Wie immer man zu Wladimir Putin stehen mag, die Mehrheit der Russen steht hinter ihm bzw. billigt ihn als das kleiner Übel. Vielen Russen geht es heute materiell besser als jemals zuvor in der tragischen, grausamen Geschichte des Riesenreiches, indem die jeweiligen Herrscher regelmäßig Krieg gegen das eigene Volk führten. Eine bürgerliche Mittelschicht ist den urbanen Zentren entstanden. Konsumfreudig, reiselustig. Die Vorzüge einer liberalen Demokratie, einer pluralistischen, offenen Gesellschaft, konnte das Volk niemals kennenlernen.
Drei historische Traumata haben sich bis heute tief ins kollektive Unterbewußtsein der Russen eingegraben.
Das Tatarenjoch, das Zeitalter der Smuta (der politischen Wirren), sowie die 30 Jahre Herrschaft des Völkermörders Stalin, der ganze Generationen, Klassen und Völker auslöschen ließ. Darüber hinaus natürlich die beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert, die Russische Revolution und der daraus resultierende Bürgerkrieg, die Kollektivierung der Landwirtschaft. Sowie der Untergang der Sowjetunion.
Gemessen an diesen historischen Rahmenbedingungen erscheint die Präsidentschaft Putins in einem liberalen Licht. Wohl bemerkt, aus einer russischen Perspektive heraus, aber welche andere Perspektive sollte man hier auch zu Grunde legen.
1943, mitten im 2. Weltkrieg (im Großen Vaterländischen Krieg), inszenierte Sergej Eisenstein, Stalins Leib- und Magen-Regisseur, sein Werk IWAN GROSNY, IWAN DER SCHRECKLICHE. Stalin verlangte nach einer cineastischen Legitimation seiner Terror-Herrschaft. Iwan der Schreckliche war eines seiner historischen Vorbilder. In dem Film gibt es eine bezeichnende Szene. Die Massen strömen zum Kreml und bitten Iwan auf den Thron zurückzukehren. “Zar Iwan, gebe uns Deine grausame aber gerechte Herrschaft, wir fürchten uns vor den Wirren, vor der Freiheit.“ Diese Kundgebung wurde von Iwan als Volkswillen interpretiert, natürlich auch von Stalin. Ähnlich könnte man auch die Legitimation der Ära Putin interpretieren, obwohl dessen Herrschaft aus vielerlei Gründen der von Peter dem Großen gleicht, basierend auf der von Putin forcierten Modernisierung der Gesellschaft und der zu Beginn angestrebten Öffnung nach Westen.
Wenn für 2017 auch nur ein Wachstum von einem Prozent erwartet wird, so hat sich doch die Angst vor einem Wirtschaftskollaps in Russland, nach der Wiedervereinigung mit der Krim, als gegenstandslos erwiesen.
Nutz- und wirkungslose Sanktionen
Die westlichen Sanktionen - mit denen man Moskaus Politik zu verändern gedachte - sind wirkungslos verpufft.
Ähnlich wie zu Zeiten der UdSSR überschattet auch heute die Außenpolitik die russische Innenpolitik, wobei sich derzeit erheblich die Aussichten Moskaus verbessern.
US-Präsident Trump, wenn man seinen Worten denn irgendwelche Bedeutung zukommen lassen möchte, hat sein Ziel klar formuliert, nämlich die Beziehungen zum Kreml wieder zu verbessern. Nach Informationen aus dem Umfeld beider Präsidenten ist ein Treffen zwischen Putin und Trump im Juni geplant.
Die Erfolge Russlands, bei der Herstellung von Stabilität in Syrien, haben seine Popularität - nicht nur in Russland - beträchtlich erhöht.
Auch die Krise des politischen Liberalismus im Westen, die dramatische Verschiebung der politischen Gewichte dort, kommt der Strategie des Kremls sehr entgegen.
Den drei großen geopolitischen Herausforderung, mit denen er sich zu Beginn seiner Amtszeit konfrontiert sah, dem Aufstieg Chinas, der NATO-Osterweiterung der vergangenen Jahre oder der Ausbreitung des militante Islamismus im Kaukasus, ist Putin energisch und entschlossen begegnet.
Das Verhältnis zu Peking, welches historisch vorbelastet war und ist, wurde zu einer festen Partnerschaft ausgebaut. Dieses geschieht auch gerade im Rahmen der Verschiebung der globalen Machtzentren vom Atlantik zum Pazifik, welche man über den Atlantik hinweg noch gar nicht zur Kenntnis genommen hat.
Russland als eurasisches Reich wird von dieser Entwicklung auch zukünftig profitieren.
Zusammen mit Teheran wurde der weiteren Penetration des aus Saudi-Arabien stammenden Wahhabismus und Salafismus in Richtung Norden, in die sensiblen kaukasischen Grenzregionen Russlands, ein Riegel vorgeschoben, basierend auf dem schiitischen Gürtel der sich heute vom Iran bis zum Libanon erstreckt.
