Nun aber hat sich Jerome Powell von der US-Notenbank wieder blamiert. Er glaubt nämlich nicht, dass sich die US-Wirtschaft in einer Rezession befände. Einen Tag später war es sogar amtlich, dass nach zwei Minus-Quartalen die Rezession angekommen ist. Das ist übrigens der gleiche Powell, der vor ein paar Monaten die Inflation als „vorübergehend“ bezeichnete.

Janet Yellen, die Vorgängerin von Powell und jetzige US-Finanzministerin, betonte, dass sie trotz der Wachstumsschwäche keine Anzeichen dafür sieht, dass die Wirtschaft direkt auf eine Rezession zusteuert. Wahrscheinlich würde Yellen auch ihre Hände nicht finden, wenn sie darauf sitzen müsste.

Und Joe Biden? Der sieht auch nichts, so kurz vor der Kongresswahl im Herbst. Alles tutti paletti. Wie wir wissen, wird vor der Wahl und nach der Jagd am meisten gelogen. Die Leute wollen es ja auch so. Im Grunde ist der Glaube aus der Kirche ausgerissen und hat sich bei Twitter, Facebook und TikTok eingenistet.

In Glaubenssachen finden dort inzwischen ganze Weltkriege statt. Vielleicht wurden diese (a)sozialen Medien nur erfunden, damit sich die Leute dort an die Gurgel gehen können, ohne dass Blut fließt. Aber ich schweife ab.

Zwischenerholung an der Börse

Hat sich die Börse im Juli trotz aller Probleme nicht prächtig entwickelt? Mit einem Zuwachs von 5,5 Prozent war es der beste Juli für den DAX seit 2016. Gold scheint bei 1.680 US-Dollar vorerst einen Boden gefunden zu haben, wobei sich die Frage in der Hinsicht stellt, wem man mehr vertraut: Dem Geld der Zentralbanken? Oder einer Währung ohne Fehl und Tadel seit tausenden Jahren?

Die Kurse flogen auch deshalb aufwärts in der berechtigten Hoffnung, dass eine Rezession den Zinsspuk der FED schneller wieder beendet und alle Probleme mit noch mehr und billigem Geld und Schulden zugekippt werden. Sollte man inzwischen vom Gegenteil dessen ausgehen, was öffentlich behauptet wird? Dass es gar keine richtige Zinswende geben wird und die Inflation wie eine warme Dusche für die Zinslast der Staaten daherkommt? Schließlich gibt es nur zwei Gewissheiten. Inflationieren oder Untergehen. Und: The show must go on.

Ins Knie geschossen

Hierzulande gehen unterdessen Verstand, Börse und Politik getrennte Wege. Etwas Physik für alle Minister und dazu noch etwas Wirtschaftskunde wären ganz hilfreich gewesen. Das hätte die Verspannungen im Rückgrat der deutschen Wirtschaft etwas lindern können. Doch aber sieht es nach einer Fraktur mit Ansage aus. Fachleute warnen auch hierzulande vor einer Rezession, wobei man in manchen Dingen wirklich kein Fachmann sein muss.

Die deutsche Wirtschaft kam im letzten Quartal zum Stillstand und die Inflation läuft aus dem Ruder. Die Handelsbilanz ist nun negativ und die Stimmung in den Chefetagen kippt. Wer weiß, was demnächst noch kommt? Genügend Gas? Dabei sollten die Sanktionen doch Putin in die Knie zwingen und nicht uns. Auf selbigen Knien betteln wir im Rest der Welt um teures Gas und legen uns dafür sogar mit ganz seltsamen Leuten ins Bett.

Die Politik weigert sich, das gleiche russische Gas aus einer anderen Leitung zu nehmen. Das ist wie schlimmer Durst, nur, dass wir das gleiche Wasser nicht aus der anderen Leitung trinken möchten. Selbst wenn wir die energetische Unabhängigkeit von Russland irgendwann schaffen sollten, die Energiepreise bleiben erst einmal dauerhaft hoch.

Europa wird seine Terawattstunden teuer im Ausland einkaufen müssen. Damit verliert auch die deutsche Industrie an Wettbewerbsfähigkeit und ein weiteres Stück des Standortvorteils. Ob BASF eines Tages nur noch in den USA und Asien produzieren wird? Wir werden sehen.

Man darf gespannt sein, oder besser vorbereitet sein, wenn es im Winter auch noch zu wenig Strom geben sollte. Dürfen dann die mit staatlichen Zuschüssen gekauften E-Autos noch geladen werden? Zumindest kaufen die Deutschen gerade Unmengen an Heizlüftern - voller Vertrauen in das deutsche Stromnetz. Haben Sie Angst vor dem Winter? Hoffentlich wird bis dahin Cannabis freigegeben. Dann frieren wir zwar, aber ist es uns dann wenigstens egal.

„Was bedeutet das für mich konkret!?“

Die besten Zeiten liegen hinter uns. Was wir vorgefressen haben, müssen wir jetzt nachhungern, prophezeite einst Roland Baader. Und wer sich mit offenen Augen umschaut, der sorgt schon mal vor. Nicht nur der kalendarische Winter wird kalt. Und er wird sogar geliefert, wie er bestellt wurde.

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