Der österreichische Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat nach dem Anschlag von Wien die ersten Details über die Opfer und den Täter bekanntgegeben. Gemäß diesen Informationen forderte das Attentat fünf Tote, darunter auch der Attentäter, und 22 Verletzten – sieben darunter mit lebensgefährlichen Verletzungen.

Bei dem Attentäter handelte es sich um einen 20jährigen mit nordmazedonischen Wurzeln, wahrscheinlich albanischer Ethnizität, denn die Albaner stellen die größte Minderheit des Landes und sind größtenteils islamischer Religionszugehörigkeit.

Der Innenminister ließ keinen Zweifel daran erkennen, dass es sich bei dem Verursacher des Blutbades um einen Anhänger der radikalsunnitischen Terrormiliz Islamischer Staat (IS) handelte, deren Anschläge sich in den letzten Tagen in Paris, Nizza und jetzt in Wien ereigneten - darüber hinaus schwerpunktmäßig in der islamischen Welt.  

Der IS wurde nicht besiegt

Legt man den Fokus der Ermittlungen auf die globale Ebene, lässt sich sehr leicht feststellen, dass die von westlichen Geostrategen formulierte These, wonach der IS besiegt sei, nicht den Tatsachen entspricht. Zu dieser Erkenntnis kam ich selbst, bei <link beitrag post ramon-schacks-reise-nach-irakisch-kurdistan-in-die-umstrittenen-gebiete-des-nord-irak _blank>meiner Reise in den Nordirak zu Weihnachten vor zwei Jahren. Basierend auf der eigenen Anschauung vor Ort, in den vom IS zurückeroberten Gebieten, im Gespräch mit den Bewohnern, wurde immer wieder die Warnung ausgesprochen, dass der IS zwar sein Territorium verloren hat, nicht aber seine Ideologie.

Trump ließ den Sieger über den IS ermorden

Der weltweite Kampf gegen den IS erhielt zu Beginn dieses Jahres einen schweren Schlag, als der erfolgreichste Bekämpfer der Terrormiliz auf Befehl von US-Präsident Trump <link beitrag post sieger-ueber-den-is-ermordet-trump-laesst-iranischen-general-kassem-soleimani-in-bagdad-toeten _blank>ermordet wurde, der iranische General Qasem Soleimani.

Die gleichzeitig und schon zuvor stattfindende Aufrüstung Saudi-Arabiens durch den Westen und unter der Führung Washingtons, bekräftigt diese brandgefährliche Tendenz, denn im wahhabitischen Königreich liegen die spirituellen Wurzeln der IS-Ideologie.  

Aufstieg des IS eine Folge der verfehlten westlichen Politik

Der IS hätte sich niemals auf dem Staatsgebiet Iraks und Syriens etablieren können, hätte es die westliche Einmischung vor Ort nicht gegeben, die angeblich in Bagdad einen „Leuchtturm der Demokratie“ zu errichten versprach, sowie in Syrien einen Sturz des Assad-Regimes.

Beides ging schief. Aber durch die Schwächung der nationalsäkularen Staaten, sowohl in Syrien wie auch im Irak, konnte die Terrormiliz ihren Aufstieg vollziehen, flankiert von der weltweiten - von Saudi-Arabien finanzierten - Verbreitung wahhabitischer und salafistischer Ideologien.

"Wir erleben schon momentan ein hirntotes Europa im Nahen Osten", umschrieb der Journalist Aktham Suliman diese betrübliche Entwicklung im Interview mit mir.   

Inzwischen benötigt der IS kein Staatsgebiet mehr, es genügen fanatisierte Einzeltäter, wie der Täter von Wien, der von Paris oder von Nizza, die als „einsame Wölfe“ agieren und Tod und Terror verbreiten.  

Anleitung zum Morden 

„Rumiyah" nannte sich ein IS-Kampfblatt welches auch auf Deutsch erschien, aber inzwischen eingestellt wurde. Rumiyah bedeutet Rom auf Arabisch und bekräftigt den Anspruch der IS-Milizen die „Heilige Stadt“ erobern zu wollen. Bei dieser Hochglanzpublikation, die hochprofessionell aufgezogen war, handelte es sich um ein mediales Produkt des sogenannten Islamischen Staates.

Die Zeitschrift erschien in Englisch, Deutsch, Französisch, Türkisch und Bahasa Indonesia (Indonesisch) Zweck der Publikation war die Rekrutierung neuer Terroristen im Westen, im ausgedehnten turksprachigen Raum und im bevölkerungsreichen, muslimischen Südostasien.

Ein besonderes Augenmerk des IS lag weiterhin auf den westlichen Staaten, wo die sogenannten „einsamen Wölfe“ zuschlagen und Attentate verüben sollen. In der Novemberausgabe des Jahres 2016 waren detaillierte Hinweise für Attentate mit Lastwagen zu finden.

"Es ist eine der sichersten und einfachsten Waffen, die man gegen die Kuffar ("Ungläubigen") einsetzen kann", hießt es dort, wenige Wochen vor dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt. Am stärksten wurde die Mordlust instrumentalisiert gegen Muslime, die den Weg des IS ablehnen, die in den Westen immigriert sind.

Inzwischen gibt es so eine Publikation auf Französisch. 

„Was heißt das für mich konkret!?“

Weitere Anschläge werden folgen. Es macht aber wenig Sinn, sich auf die Chronologie oder die geographische Verbreitung dieses Phänomens zu konzentrieren. Eher sollte man sich mit den spezifischen Strömungen beschäftigen, also den gemeinsamen Feindbildern dieses Terrors, dieses asymmetrischen Krieges.

Diese sind immer gekennzeichnet von Feindschaft gegen die Stadt, gegen Kosmopolitismus, den Geist des Westens, wie er in Wissenschaft und Kunst zum Ausdruck kommt, gegen Freihandel und Bürgertum und schließlich gegen den Agnostiker, den Zweifler und Freidenker, der in der Ideologie des Terrors vernichtet werden muss, um den Weg freizumachen für eine Welt der angeblich reinen Lehre. Staaten, die gestern Ausgangspunkt des Terrors waren, können heute seine Angriffsziele werden.

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