Die Frage, wen man denn in Moskau an Stelle von Putin am liebsten als Präsidenten sehen würde, hat man sich im Westen in den vergangenen Jahren anscheinend nie gestellt.
Den ultranationalistischen Horror-Clown Wladimir Wolfowitsch Schirinowski? Den schwächlichen Liberalen Grigori Alexejewitsch Jawlinski oder den Altbolschewiken Gennadi Andrejewitsch Sjuganow?
Oder soll zwischen Ostsee und Pazifik das Chaos ausbrechen, wie auch schon durch andere verpatze Regimechanges auf der Welt, im größten Staat der Welt, der Atommacht Russland?
Wladimir Putin wäre gut beraten, wenn er die erreichte Stabilität Russlands nicht als gegeben hinnehmen würde und wenn er innenpolitisch die Repressionen zurückdrehen würde. Wirkliche Gegner hat er sowieso nicht zu befürchten, zumindest nicht im eigenen Land.
Welche Folgen das Vakuum beinhaltet, welches am Ende seiner Herrschaft irgendwann deutlich werden wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden.
So lange gilt: Russland erlebt unter Wladimir Putin eine Renaissance.
Kommentare
wie immer ein gelungener Artikel. Wie wäre ein solcher Artikel über die USA unter Trump auch in Bezug auf Alternativen wie z.B. Clinton?
Mit wieviel Russen im Riesenreich hat der Autor schon gesprochen und deren Leben und Erlebniswelt erlebt.
Man akzeptiert ihn als das kleinere Übel???? Dieser Mann hat über 80% Zustimmung im Land. Egal mit wem wir sprachen.
Die Interpretation an Iwan den schrecklichen oder Stalin anlehnend. Eine Öffnung nach Westen anfänglich?? Der Westen war voll präsent und hat den fast Untergang der RF mit voll betrieben, bis dann Putin dem einen Riegel vorschob.
Fast alles dreht sich um Putin in diesem Artikel? Er hat keinen Gegner zu fürchten, wenigstens im Inland.
Offensichtlich ist Ihnen entgangen, dass mittlerweile die russische Militärmacht die Nummer 1 in der Welt ist.
Sie haben nie eine offene pluralistische Demokratie.usw.usf. Das ist der größte Hammer....Demokratie im Westen??? Die Politik des Wettrüstens, der Hetze gegen Russland und gegen einen Putin, der linksradikale Antifa Schlägertrupps, Hatz auf eine AfD und deren Mitglieder und die Meinungsmanipulation der MSM....???
Vorzüge des Pluralismus und der Flüchtlingsorgien in der BRD??? Jeden Tag ein Verbrechen...Lassen wir das....
Ich bin froh und glücklich und habe sie so wieder erleben dürfen und da sie einen Präsidenten und sein Team haben dem sie vorbehaltlos vertrauen und der sein Land über alles liebt und sich für seine Russen einsetzt. Im Gegensatz zu unserer deutschfeindlichen Regierungsmannschaft.
Wir hoffen, dass er noch lange an der Macht ist und uns den Frieden bewahrt. Das ist mein größter Wunsch und damit bin ich mit allen russischen Bekannten einer Meinung.
Russland stehen noch große Zeiten bevor.
endlich jemand, der mir aus der Seele spricht.
Wir wollten uns selber ein Bild von Russland machen, ob die Russen und Putin tatsächlich so schlimm sind, wie es bei uns immer heißt. Wir sind letzten Sommer 1,5 Monate mit dem Wohnmobil durch den europäischen Teil von Russland gefahren und haben genau das erlebt. Eine fast 90%ige Zustimmung der Bevölkerung zu Putin. Das Leben in den Städten unterschied sich nicht von dem Leben bei uns - auf dem Land sah es allerdings anders aus. Aber auch dort fanden wir eine große Zufriedenheit und eine hohe Zustimmung zu Putin vor.
Erstaunlich war die starke Erinnerung an die Kriege, die intensive Pflege der Gräber und damit das bewusste Erhalten des Leidens - allerdings schlug uns als Deutschen kein Hass entgegen, obwohl wir damit zu mindest teilweise gerechnet hatten - , sondern immer wieder wurde die Erinnerung als Mahnung, dass so etwas nie wieder geschehen darf, beschworen. Wir wurden überall - auch am Kaspischen und Schwarzen Meer - freundlich empfangen.
Wir hatten nirgendwo den Eindruck, dass die Meinungsfreiheit der Bevölkerung mehr unterdrückt wurde als bei uns. Im Gegenteil: die örtlichen Reiseführer, die Deutsch sprachen, sahen auch Westfernsehen und meinten, eine Demokratie hätten wir ja wohl auch nicht mehr. Zudem würden sie als Russen genauer über die aktuellen Situationen informiert als wir im Westen - siehe Fernsehen und Zeitungen. Es war erstaunlich, wie viel sie wussten und wie wenig uns im so offenen Deutschland mitgeteilt wurde.
