 4%, zum wiederholten Mal.
Im Gegensatz hierzu stiegen die Zinsen der zehnjährigen deutschen Bunds innerhalb der letzten 12 Monate von 1,44% auf 1,96%, was einem Kursverlust von rund 3,50% entspricht. Der einst so „sichere Hafen“ Bunds war also im letzten Jahr eine der schlechtesten Anlagealternativen.
Es stellt sich vor dem Hintergrund der nachher noch beleuchteten Themen des Jahres 2014 die Frage, ob und wenn ja wann der Schalter wieder von „Risk off“ auf „Risk on“ umgelegt wird.
Ich habe Ihnen spaßeshalber mal die Renditen der italienischen Staatsanleihen der letzten rund 50 Jahre mitgebracht:
Quelle: http://www.markt-daten.de/charts/zinsen/staatsanleihen-eu.htm
Sie erkennen, dass diese Anfang der 1980er Jahre bei über 22%, Anfang und Mitte der 1990er in der Spitze bei rund 15% bzw. 14% gelegen waren. Auf der bisherigen Höhe der Euroschuldenkrise bei im Vergleich hierzu bei vergleichsweise geringen 7,51%.
Für Bundesanleihen gab es Anfang der 1980er Jahre im Hoch über 11% Zinsen, Anfang der 1990er in der Spitze 9,38%.
Quelle: http://www.markt-daten.de/charts/zinsen/staatsanleihen-eu.htm
Seit 1995 lag die Zinsdifferenz zwischen Italien und Deutschland mehrfach bei rund 5% (einmal deutlich darüber). Es gab allerdings wiederum lange Phasen, innerhalb derer die Zinsdifferenz bei nur um die 1% pendelte.
Quelle: http://www.markt-daten.de/charts/zinsen/staatsanleihen-eu.htm
Was heisst das für die Zukunft?
Die aktuelle Zinsdifferenz („Spread“) ist noch kein „Friedensspread“. Es sind schon noch Krisenaufschläge in den Anleihen der PIIGS-Staaten eingepreist. Diese befinden sich rund 1% oberhalb von den Spreads, die in „Heile-Welt-Zeiten“ bezahlt werden. Hätte es das Bankenrettungsmodell - dass Banken sich Geld bei der EZB leihen können, um dafür in großem Stil PIIGS-Bonds kaufen zu können -nicht gegeben, wäre die Zinsdifferenz deutlich höher. Die Finanzmärkte scheinen also selbst noch nicht ganz von der Eurorettungs-Story überzeugt zu sein.
Auch wenn diverse Analysten schon wieder ins Horn blasen und weiter für die Anleihen der PIIGS-Staaten trommeln. Es könnte sein, dass diese Heile-Euro-Welt, die wir seit dem Amtsantritt Mario Draghis als EZB-Chef haben, noch bis zur Wahl zum Europaparlament am 25. Mai 2014, hält. Ich gehe davon aus, dass sich die Mainstream-Medien und Politik bis zu diesem Termin noch in medialen Jubelarien über die Errungenschaften von EU und Euro gegenseitig übertreffen könnten, um uns „ängstliche Deutsche“ (siehe Mario Draghi, der von der „perversen Angst“ sprach)
vom tollen Euro zu überzeugen und uns zu einer guten Wahlbeteiligung zu bringen. Vielleicht aber gehen noch weniger Bundesbürger als 2009 zur Wahl, sozusagen als stiller Protest.
Nach der EU-Wahl könnten dann einige unbequeme Entscheidungen auf die Euro-Tagesordnung kommen. Das ist pure Spekulation.
Wer weiß, ob dann die Zwangsabgabe auf Vermögen kommt, wie von Saxo-Bank erwartet, von IWF gefordert und von Teilen der deutschen Politik nicht ungern gesehen?
Kann die Europäische Zentralbank (EZB) die Euroschuldenkrise weiter eindämmen oder drohen ihr neue Krisenherde?
http://www.wiwo.de/politik/euro-krise-2014-wird-ein-heikles-jahr-fuer-die-ezb/9264174.html
Selbst Bundesbank-Präsident Weidmann sprach kürzlich von „trügerischer Sicherheit.“
Oder holen uns in 2014 die praktisch unvorstellbar hohen Risiken aus den Derivaten ein?
Wie lange hält noch die Situation in China vor dem Hintergrund einer möglichen Immobilienblase? Hier wird die Situation schon teilweise mit der vor Ausbruch der Finanzkrise in 2008 verglichen. Leerstände scheint es dort inzwischen genügend zu geben?
