Die Präsidentschaftswahlen im flächenmäßig größten Land Europas, der Ukraine, haben dem Amtsinhaber Petro Poroschenko eine vernichtende Niederlage eingebracht. Dieser korrupte Oligarch liegt weit abgeschlagen auf Platz 2 hinter dem Entertainer Wladimir Selenski. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp unter 50 Prozent mit Spitzenwerten in den Industriegebieten der Süd- und Ostukraine - was Poroschenko zum Nachteil wurde.

Millionen von Ukrainern haben inzwischen die Abstimmung mit den Füßen vollzogen. Seit den Ereignissen auf dem Maidan vor fünf Jahren, die - von oberflächlichen Kommentatoren anscheinend in völliger Verblendung oder von totaler Unkenntnis über die Verhältnisse vor Ort geschlagen - ernsthaft als freiheitlicher Aufbruch bezeichnet wurden, findet eine Massenauswanderung statt, vorwiegend in Richtung Polen und in die Tschechische Republik. In der bevorstehenden Stichwahl stehen sich also Wolodymyr Selenski und Amtsinhaber Petro Poroschenko gegenüber. Dieser Urnengang ist für Ostersonntag, dem 21. April, vorgesehen.

Duell zwischen "Schokozaren" und "Komiker"

Der 41-jährige Schauspieler kam gemäß Umfragen auf rund ein Drittel der Stimmen bauen, während Poroschenko lediglich 16,7 Prozent vereinen würde. Die ambitionierte und schillernde Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko kam beim ersten Wahlgang auf 13 Prozent. Das Duell zwischen dem "Schokozaren" und dem "Komiker", hält das Land in Atem. Selenski gibt sich optimistisch, sieht sich selbst schon als Präsident.

Selenski spielt in der populären Fernsehserie „Sluga naroda“ („Diener des Volkes“) seit Jahren einen bodenständigen und ehrlichen Menschen, der zufällig Präsident der Ukraine wird und gegen die Korruption vorgeht. Selenski wird vor allem von den jungen Wählerinnen und Wählern hofiert, die der Korruption und Vetternwirtschaft überdrüssig sind.

Die Fernsehrolle vermischt sich bisweilen allerdings mit der harten politischen Realität. Interessant ist hierbei, dass Selenski, der mehrere Jahre in Moskau gelebt hat, auf Russland zugehen möchte, um den selbstzerstörerischen Konflikt zu beenden. Die Wähler haben dieses honoriert und die Scharfmacher Poroschenko und Timoschenko in ihre Schranken gewiesen.

Wer steht hinter Selenski?

Polnische Medien - die selten frei von antisemitischen Tendenzen sind - berichten allerdings, dass Selenskis Wirtschaftsprogramm von dem in Litauen geborenen Banker Aivaras Abromavicius erstellt wurde. Dieser war schon nach 2014 eine Weile als Teil der von USA und IWF in die Ukraine entsandten Mannschaft von „Reformern“ aktiv und hatte dort sein Unwesen getrieben, bis er nach einem Jahr alles hinschmiss. Fragen stellen sich auch bezüglich der Finanzierung von Selenskis Wahlkampf. Protegiert wird er von dem Oligarchen Igor Kolomojskij, dem der Fernsehsender 1+1 gehört, der zufällig alle alten Folgen von „Diener des Volkes“ vor dem Urnengang ausstrahlte.

Timoschenkos raffinierte Avancen

Die „Gasprinzessin“, wie Julia Timoschenko hinter vorgehaltener Hand genannt wird, hat die Zeichen der Zeit erkannt. Raffiniert macht sie dem neuen Politstar heftige Avancen und bietet ihm eine Allianz für die Parlamentswahlen an, welche im Herbst anstehen.

Dieses Angebot umfasst gravierende Verfassungsreformen, unter anderem eine Entmachtung des Präsidenten und eine Stärkung der parlamentarischen Mehrheitspartei. Ukrainische Medien wiesen diesbezüglich daraufhin, dass im Falle solcher Modifizierungen ein Selenski dann ein Präsident von Timoschenkos Gnaden wäre, da diese dann das mächtigere Amt des Regierungschefs ausüben würde…

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