Insgesamt hat sich mein Bild von Russland völlig konträr zu dem entwickelt, was uns hier immer gezeigt wird.
Ich frage mich auch, was wird, sollte Putin eines Tages nicht mehr da sein.
Herzliche Grüße
Idealist
Hier finden Sie einge Berichte zu der Reise, auf Telepolis.
https://www.heise.de/tp/features/Der-Ferne-Osten-Russlands-befindet-sich-im-Aufbruch-3368310.html
https://www.heise.de/tp/features/Die-Ukraine-liegt-doch-in-Europa-nicht-hier-bei-uns-3366648.html
https://www.heise.de/tp/features/Kratze-am-Russen-3366758.html
Ferner sprach in den vergangenen Jahren mit Russen außerhalb Russlands, in der Ukraine, in Aserbaidschan, in Georgien, Armenien und im Kaukasus.
Das alles ist natürlich nur ein kleiner Ausschnitt, aber beantwortet hoffentlich Ihre Frage ein wenig.
absolute Zustimmung zu ihrer Beurteilung der momentanen Lage in Russland!
Dass sich »D« an den Sanktionen immer noch beteiligt, dafür schäme ich mich zutiefst, zumal sich die EU und selbst am meisten geschadet hat. Aber wenn die NATO pfeift dann springen sie alle.
Danke für die Aw...aber offensichtlich haben wir mit unterschiedlichen Menschen uns unterhalten. Was "ausländische" Russen denken, was wohl ihr Bild und Eindruck eindeutig zeichnet, ist nicht das Bild was mich interessiert. Russland ist in sich geschlossen.
Wir haben natürlich uns auch mit Meinungen auseinander gesetzt, die ein eigenes kritische Bild zeichnen. Vor allem nach den Sanktionen. Was ja wohl nur gut und richtig ist. Aber auch hier kommt der sog. Westen überhaupt nicht gut weg.
So wie @idealist haben wir die Russen, kann man vor allem bei den Meinungen zu Putin verallgemeinern, ebenfalls erlebt.
Ihr Termini den Sie anschlagen von Völkermörder bis "über was Putin gut beraten wäre" usw. ist nicht unserer. Die großen Traumata sind ebenfalls doch wohl einseitig dargestellt.
Die Russen zeichnet noch wesentlich mehr aus. Ihr hohes Gut russische Kultur und Kunst, Sport und die Einschätzungen ihrer Sicherheitsorgane und ihrer Streitkräfte.
Und das Zusammenleben der unterschiedlich Völker und Religionen.
Wir haben uns viel in Kasan, der Hauptstadt der Republik Tatarstan aufgehalten und Gespräche geführt. Kein Vergleich mit den Islam und den Menschen die hierher kommen und Ansprüche an Land und Leute erheben. Und das wird noch politisch unterstützt und unsere Steuergelder verpulvert.
Man hat uns regelrecht bemitleidet für unsere Regierung in Deutschland ist.
Der Vorsitzende der deutsch-russischen Gemeinde sagte uns in seinem herrlich renovierten Gebäude, "Wenn Deutschland nicht mehr deutsch ist, ist Deutschland nicht mehr Deutschland".
Zutiefst beschämt nahmen wir das zur Kenntnis. Er war unlängst in Bremen. Das hohe Gut des Stolzes auf ihr Land und ihr ausgesprochener Patriotismus sprechen für diese Menschen Bände.
Wie Sie von einer pluralistischen offenen Demokratie im Westen sprechen können, ist mit schleierhaft.
Wie unsere Menschen darüber sprechen, darüber könnte ich Bände sprechen lassen.
Wäre ich jünger und schon finanziell und wirtschaftlich so abgesichert wie ich es durch meine Arbeit erreicht habe, wäre ich aus dieser sog. pluralistischen in meinen Augen moralischen Dreckschleuder Bundesrepublik, schon lange weg.
Aber vielleicht haben sie ebenfalls verfolgt, das immer mehr Leistungsträger aus diesem Land, der eine Merkel noch nicht mal ein deutsche Bevölkerung und Volk entgegen dem GG zugesteht, ausreisen.
Das betrifft auch und immer mehr Millionäre und das steigend.
Ratschläge aus dem Westen, wie sie sie geben, sind bei dem Russland absolut fehl am Platze.
Ich habe ihren Artikel nicht in gänze abgelehnt, aber ihre teils, so empfinde ich es, ausgesprochen westliche Art und Weise.
Der sog. Westen wird noch Schlange stehen um an der Entwicklung teilhaben zu wollen und zu können, wie es sich bereits jetzt in Eurasien abzeichnet.
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