Doch es steht nun zwingend zu befürchten, dass das künftige Klein-Britannien, bald ohne „uns“, unaufhaltsam ins gleiche Elend versinkt wie Norwegen und vor allem die Schweiz. Nein? Oder anders gefragt, warum geht es denen dort nicht schlechter als uns? Vielleicht liegt es auch am segensreichen Euro, der in Abwesenheit erst Aufschwung bringt.

Prognosen für die Tonne

Entgegen aller Erwartungen brachte der Ausgang der Wahl auch kein Börsenbeben mit sich. Die Demoskopen lagen wieder falsch. Ist das Absicht? Wie oft wurde gewarnt? Damit endet hoffentlich mal die ewig lange Liste von Fehleinschätzungen zu diesem Thema.

Mancher Fachmann sah am letzten Donnerstag bei dieser Wahl, wahrscheinlich aufgrund zu heißer Glüh-Getränke hinter laufender Kamera noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen der Kontrahenten. Bei Einschlag der unaufhaltsamen Nüchternheit bzw. den ersten Wahlergebnissen hatten dann die Konservativen haushoch gewonnen. Surprise!

Gesellschaftliche Spaltung und ihre Kinder

Doch viel bemerkenswerter ist doch, dass die Briten nochmal den Brexit gewählt haben und den in den Medien oft als Clown belächelten oder verspotteten Boris Johnson. Zumindest taten das 43,6 Prozent des Wahlvolkes. 56,4 Prozent haben ihn nicht gewählt. Die Antwort auf die Brexit-Frage bleibt ein „Jein!“

Ein Drittel ging gar nicht wählen bzw. hat dazu keine Meinung.

Viele der Briten, die ich kenne, wollen keinen EU-Austritt, vor allem nicht die Schotten. Die Insel ist sichtbar tief gespalten. Vielleicht ist genau das der Grund für das Auftauchen eines Boris Johnson wie in den USA für einen „Trump“. Hat mal jemand über die Ursachen nachgedacht? Vielleicht nur leise...

Erstmal weiter im Schritt – wohin weiß keiner…

Nun, immerhin hatte man die Wahl, ob man gehen oder bleiben wollte. Dieses Glück ward uns nicht beschieden. Unsere Regierung meinte zu gut zu wissen, was gut für uns war, ist und erst sein wird. Das Ergebnis kennen wir. Von daher kann es für uns nur heißen: Vorwärts immer! Rückwärts nimmer. Wohin die Reise der grünen und oft verregneten Insel geht, steht in den Sternen. Und wer geht als Nächster vom Schiff?

Bis zum endgültigen Ausstieg aus der EU wird noch über das künftige Verhältnis zueinander verhandelt. Aber nach so vielen Jahren von „Brexit-Drama“ kommt es auf ein weiteres Jahr auch nicht mehr an. Das Thema bleibt uns zumindest erhalten - und den Leuten da drüben am Ärmelkanal vielleicht auch einiges erspart.

Zur Erinnerung: Brüssel ist nicht Europa!

Die Herren und Damen Experten warnen schon wieder vor den Folgen. Oder immer noch? Was sollen sie auch sonst den ganzen Tag tun? Die Börse zumindest fand die Entscheidung gut. Der FTSE-100, Klein-Britanniens Leitindex legte zwei Prozent zu, das Britische Pfund verteuerte sich schon seit Tagen. Seit Jahresanfang wurde es gegenüber dem Euro um acht Prozent teurer. Normalerweise fallen ja die Aktienkurse, wenn die Währung steigt. Wegen der Exporte hört man immer wieder. Aber was hat denn Großbritannien Großartiges zu exportieren?

Wie dem auch sei, das Land kann und wird sich ohne EU-Einfluss transformieren müssen. Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte. Und nein, die Briten wenden sich nicht von Europa ab – nur von diesem politischen Europa, wo Brüssel so allerhand Zeug zusammenrührt, weil man dort der Überzeugung ist, das wäre gut für alle.

Und wenn es ihnen erst einmal schlechter gehen sollte, viele sind Freunde von mir, schicke ich ihnen „Westpäckchen“- aus dem Osten. Das Leben geht weiter! Rule Britannia!

Fazit:

Viele meiner Kolumnen lassen sich in die Rubrik „Wir lachen und staunen weil Ärgern nix bringt“ einordnen - Oder „Mit Humor gegen den Wahnsinn“. In diesem Fall wird erst später ein Gewinner und ein Verlierer feststehen. Einem von beiden wird das Lachen dann vergehen. Nur der britische Humor wird das aber auch noch überleben.

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