Die Warnmeldungen waren so schrill, ich hatte mich schon auf mindestens neun Meter Neuschnee und zwei Wochen Eisregen eingerichtet. Der Laie fragte, ob er mit oder an Winter sterben würde. Niemand konnte es wissen, aber jeder hatte so eine geschürte Erwartung. Dafür bekommen wir Anfang März neue Haarschnitte und damit ein Stück unserer Würde zurück. Dann enden auch endlich die vielen Bilder von optimistischen Zumutungen, die dank des Winters im Winter unter Strickmützen versteckt blieben.

An den Börsen herrscht weiterhin ewiger Frühling. Aufgrund der über die Ufer tretenden Geldbäche, die inzwischen zu reißenden Flüssen angeschwollen sind, muss man sich über Überschwemmungen bei den Börsenkursen nicht wundern. In etlichen Branchen wie bei Technologie, Kryptowährungen oder jetzt auch bei den Cannabisaktien bilden sich erste Blasen, die sich später entzünden und vielleicht sogar platzen.

Katastrophen-Hausse?

Es mehren sich in den letzten Wochen die Meldungen über Lieferengpässe bei etlichen Dingen. So ist Stahl derzeit ein begehrtes und knappes Gut. Die Preise knallen durch die Decke wie auch die für Kokskohle. Die Weltrohstoffpreise sind im Januar übrigens um 10,5 Prozent gestiegen. Die Industrie jammert über Engpässe bei Chips. Manchmal stehen die Bänder der Autobauer still. In der Logistikbranche fehlen Frachtkapazitäten. Was ist da los?

Die einen sagen, es läge an der massiven Gelddruckerei. Andere meinen, die Industrie stelle sich auf einen Nachholeffekt ein. Da manche Dinge knapp sind, wird gehamstert. Selbst wenn man online etwas bestellen will, gibt es längere Wartezeiten. Waren Sie neulich mal einkaufen? Vielleicht kommt es mir nur so vor, dass das Geld immer schneller aus der Geldbörse verschwindet, obwohl man nicht mehr kauft.

Auf der anderen Seite geben die Produzenten die höheren Preise in der Beschaffung von Nahrungsmittel-Grundstoffe an die Verbraucher weiter. Nach einem Jahr sind die Preise folgendermaßen gestiegen: Weizen (+ 17 %), Mais (+41 %) Soja (+54 %) Rapsöl (+58 %) Schweinefleisch (+33 %) und Baumwolle (+27 %). Bauholz hat 116 Prozent mehr auf der Uhr und Kupfer wurde 46 Prozent teurer. Haben Sie eine Ahnung, wer das alles bezahlen wird? Das lange Gesicht, das Sie gerade im Spiegel sehen...

Theorie und Praxis

Wenn man genügend Geld druckt, bekommt man immer Inflation“, sagte 2016 Peter Praet, der Chefvolkswirt der EZB. Es ist nur die entscheidende Frage, wie man diese „Teuerung“ misst. Die Preissteigerungen der Anlagepreise zählten bekanntlich nicht dazu.

Bundesbankpräsident Jens Weidmann erwartet allerdings kurzfristig drei Prozent Inflation, aber nur wegen der „Sondereffekte“ wie z.B. der seit Jahresanfang wieder höheren Mehrwertsteuer. Machen Sie sich keine Sorgen! Was soll man davon halten? Wenn ein Zentralbanker beschwichtigt, ist das so ähnlich, wie wenn der Metzger vor Tofu warnt und die Spinne vor Insekten.

Der DAX nistet sich unterdessen bei 14.000 Punkten ein in der Hoffnung auf eine Welt voller Wunder und Wortbalsam von Peter Altmaier. Nein, der DAX hört auf Peter Altmaier so sehr wie ein tauber Dackel auf sein Herrchen. Unser Wirtschaftsminister funktioniert in etwa so wie ein Schönwetter-Radio im Land der Dudelfunker.

Altmaier sagte, die deutsche Wirtschaft wäre bislang „ohne Substanzverlust“ durch die Krise gekommen. Das werden nicht nur die Einzelhändler, Kulturschaffenden und weitere Millionen andere Leute anders erleben. Unter Umständen ist der Begriff „Substanz“ in Peters heiler Welt auch nur Auslegungssache. Als Wirtschaftsminister müsste er sich theoretisch in Sachen Wirtschaft auskennen, nur hindert ihn der tragische Verlust zum Boden der Realität.

Da wir gerade dabei sind... Altmaier meinte, dass man das auch anhand der Zahl der Insolvenzen ablesen könne. In der Tat sind diese nach letzten Zahlen im November 2020 gegenüber dem Vorjahr um 25 Prozent gesunken. Kein Wunder, wenn die Politik das Insolvenzrecht ausgesetzt hat und Pleiten nicht mehr meldepflichtig sind. In der DDR hätte man das auch so gemacht. Da musste man viel streichen, wenn der Schmutz nicht wollte weichen. Deshalb gilt die Aufmerksamkeit der Solvenz der Geschäftspartner und notfalls der Vorkasse...

Herr Altmaier weist übrigens die Kritik von den Unternehmen zurück, dass die Corona-Hilfen zu spät bei den Firmen ankommen. Mal ehrlich, Novemberhilfen werden im November gezahlt und nicht schon im Januar oder gar Februar. Das mit den verspäteten Zahlungen ist wahrscheinlich auch eine Art von Verschwörungstheorie aus der Praxisküche - oder aber die Folge der Abwesenheit von Fastnacht und Karneval in diesen Tagen. Morgen staunen wir dann über neue Ideen aus der Welt von „Wünsch Dir was!“ und vergleichen es mit einem „So isses!“.

„Was bedeutet das für mich konkret!?“

Erleben wir die ersten und ernstzunehmenden Vorboten eines „Crack Up Booms“, einer Katastrophenhausse? Sollte es so sein, dass sich eine erweiterte Geldmenge auf ein begrenztes Angebot von Waren und Dienstleistungen stürzt, werden wir höhere Preise sehen.

Geld drucken und Angebotsschocks sind die beiden Voraussetzungen für eine solche Katastrophen-Hausse, in der die Besitzer von Sachwerten zwar nicht reich, aber auch nicht ärmer werden – im Gegensatz zu den Leuten, die nur auf Geldwerte gesetzt haben. Beobachten Sie die Preise in der Realität und nicht nur statistische Erhebungen der Weltmeister in Sachen Interpretation ihrer Welt. Und halten Sie Ohr und Auge sauber!

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