Verschwörungstheorien gibt es seit Jahrtausenden. Derzeit scheinen Sie eher zuzunehmen und fast jeder ist mal mit einer konfrontiert worden. Warum sind Verschwörungstheorien so verbreitet und wie geht man damit um?

Was sind Verschwörungstheorien?

Verschwörungstheorien sind streng genommen gar keine Theorien. Denn das Wort "Theorie" impliziert eine wissenschaftliche Methode. Diese kann eine Verschwörungstheorie meist nicht für sich beanspruchen. Bei einer Verschwörungstheorie handelt es sich vielmehr um eine Vorstellung, die von allgemein akzeptierten Meinungen deutlich abweicht und die Vorgänge des Weltgeschehens durch das Wirken einer im Geheimen verschworenen Gruppe zu erklären versucht. Die Verschwörungstheorie erreicht ihre Prominenz durch das Moment des Erstaunlichen und Schockierenden.  

Beispiele

Gelegentlich hört man etwa die Behauptung, die Mondlandung sei ein Fake. Die wohl krudeste Verschwörungstheorie brachte einmal ein Anrufer der Radiotalk-Sendung "Domian" mit. Felsenfest behauptete dieser, die Erde sei in Wirklichkeit eine Scheibe. Auf die Frage, wer uns das denn glauben machen wolle, antwortete der Anrufer, das unter den Menschen  versteckte "Reptilianten" wären. 

Vordergründige Erklärung

Offensichtlich ist die Phantasie des Anrufers von Science-Fiktion-Filmen befeuert worden. Die Medien sind vermutlich für die zunehmende Verbreitung von Verschwörungstheorien ursächlich. Einerseits lässt eine weiterentwickelte Filmtechnik (und überhaupt der Film) zu, die Inhalte von Verschwörungstheorien einmal so durchzuspielen, als seien sie real. Andererseits kann heute jeder über das Internet seine eigenen Vorstellungen von der Welt verbreiten. Beides sind Errungenschaften, aber auch Herausforderungen für den Einzelnen.

Hintergründige Erklärung

Warum hängt ein Mensch überhaupt einer Verschwörungstheorie an? Dafür gibt es einen tieferen Grund. Man könnte zuerst denken: Er will sich interessant machen. Jeder hat gerne etwas Erstaunliches zu erzählen, was die anderen noch nicht wussten. Meiner Meinung nach liegt die sozialpsychologische Ursache aber noch tiefer: Er ist im Inneren unsicher und versucht sich die (für uns alle im Grunde viel zu komplexe) Welt zu vereinfachen. Jeder macht das, sonst könnte man keine Entscheidungen treffen. Verschwörungstheoretiker machen sich jedoch viele Gedanken und das Bedürfnis nach Orientierung ist groß. Die Verschwörer halten dann für alles her, was passiert. 

Gibt es auch ernstzunehmende Verschwörungstheorien?

Natürlich. Auf politischer Ebene kommt es in der Geschichte immer wieder vor, dass Verschwörer konspirieren, um eine bestehende Herrschaftsordnung umzustürzen. Die Verschwörer wählen das Handeln im Verborgenen, weil ihre Vorhaben ansonsten von den derzeitigen Machthabern vereitelt würden. Ein heroisches Beispiel ist die Operation Walküre und das Attentat von Stauffenberg und seinen Mitverschwörern auf Hitler. 

Was hebelt Verschwörungstheorien aus?

Eine echte Theorie sollte die beobachteten Phänomene besser erklären als alle anderen Theorien und in sich widerspruchsfrei sein. In der Wissenschaft gilt außerdem das Gebot der Einfachheit. Wenn es für eine Begebenheit eine einfache Erklärung gibt, sollte diese nicht ohne Grund durch eine kompliziertere Erklärung ersetzt werden. (Beispiel: Gegenstände fallen nach unten, weil sie immer von der Erdmasse angezogen werden, nicht weil unsichtbare Zwerge gelegentlich daran ziehen.) Typische Verschwörungstheorien sind oft kompliziert. Sie vereinfachen zwar die praktische Sicht auf die Welt (Die Welt-Herrschaft liegt solchen Vorstellung zufolge meist in den Händen weniger Verschworener, anstatt die Komplexität anzuerkennen, dass sich Macht auf verschiedene Felder wie Politik, Unternehmen, Reiche, Prominente, Militär, Richter etc. verteilt), müssen aber auf theoretischer Ebene viel konstruieren.

Verschwörungstheorien scheitern am gesunden Menschenverstand. Sie sind zu aufwändig und zu unwahrscheinlich um sie für zutreffend zu halten. Oft kann man die Argumente einer Verschwörungstheorie leicht entkräften, wenn man sich wirklich mit der Materie beschäftigt  (Beispiel: Mondlandung. Hier helfen Kenntnisse der Physik).

Auch die Quelle der "Theorie" ist entscheidend. Ist diese seriös? Hat der Verbreiter der Vorstellung eine anerkannte Expertise für das Gebiet generell, nicht bloß für sein Thema? Oder handelt es sich nur zum Beispiel um einen Buch-Autor, der etwas spannendes, aber unglaubhaftes zusammengeschrieben hat oder fanatisch an Hintergründe glaubt, die es so nicht gibt.

Wie geht man mit Verschwörungstheorien um?

Ganz einfach: Man schätzt ein, wie wahrscheinlich diese Vorstellung ist. Wenn es eine gewisse Wahrscheinlichkeit gibt, kann man die Theorie als Alternative im Hinterkopf behalten. Keinesfalls sollte man dann aber nur nach Bestätigungen für diese Theorie suchen. Im Gegenteil ist es ganz wichtig, auch offen nach Wiederlegungen zu suchen. Das gefährliche an Verschwörungstheorien ist nämlich, dass sich ihre Anhänger zunehmend vom normalen, konsensfähigen denken abkoppeln, weil sie die Welt durch eine verschwörungstheoretisch getönte Brille sehen.  Gibt es von Vorneherein nahezu keine Wahrscheinlichkeit für eine "Theorie", sollte man sie einfach vergessen. 

Fazit

Die Welt ist sehr komplex. Zu komplex für menschliche Gehirne. Es ist nicht einfach, alles zu überblicken. Den Versuchungen kruder  Welt-Vereinfachungen sollte man wiederstehen. Eine grundsätzliche Offenheit für alternative Erklärungen sollte man immer behalten, allerdings auch einen kritischen, gesunden Menschenverstand. Insbesondere auf Gebieten, auf denen man sich nicht auskennt, ist Zurückhaltung geboten. In Kurzform: Bevor man eine alternative Erklärung sucht sollte man erst einmal die allgemein akzeptierte Erklärung vollständig verstehen. Das hilft dabei, sich in der komplexen Welt einigermaßen richtig zu orientieren und als Folge davon zum Beispiel die passenden Vermögensanlagen auszuwählen zu können oder wirtschaftliche Entwicklungen zu beurteilen. 

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