Ist das denn wirklich so ein tolles Ereignis, dass der DAX, ein Aktienindex unter vielen, 30 Jahre alt wird? Im Grunde nein, aber in einem solchen Aktienentwicklungsland wie der Bundesrepublik Deutschland ist eben vieles möglich.

1988, damals war der Schreiber dieser Zeilen Ressortleiter Kapitalmarkt der Börsen-Zeitung in Frankfurt, wurde aus dem bis dahin seit einigen Jahren berechneten Index Börsen-Zeitung der heute allseits bekannte DAX. Und zwar in Form eines Performance-Index, d.h. die anfallenden Ausschüttungen wurden als reinvestiert berechnet. (Daneben gibt es allerdings auch einen Kurs-DAX, bei dem die Wiedereinrechnung der Ausschüttungen nicht vorgenommen wird).

Fortlaufende Berechnung bringt Transparenz

Damals, d.h. vor 1988, war der BZ-Index der einzige deutsche Index, der mehrfach während der Börsensitzung berechnet wurde. Bei damals nur zwei Stunden Börsendauer also um 12:00 Uhr, um 12:30 Uhr, um 13:00 Uhr und dann auf Schlusskursbasis, also nach 13:30 Uhr.

Schnell fand dieses flink errechnete und zur Verfügung gestellte Börsenbarometer international Anklang, eben weil es schnell kam und über mehrere Berechnungen auch Tendenzen erkennen ließ. Das war auch der Hintergrund, weshalb eine Zeitung wie die BZ überhaupt eine solche Börsen-Messlatte berechnete. Denn wenn wir aus irgendwelchen Gründen einmal zu spät dran waren, hingen schon internationale Agenturen mit der Frage nach den DAX-Ständen an der Strippe, um die Tendenz an den deutschen Märkten erkennen zu können und ihren Nutzern weiter zu geben.

Der Schnitt kam, als die Börse Frankfurt aufgrund von EDV-Weiterentwicklungen in der Lage war, die Börsenkurse minütlich oder gar jede Sekunde zu liefern. Unserem Bemühen, diesen schnellen Datenstrom auch für unseren Börsen-Zeitungs-Index zu erhalten, führte dann aber zu anderer Einsicht bei der Börse. Nämlich der, dass eine solche Aktivität zur Berechnung eines fortlaufenden Index nun dann doch von der Börse selbst in die Hand genommen werden müsste.

Da blieb der BZ nur noch die Möglichkeit, ihre Index-Aktivität an die Börse zu übergeben, was mein Mitarbeiter Frank Mella mit einer auch heute noch lesenswerten Index-Broschüre in hervorragender Weise bewerkstelligte. (Wobei vor dem heutigen Wissensstand die Überlegung auftaucht, wieso wir von der BZ damals eigentlich unsere Index-Aktivitäten kostenlos und sogar nach vorheriger toller Aufbereitung an die Börse abgegeben haben? Vielleicht waren wir damals zu naiv zu erkennen, dass mit Indices einmal viel Geld zu verdienen sein würde).

Und das Erfolgsmodell DAX nicht verballhornen

Heute ist der DAX mit seinen inzwischen geschaffenen Varianten eine allseits anerkannte Indexfamilie und eine international akzeptierte Messlatte. Erkennbar wird dies auch an den vielen hunderten oder sogar tausenden Instrumenten, die inzwischen auf Basis des DAX geschaffen worden sind.

Zurzeit tauchen nun Vorschläge auf, diesen 30 Standardwerte umfassenden Index noch auszuweiten, also noch weitere Aktien einzubeziehen. Damals hatten wir bei der BZ die Aufstockung des von uns übernommenen Hardy-Index auf 30 Werte natürlich mit dem Wunsch verknüpft, etwas von dem damals und heute weltbekannten Dow Jones Index mit seinen auch heute noch unverändert 30 Werten abstauben zu können.

Why not. Jetzt aber diese eingeführte Trade Mark um weitere 10 oder 20 Werte aufzustocken, ist in meinen Augen Unsinn. Welcher zusätzliche Aussagenutzen soll denn damit erzielt werden? Wenn die Meinung besteht, dass über eine andere Index-Konstruktion oder Index-Zusammensetzung zusätzliche Erkenntnisse herausgekitzelt werden können, dann sollte man dafür einen neuen, weiteren Index schaffen, aber bitte nicht ein derart eingeführtes Instrument wie den DAX verballhornen und seiner Identität berauben.

Bruno Hidding

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