Am Zinsmarkt tobt der Bär. Die kurzfristigen Zinsen steigen derweil stärker als die am langen Ende. Sollte die Zinskurve invers werden, also die langen Renditen unter das Niveau der kurzfristigen Renditen sinken, kommt als Nächstes, wie bislang immer, eine Rezession um die Ecke geschlichen?

Diesmal ist vielleicht alles anders, denn die Auftragsbücher der Industrie sind prall gefüllt. Nur fehlen die Zutaten, um auch produzieren zu können. Tatsache ist, die FED liegt inzwischen meilenweit hinter der Kurve. Die US-Zentralbank war erstaunlicherweise schlechter informiert als die Leser dieser Zeilen.

In den USA ertönt die Fanfare zur Zinswende. Getan wurde noch nichts. Bis zu zehn Zinsanhebungen werden bis 2023 erwartet. EZB-Chefin Christine Lagarde dagegen warnt vor zu schnellen Zinserhöhungen. Manche warnen bereits vor Christine Lagarde. „Überstürztes Handeln könnte Arbeitsplätze gefährden“, so Madame Inflation. Ja, dann zerstört Nichtstun eben die Kaufkraft, meint dazu der gesunde Menschenverstand. Lagarde meint, man müsse behutsam vorgehen. Notärzte würden sofort handeln.

Beim Durchblättern der jetzt 30 Jahre alt gewordenen Maastrichter Verträge habe ich nicht finden können, dass die EZB auch für Arbeitsplätze, Konjunktur, Staatsfinanzierung, Klimaschutz und Rettung maroder Staatsfinanzen zuständig sei. Vielleicht bald auch für die Bekämpfung von Schnupfen und Feinstaub? Geldwertstabilität ist ihre eigentliche Aufgabe.

Erstaunlich ist auch, dass Madame eine „vorsichtige Geldpolitik“ empfiehlt. Dabei wird „Vorsicht“ im Straßenbau oder im Porzellanladen immer ganz unterschiedlich definiert. Die EZB setzte Brachialgewalt ein, um erst den Leitzins auszulöschen und dann mit dem Aufkauf von Staatsanleihen zu Mondpreisen die Renditen zu eliminieren. Plötzlich tauchte der Strafzins auf Guthaben auf, was marktwirtschaftlich daherkommt wie Frost in der Hölle. Das alles soll vorsichtig sein? Es kommt auf die Sichtweise an.

Aus Sicht der Schuldenländer wie Italien und Frankreich mag das angemessen sein, aus deutscher Sicht dagegen nicht. Inzwischen fliegt uns mit offiziell rund fünf Prozent im Januar überall die Teuerung um die Ohren. Und während die Kaufkraft in den Keller rauscht, kümmert sich die grundgute EZB um ein neues Design der Euroscheine bzw. um neuen Wein in alten Schläuchen. Geldwertstabilität hätte es auch getan.

Lagarde könne sich berühmte Europäer auf den Scheinen sehr gut vorstellen, etwa Leonardo da Vinci, Ludwig van Beethoven oder James Joyce. Wen? Nicht Helene Fischer, Heidi Kabel oder Angela Merkel? Ich wäre dringend für Georg Friedrich Händel, aber das ist Geschmackssache.

Christine Lagarde erinnert sich übrigens noch gern an den alten Fünf-Franc-Schein mit Victor Hugo. Vielleicht auch deshalb, weil man dafür früher noch mehr kaufen konnte als heute nur noch einen halben Liter Benzin. Die neuen Scheine mit wichtigen Gesichtern werden wir 2024 bekommen. Gibt es dann auch wieder die 500er und vielleicht schon die 1.000er Scheine? Wer weiß, was man dann dafür noch kaufen kann. Doch der Weg ist bekanntlich das Ziel. Aber wohin eigentlich?

Bei der Neugestaltung der Banknoten sollen die Bürgerinnen und Bürger mit einbezogen werden, was bei der Wahl von Frau Lagarde und auch der EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen nicht vorgesehen war.

Und dann das noch von Frau Lagarde: „Ich liebe es, Banknoten in meinem Portemonnaie zu haben“, sagte sie.

Wer nicht? Ihre Botschaft sollte sein, dass trotz einer Entwicklung eines digitalen Euros niemand die Absicht hat, das Bargeld abzuschaffen. Hoffentlich wird diese Aussage nicht später auch noch korrigiert und der Realität angepasst, wie die frischen Inflationsprognosen.

„Was bedeutet das für mich konkret?!“

Bei wem alle Beruhigungspillen in Sachen Geldpolitik, Inflation und die vielen Worte ohne Inhalt oder Taten nicht mehr verfangen, der kann nur eines tun - sein Geld verjuxen und nicht mehr herkömmlich sparen. Es ist die Frage, was man dann dafür kauft, und welchen Preis man dafür zahlt. Die einen kaufen Klopapier, die anderen wertvollere Dinge, als auf einem Haufen wertloser werdenden Geldes zu kampieren.

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