Was passiert, wenn die Notenbanken wieder mit der Verringerung ihrer Bilanzen beginnen sollten (sofern dies überhaupt zeitnah möglich ist)? Würde das ein Crashrisiko bedeuten? Immerhin hat sich beispielsweise die Bilanz der US-Notenbank Fed innerhalb der letzten gut fünf Jahre gerade mal vervierfacht…
Bräche das Finanzmarkt-Kartenhaus für den Fall zusammen, dass die langfristigen Zinsen deutlich steigen würden? Als Kinder haben wir Kartenhäuser gebaut; da reichte ein leichter Windhauch und das Kartenhaus brach zusammen…
2014 wird also nicht minder spannend als 2013. Die Märkte bergen gewaltige Risiken, die in der aktuellen Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung untergehen. Aber Vulkane brechen bekanntlich schnell und heftig aus, auch wenn in den umliegenden Dörfern direkt vor dem Vulkanausbruch eben noch Party gefeiert wurde.
Zum Abschluss des Ausblicks noch die bekannten Rubriken:
Der Bund-Future schwächelt immer noch etwas; die Renditen der zehnjährigen Bunds bleiben aber aktuell an der Marke von 2% stehen. Institutionelle Investoren neigen dazu, bei vollen Prozentmarken („big figures“) zu kaufen. Dies dürfte etwas unterstützend wirken. Auch ist das Momentum recht niedrig. Trotzdem ist der Abwärtstrend nicht zu verkennen. Die gleitenden Durchschnitte kreuzen erst bei ca. 140,15% (38 Tage) und 140,70% (90 Tage).
Quelle: onvista.de
Die Renditen der Staatsanleihen entwickelten sich seit kurz vor Weihnachten uneinheitlich: Die Zinsen für gute Bonitäten stiegen an (also fielen deren Kurse), wohingegen die Renditen schwächerer Bonitäten zurückgingen (also deren Kurse anzogen):
Die Zinssätze und Kurse sind unverbindliche Indikationen zum Zeitpunkt der Erstellung des Rentenmarktkommentars für Staatsanleihen mit 10 Jahren Restlaufzeit
Der Bund wird erst wieder Mitte bis Ende Januar mit seinen „Klassikern“, den fünfjährigen Bundesobligationen (am 15. Januar) und den zehnjährigen Bundesanleihen (am 29. Januar) an den Primärmarkt gehen und neue Bonds emittieren.
Ich wünsche Ihnen ein glückliches Jahr 2014.
Ihr
Steffen Scholz
Kommentare
Die Frage muss lauten, was bringt die GROKO nach Inthronisierierung ? Wenn man unliebsame Entscheidungen treffen muss, dann wird man sie KURZ (1-2 Jahre) nach der WAHL treffen, denn der Wähler hat kein langes Gedächtnis...
Und nur mit der GROKO kann man diese unliebsamen Entscheidungen im Bundesrat auf den Weg bringen und sie auch im Bundesrat problemlos abwinken lassen...
Die unliebsamen Entscheidungen betreffen:
- Beleihung und Belastung der bereits vorhandenen Altersvorsorgen
- Beleihung und Belastung der vorhandenen Immobilienwerte
- Entwertung der Einkommen
- Bürgschaft des Bürgers für Bund und EZB
Mal eine ketzerische Frage zur Millionärsabgabe (Zwangsabgabe)...: Unser Finanzsystem erschafft Geld aus dem Nichts. Dieses Geld landet irgendwann bei den sog. "Millionären" (könnte natürlich auch jeder sein)... Unser Finanzsystem nimmt es den Millionären wieder weg und schreddert es...
Wem ist geholfen ??
Wurden irgendwelche Schulden abgebaut ?
Wie naiv muss man sein, wenn das der offizielle PLAN ist ? Der Plan wird dann wohl anders aussehen, ODER ??
VIEL eleganter ist es, nicht den Millionären 10 %, sondern ALLEN 3 % zu nehmen; und man nimmt nicht Nominalwerte, sondern belastet vorhandene Rücklagen, Depots und Sachwerte...
Und alle Klatschen in die Hände, weil sie ja nicht 10 sondern nur 3 % ...
Und einige wenige Klatschen in die Hände weil sie aus Nichts Geld und aus Geld (Schuldversprechen) schließlich Sachwerte generiert haben...
Das ist fast Physik... Entropie... und Entropiebilanz... Und der Sachwert stellt die Energieform mit dem stabilsten Zustand dar... Dummerweise scheint auch hier der zweite Hauptsatz der Thermodynamik zu gelten, nach dem eine Entropievernichtung nicht möglich ist. Auch hier müssen zum Schuldenabbau Guthaben (in Form VORHANDENER WERTE) vernichtet werden... Frisch gedruckte (also zusätzlich geschaffene) Werte helfen da überhaupt nicht. Und dies auch dann nicht, wenn diese NUR von sog. "Millionären" gehalten werden...
Mein Physiklehrer wäre begeistert...
Uneinheitlich ja, aber nicht unlogisch....
Selbst der dümmste Anleger hat vielleicht einfach verstanden, dass die stärkeren Staaten im Falle eines Crashs für die schwächeren Staaten einstehen müssen (ESFS, ESM...)
Das erhöht natürlich das Risiko bei den Anleihen der stärkeren Staaten genauso wie es das Risiko der Anleihen der schwächeren Staaten senkt...
Mit griechischen Staatsanleihen lassen sich garantiert ganz tolle Renditen erzielen, wenn die Nachrichten von der Pleite über die Mattscheibe laufen...
was denken Sie wie sich der Versicherungsmarkt (auf diesen wird in allen Medien relativ "wenig" eingegangen) entwickeln wird, hauptsächlich bezogen auf sogenannte "Fonds gebundene Lebensversicherungen" - und dies bezogen auf Österreich. Vielleicht gibt es auch einen "Wissenden" in diesem Bereich in Ihrer Redaktion.
Ich bin selbst im Versicherungsbereich tätig, traue aber leider schon lange den offiziellen Angaben nicht mehr und habe habe dies auch bis dato nicht bereut. Meiner Meinung nach wird hier ein Bild der Lebensversicherungen vorgetäuscht (Fonds) welche versprochene Perfomance mit Sicherheit (nach meiner Rechnung) nicht einhalten werden können. Ich gehe sogar weiter und glaube hier wurde eine Art von Blase geschaffen welche massiv platzen könnte. Möchte aber hierbei nicht schwarz malen, da irren menschlich ist.
Vielleicht ist es möglich, hier in einer kurzen Antwort die geschätzte Meinung Ihrer Redaktion wider zu geben.
LG aus Österreich -
da ist was dran.
Wobei ich nicht davon ausgehe, dass die "Anleger" einen großen Anteil an der Rallye der PIIGS-Bonds haben.
Die Rallye dürfte vor allem dem euopäischen Bankengeschäftsmodell zu verdanken sein, PIIGS-Anleihen zu kaufen, diese als "Sicherheit" bei der EZB zu hinterlegen, um erneut von der EZB Geld zu Minizinsen erhalten zu können, um wieder PIIGS-Anleihen kaufen zu können. Auf diese Weise werden die Zinskosten der Staatshaushalte gesenkt und die Bankgewinne erhöht.
Da freuen sich doch alle drüber. Oder?
Stimmt, so wird ein noch besserer Schuh draus.
Die Konsequenz bleibt aber gleich...
Zu Mr. Bernado:
Genau mein Reden !! Und es gibt 91 Millionen Lebensversicherungen in 42 Millionen Haushalten in der BRD....!!
Und zu den neusten Entwicklungen Solvency II, Bewertungsreserven etc. etc.
hier ein kleiner Link mit dem Propheten Schäuble (Sehen und Staunen...):
http://www.youtube.com/watch?v=IiSpL_uuZi4
Schäuble auf dem Versicherungstag 2013 am 21.11.2013 (also diirekt vor der GROKO-Bildung). Er spricht quasi "UNVERBLÜMT" (was für ein Kalauer...!!) über den Weg der Versicherungen aus der Garantiezinsfalle... Das dabei per Gesetz privatrechtlich geschlossene Verträge einseitig verändert werden ist ein juristisches Glanzstück....- Ansonsten hätten die Kunden nämlich ein Sonderkündigungsrecht und die Presse die Möglichkeit zu peinlichen Fragen...
Und der Versicherungskunde merkt NICHTS !!! Denn die Zahlen klettern ja weiter... Der Garantiezins bleibt.... Nur das am Ende in 1 Jahr meiner Police 1950 EUR Gewinn erwirtschaftet wurden, von denen aber 1445 EUR "Bewertungsreserven" gebildet wurden.... Auskunft meiner EX-Versicherung: -NOCH- !!! würde man diese ausbezahlen....